Hamburg. Der dritte Versuch von AfD-Gründer Bernd Lucke fand in einem Physik-Hörsaal statt. Studieren hinter Hundertschaft und Absperrgittern.
Beim dritten Anlauf konnte AfD-Gründer Bernd Lucke seine Vorlesung in Makroökonomik II an der Universität Hamburg nun halten. Nötig für die vollständige Rückkehr des Ökonomen in den Lehrbetrieb war aber eine Hundertschaft der Polizei in voller Schutzmontur. Das Gelände an der Jungiusstraße wurde am Mittwoch mit Absperrgittern gesichert, Polizisten standen um das Gebäude herum, während Sicherheitsleute mit Anmeldelisten den Eingang regelten. Nur Studenten aus dem Fachbereich Physik und jene 300, die für die Veranstaltung eingeschrieben sind, wurden durchgelassen. Der Professor selbst ist offenbar durch einen Hintereingang in den Hörsaal gelangt.
Bernd Lucke: Sicherheitsleute kontrollieren Einlass zur Vorlesung
Es war bereits der zweite Ortswechsel der Lehrveranstaltung: Nachdem die erste Vorlesung im Uni-Hauptgebäude an der Edmund-Siemers-Allee stattfinden sollte und die zweite im Gebäude der Erziehungswissenschaften auf dem Campus, wurde der dritte Termin in den Otto-Stern-Hörsaal des Fachbereichs Physik gelegt.
Auch innerhalb des Gebäudes waren Sicherheitsleute im Einsatz, hieß es. Die Vorkehrungen waren so streng, dass auch ein Lieferant, der Kopierpapier bringen sollte, unverrichteter Dinge wieder abziehen musste. Nach Abendblatt-Informationen konnte die Vorlesung nur mit Verspätung beginnen. Währenddessen soll versucht worden sein, die Technik im Saal per Funk zu stören. Das ist offenbar nicht gelungen, denn nach Angaben der Studenten verlief die Vorlesung reibungslos. Danach wurden die Maßnahmen um 14.07 wieder aufgehoben. Der Saal leerte sich schnell, Lucke verließ das Gebäude wieder durch den Hintereingang.
Bernd Lucke zieht Parallelen zum Nationalsozialismus
Ganz auf öffentlichen Protest verzichteten Kritiker aber auch beim dritten Termin nicht. Einige Demonstranten standen während der Vorlesung vor dem Physik-Gebäude mit einem Banner, auf dem es hieß: "Man wird ja wohl noch sagen dürfen ... Dass die Gleichsetzung von 'Judensau' und 'Nazischwein' Holocaust-Relativierung ist!" Es ist eine Anspielung auf Luckes umstrittene Äußerungen nach seiner ersten geplatzten Vorlesung vor zwei Wochen.
Der Ökonom war bei der ersten Vorlesung nach seiner Rückkehr an die Uni Hamburg als „Nazi-Schwein“ beschimpft, körperlich bedrängt und am Reden gehindert worden. Im Podcast des Journalisten Gabor Steingart zog Lucke dann Parallelen zwischen seiner Situation bei der lautstark verhinderten Vorlesung und der Art, wie Juden im „Dritten Reich“ in Deutschland behandelt wurden. Eine Woche darauf musste er seine zweite Vorlesung nach 42 Minuten abbrechen, weil etwa 30 Demonstranten in den Hörsaal eindrangen.
Lucke fordert Disziplinarverfahren gegen sich selbst
Für die zweite Vorlesung hatte die Universität private Sicherheitsdienste beauftragt. Universitäten seien aber "nicht in der Lage, Forschung und Lehre gegen gewaltsamen Widerstand zu verteidigen“, teilte die Universität dann mit und bat für den dritten Versuch um zusätzlichen Polizeischutz für Bernd Lucke – dieser Forderung kam die Polizei nun nach.
Derweil hat Lucke in einem von der Wochenzeitung "Die Zeit" moderierten Streitgespräch ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst gefordert. Damit wolle er beweisen, dass er stets aus innerer Überzeugung und aktiv für die Verfassung eingetreten sei, sagte der 57-Jährige.
Uni Hamburg bietet Ersatzvorlesung an
Damit die Lehre für VWL-Sudenten in der Disziplin gesichert ist, soll die Vorlesung von Lucke nun gestreamt und den Studenten als Digitalvariante zur Verfügung gestellt werden, "um ihnen ein Lernen unter unbehelligten Bedingungen und ohne die große mediale Aufmerksamkeit zu ermöglichen", teilte die Uni Hamburg mit. Parallel dazu soll eine zusätzliche Lehrveranstaltung „Makroökonomik II“ mit einer anderen Dozentin angeboten werden. Der Termin ist bislang nicht bekannt.
Nach massiven Störungen der bisherigen Vorlesungen von Lucke sollen die Vorfälle am 13. November in einer außerplanmäßigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses besprochen werden. Eine solche Sitzung hatten in der vergangenen Woche die Bürgerschaftsfraktionen von CDU und FDP beantragt. Auch die rot-grünen Regierungsfraktionen und die AfD-Fraktion hatten sich dafür ausgesprochen.
Studenten verhindern Bernd Luckes Uni-Vorlesung