Hamburg/Berlin. Nach Störungen der Vorlesungen von AfD-Mitgründer Bernd Lucke: Bundespräsident spricht von “umstrittenen Professoren“.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verhinderung einer Vorlesung von Bernd Lucke an der Universität Hamburg und einer Lesung des CDU-Politikers Thomas de Maizière kritisiert. Das offene Ohr, das beherzte Wort, die schonungslos ehrliche, aber auch respektvolle Auseinandersetzung seien Tugenden, die das Land heute dringend brauche, sagte Steinmeier am Freitag bei einer Veranstaltung in Berlin. Was nicht gebraucht werde, „sind aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe“, ergänzte er.
Dies gelte für Politiker, aber auch für „umstrittene Professoren“, sagte Steinmeier. In Hamburg war eine Vorlesung von AfD-Mitgründer Bernd Lucke verhindert und eine zweite gestört und schließlich vorzeitig beendet worden. Der frühere Bundesinnenminister de Maizière wollte am Montagabend in Göttingen aus seinem Buch „Regieren“ lesen. Mitglieder linker Gruppen hatten die Veranstaltung blockiert und damit verhindert. Vor dem Hintergrund der Fälle debattierte am Mittwoch auch der Bundestag in einer Aktuellen Stunde über die Meinungsfreiheit in Deutschland.
Bernd Lucke: Demonstranten verhindern Vorlesung an der Universität Hamburg
Steinmeier hatte am Freitag zu einer Veranstaltung in seiner Reihe „Geteilt(e) Geschichten“ eingeladen. 30 Jahre nach dem Mauerfall berichten Ost- und Westdeutsche dabei von ihren Erfahrungen aus dem Leben im geteilten Deutschland und der Wiedervereinigung.
Im Fall Lucke bezieht sich Bundespräsident Steinmeier auf die Störungen und Unterbrechungen von zwei Vorlesungen des AfD-Mitbegründers an der Universität Hamburg. Am 16. Oktober hatten mehrere Demonstranten die erste Vorlesung Luckes seit seiner Rückkehr an die Hochschule verhindert.
Studenten verhindern Bernd Luckes Uni-Vorlesung
Immer wieder riefen Aktivisten in einem Hörsaal des Uni-Hauptgebäudes "Hau ab", einige bewarfen den Wirtschaftswissenschaftler mit Papierkugeln. Ein junger Mann rempelte ihn an, eine Frau versuchte mehrmals sein Laptop zuzuklappen. Lucke konnte daher nicht wie geplant über das Thema Makroökonomik sprechen.
Bernd Lucke wurde von Polizeibeamten eskortiert
Nach fast zwei Stunden verließ Lucke die Universität, ohne dass er sich Gehör verschaffen konnte. Er wurde von Polizeibeamten an einem Seiteneingang abgeholt und zur Straße gebracht.
Eine Woche später, am vergangenen Mittwoch, musst Bernd Lucke seine zweite Vorlesung vorzeitig beenden. Etwa 10 bis 15 Demonstranten warn in den Hörsall eingedrungen und hatten Sprüche wie "Kein Recht auf Nazipropaganda" skandiert. Lucke brach daraufhin seine Vorlesung ab und verließ den Saal.
Universität Hamburg verurteilt Störung von Luckes Vorlesung
Die Universität Hamburg verurteilte daraufhin die Störung "aufs Schärfste". Es sei unter keinen Umständen hinzunehmen, dass die Freihiet von Froschung und Lehre in irgendeiner Form beeinträchtigt und Beamte der Freien und Hansestadt Hamburg an der Ausübung ihrer Amtspflichten gehindert würden." Auch Wissenschaftsenatorin Katharina Fegebank (Gründe) verurteilte die Störungen und Unterbrechungen.
Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Grünen, CDU, FDP und AfD eine Sondersitzung des Wissenschaftsausschusses beantragt.Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) "ist offensichtlich mit ihrem mangelnden Krisenmanagement mit der Situation überfordert", erklärte CDU-Fraktionschef André Trepoll am Donnerstag. Die Vorsitzende der FDP-Fraktion, Anna von Treuenfels-Frowein, sagte: "Die Wissenschaftssenatorin hat in Anbetracht der Eskalation zu lange eine klare Haltung vermissen lassen."
SPD: "Geschehnisse an der Uni Hamburg bedürfen Klärung"
Auch SPD und Grüne sind für eine Aufarbeitung. "Die Freiheit von Wissenschaft und Lehre ist ein ganz wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie. Zugleich sind Universitäten Orte der lebendigen Debatte. Als Politik sind wir gefordert, beides sicherzustellen. Die Geschehnisse an der Universität Hamburg in den vergangenen Wochen werfen jedoch Fragen auf, die einer zeitnahen und umfassenden Klärung bedürfen", meinte Sven Tode, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion.