Hamburg. Hamburger SPD und Grüne lehnen Forderungen aus Schleswig-Holstein nach gleichbleibenden Tarifen ab.
In der Debatte um geplante Preiserhöhungen beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) wehren sich SPD und Grüne in Hamburg gegen Kritik aus Schleswig-Holstein. Dort hatten die Regierungsfraktionen von CDU, FDP und Grünen in einem gemeinsamen Antrag die Kieler Landesregierung aufgefordert, gegen die Preiserhöhung zu stimmen. Diese sei eine „Belastung für HVV-Kunden aus Schleswig-Holstein“. Nötig sei eine Abstimmung zwischen Schleswig-Holstein, Niedersachsen und den Umlandkreisen, um „der Hansestadt Hamburg deutlich aufzuzeigen, dass Preiserhöhungen zulasten des Umlandes nicht mehr toleriert werden“.
Die so Angesprochenen reagieren verwundert. „Jamaika in Schleswig-Holstein fordert jetzt für den HVV eine Nullrunde, obwohl der Schleswig-Holstein-Tarif zum 1. August sogar um 1,97 Prozent erhöht wurde – hier wird mit zweierlei Maß gemessen“, sagt Dorothee Martin, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Das ist Verkehrspolitik im Schlingerkurs ohne klare Richtung und einfach nur unglaubwürdig.“ Auch Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, lehnt die Forderung aus Kiel ab.
Preiserhöhung in Abstimmung mit Nachbarländern?
Die Behörde für Wirtschaft und Verkehr teilt mit, die geplante Preiserhöhung erfolge „selbstverständlich in Abstimmung mit den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen“. Der HVV betont ebenfalls, der Vorschlag basiere auf einem „gemeinsam getragenen Beschluss aller Gesellschafter“.
Ob der Vorstoß von CDU, FDP und Grünen in Kiel erfolgreich sein wird, ist zweifelhaft, denn Hamburg hat im HVV eine klare Mehrheit.
Der HVV hatte Mitte Juli zunächst angekündigt, die Preise zum 15. Dezember um 2,2 Prozent zu erhöhen – die höchste Steigerung seit fünf Jahren. Ursache seien höhere Kosten für Personal, Strom und Kraftstoffe, sagte HVV-Chef Lutz Aigner. Die Pläne sorgten für Proteste. Kurz darauf erklärte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), mehr als 1,8 Prozent Preissteigerung werde es nicht geben. Dieser Wert entspricht der Inflationsrate des Jahres 2018.
Manche Tickets werden nicht teurer
Der jüngste Vorschlag von Ende Juli sieht eine Preissteigerung um durchschnittlich 1,3 Prozent vor, weil Tickets für Kinder, Azubis, Studenten und Senioren nicht teurer werden sollen. Abos und Einzelkarten sollen laut HVV um maximal 1,8 Prozent angehoben werden. Die Preise für das Profi-Ticket für drei und fünf Ringe sollen um 2,3 Prozent erhöht werden, „auf ausdrücklichen Wunsch der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen“, sagt HVV-Sprecher Rainer Vohl. „Denn für diese Karten gelten besonders hohe Preisvergünstigungen, auch gegenüber dem normalen Abo.“ Für Defizite, die bei HVV-Strecken in Schleswig-Holstein anfallen, muss Schleswig-Holstein aufkommen.
SPD und Grüne betonen, Hamburg werde mehr in den HVV investieren, und verweisen etwa auf den Ausbau von U- und S-Bahnen und auf neue Buslinien. Trotzdem seien etwa Schüler und Senioren von der Preissteigerung ausgenommen. „Das halte ich für einen ausgewogenen Weg aus zusätzlichem Angebot und gezielter Preispolitik“, sagt Martin Bill von den Grünen. „Es ist eine Frage der Nachhaltigkeit, dass Qualitätsverbesserungen und der Netzausbau auch solide gegenfinanziert werden“, sagt Dorothee Martin von der SPD.
Martin ärgert sich auch über das Vorgehen der Hamburger CDU, der sie „Wahlkampfgetöse“ vorwirft. Die CDU hatte im April einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, mit dem sie zunächst forderte, Preissteigerungen beim HVV auf den Inflationsausgleich zu beschränken. Am 14. August stellte die CDU in der Bürgerschaft einen weiteren Antrag, wonach Preiserhöhungen im Jahr 2020 ausgeschlossen werden sollen. Aus Sicht von CDU-Antragsteller Dennis Thering gibt es keinen Widerspruch. Beide Anträge wurden an den Verkehrsausschuss überwiesen.
Azubis müssen länger auf günstiges HVV-Ticket warten
Unterdessen deutet sich an, dass Schüler und Azubis in Hamburg wohl erst ab 2021 ein günstiges HVV-Jugendticket für 365 Euro pro Jahr kaufen können – nicht schon ab Mitte 2020, wie es von SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf angekündigt worden war. In einer Mitteilung an die Bürgerschaft begründet Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) die Verschiebung damit, es sei noch zu klären, ob sich Handwerkskammer und Handelskammer an den Kosten beteiligen könnten. Klärungsbedarf bestehe zudem mit Umland-Gemeinden. Über die Verschiebung der Ticket-Einführung hatte zuerst NDR 90,3 berichtet.
Nicht nur die Verschiebung sei bedauerlich, sagt CDU-Politiker Dennis Thering. „Andere Gruppen wie Praktikanten, Familien und Senioren werden auch weiterhin nicht berücksichtigt.“ „Der SPD fällt ihre vollmundige Ankündigungspolitik einmal mehr auf die Füße“, sagt Ewald Aukes von der FDP.