Hamburg. Erzbischof Stefan Heße hält auf dem Fischmarkt eine Predigt vor Schülern – über die Schulschließungen spricht er nicht.
Bei leichtem Wellengang und Wind fährt die Hafenfähre der Linie 62 elbabwärts. Wer auf dem Deck die Nase in den Wind hält, sieht auf dem Fischmarkt Tausende von Menschen auf dem Boden sitzen. Vor ihnen steht eine Bühne, auf der ein Altar mit Kerzen aufgebaut ist. Weihrauchduft liegt in der Luft.
Fast 6000 Mädchen und Jungen, Erzieher und Lehrer feiern hier an diesem Donnerstagmorgen das Fronleichnamfest. Die Teilnehmer gehören zu den 21 katholischen Schulen in Hamburg. „Es ist das erste Mal, dass alle Schulen gemeinsam einen so großen Gottesdienst feiern - und das auch noch Open-Air“, sagt der katholische Schulpfarrer Johannes Pricker dem Abendblatt. „Das stärkt unser Gemeinschaftsgefühl.“
„Eine große Ehre“
Bevor Erzbischof Stefan Heße, begleitet von 50 Messdienern, an den Altar schreitet, sagen die beiden Schülerinnen Marie Themlitz, 18, von der Sophie-Barat-Schule und Rosemary Mako, 17, von der Sankt-Ansar-Schule, dass sie aufgeregt seien.
Sie sind ebenfalls Messdiener. „Das ist eine große Ehre für uns, vor so vielen Menschen aufzutreten“, sagen sie. Für Rosemary ist es zudem der erste Besuch des Fischmarktes am Hafenrand.
In seiner Predigt geht der Erzbischof allerdings nicht auf die geplante Schließung von mindestens sechs katholischen Schulen ein. „Zu Fronleichnam feiern wird den Leib des Herrn, die Hostie, die Heilige Kommunion“, ruft er der Gemeinde zu. Im Zentrum der Ansprache steht die biblische Geschichte von der Speisung der 5000. „Jeder einzelne von Euch“, sagt er, „trägt Verantwortung für die Welt und die Schöpfung.“ Christen seien aufgefordert, Verantwortung für die Stadt, das Land und die Welt zu übernehmen. Er sei dankbar dafür, dass sich so viele Christen um Flüchtlinge kümmern, betont Erzbischof Heße, der zugleich katholischer Flüchtlingsbischof ist.
Schutzengel gesucht
Die geplanten Schulschließungen waren dennoch vor dem Gottesdienst und am Rande der Veranstaltung ein Thema. So war ein Mädchen als Engel verkleidet. Das Motto: "Schutzengel für die KSH gesucht". Raban Cramer, Lehrer der Klasse 7a an der Katholischen Schule Harburg, hat die Initiative zur Rettung der Schule vorgestellt. Spender würden dringend gesucht.
Mit Hostie und Prozession
Das Fest Fronleichnam wird seit dem 13. Jahrhundert gefeiert. Das mittelhochdeutsche „Fronleichnam“ meint „den lebendigen Leib des Herrn“. Als Zeichen für die Gegenwart Christi in der Eucharistie wird die Hostie in einem Schaugefäß (Monstranz) während der Prozession mitgeführt. Fronleichnam ist in katholisch geprägten Bundesländern wie Bayern ein gesetzlicher Feiertag, in Hamburg aber nicht.
Möglicherweise war der gemeinsame katholische Schulgottesdienst mit den 21 Schulen auf dem Fischmarkt nicht nur der erste, sondern der letzte. Denn das Amtsblatt des Erzbistums hat nun noch einmal festgeschrieben, welche Schulen wann geschlossen werden sollen:
- Domschule St. Marien, Schließung mit Wirkung vom 31. Juli 2023
- Katholische Schule Altona (31. Juli 2023)
- Katholische Schule St. Marien (31. Juli 2021)
- Katholische Franz-von-Assisi-Schule (31. Juli 2023)
- Katholische Schule Neugraben (31. Juli 2023)
- Katholisches Niels-Stensen-Gymnasium (31. Juli 2025).
Bei zwei Schulen steht die Entscheidung noch aus: An der Katholischen Sophienschule Elsastraße (Barmbek-Süd) und der Katholischen Schule Harburg soll es erst noch Mitarbeiteranhörungen geben.