Hamburg. Erzbistum und Ansgar-Gruppe suchen für drei katholische Kliniken in der Hansestadt und eine in Lübeck einen neuen Mehrheitseigner.

Wenn sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Ansgar Gruppe, Domkapitular Berthold Bonekamp, bei der Geschäftsführung im Marienkrankenhaus anmeldet, dann ist das Routine. Doch am Montag gab es einen Termin, bei dem auch die Mitarbeitervertretung und alle Mitarbeitenden über eine wichtige Entscheidung des Erzbistums informiert wurden.

Es geht um die Suche nach einem strategischen Partner für vier katholische Kliniken im Erzbistum Hamburg. Neben dem Marienkrankenhaus (605 Betten, 1907 Mitarbeiter, jährlich 100.000 Patienten) sind davon auch das Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Rahlstedt (249 Betten, 810 Mitarbeiter) und das Marienkrankenhaus Lübeck (120 Betten, 200 Mitarbeiter) betroffen, die alle drei zur Ansgar Gruppe gehören. Während diese Häuser offenbar rentabel arbeiten, gibt es in einer weiteren Klinik ein Millionendefizit: Es ist das Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand (200 Betten, 450 Mitarbeiter). Auch für diese Klinik, die der Kirchengemeinde St. Bonifatius gehört, wird dringend ein strategischer Partner gesucht.

Die Vorgabe des Erzbistums: Es muss ein solventer und erfahrener katholischer Krankenhausträger sein. „Wir suchen einen strategischen Partner, um diese Krankenhäuser nachhaltig zu sichern und zu stärken“, sagte Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums. „Ziel ist die Übernahme einer mehrheitlichen Beteiligung durch eine Krankenhausgruppe mit katholischer Ausrichtung. Wir wollen die Einrichtungen in katholischer Trägerschaft halten. Das Erzbistum Hamburg will Minderheitsgesellschafter bleiben.“

Hintergrund für diese Richtungsentscheidung im flächenmäßig größten deutschen Bistum sind die Überschuldung. Sie lag im Jahr 2017 bei 83 Millionen Euro und würde im Jahr 2021 rund 350 Millionen Euro erreichen, wenn nichts dagegen getan wird. Wie Mathias von Waldenfels, Leiter des Fachreferats Controlling, sagte, konnte das Schuldenrisiko durch die bisher eingeleiteten Maßnahmen auf rund 260 Millionen Euro reduziert werden. Wie Erzbischof Stefan Heße sagte, stehe alles auf dem Prüfstand. So hat das Erzbistum entschieden, die Arbeit in sechs Hamburger katholischen Schulen einzustellen. Das hatte im vergangenen Jahr eine Welle des Protests, aber auch der Hilfsbereitschaft ausgelöst. 13 Schulen wird das Erzbistum in Hamburg weiterführen und dort in den kommenden Jahren 100 Millionen Euro investieren.

Elisabeth Vinzenz Verbund prüft Einstieg

Hamburgs Erzbischof Stefan Heße im St. Marien-Dom.
Hamburgs Erzbischof Stefan Heße im St. Marien-Dom. © dpa

Als nächsten Schritt steht die Beteiligung von katholischen Krankenhausträgern bevor, die bundesweit agieren. Zu den möglichen Interessenten zählt offenbar auch der Elisabeth Vinzenz Verbund mit Sitz in Berlin. Die Gruppe, deren Namensgeberin Elisabeth von Thüringen ist, betreibt unter anderem das Krankenhaus St. Adolf-Stift in Reinbek sowie das Sankt-Elisabeth-Krankenhaus in Eutin. „Wir prüfen – unabhängig vom jetzigen Fall – auch im Großraum Hamburg, ob eventuelle Erweiterungskonzepte zu unserer Philosophie der Balance zwischen regionaler Individualität und einer angemessenen zentralen Steuerung passen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Zum eventuell laufenden Verfahren wollte er keine weitere Auskunft geben. Fest steht: Eine Mehrheitsbeteiligung an den Hamburger und Lübecker Häusern wird dem Erzbistum Hamburg dringend benötigtes Geld in die Kassen spülen.

Erzbischof Stefan Heße hatte Anfang des Jahres erstmals im Abendblatt-Interview öffentlich über einen möglichen Verkauf von katholischen Krankenhäusern gesprochen. „Möglich ist vieles. Wir sollten keine Option ausschließen. Natürlich müssen wir uns die Frage stellen, was verantwortbar ist und wem es am Ende nützt“, sagte er. Daraufhin hatten Politiker mit Besorgnis regiert. Deniz Celik (Die Linke), Mitglied der Bürgerschaft, sagte: „Der mögliche Verkauf an einen privaten Investor wäre ein verheerendes Signal für die Krankenhausversorgung.“

Werner Koch, Geschäftsführer des Marienkrankenhauses, hat derweil die Pläne mit einem katholischen Träger begrüßt. „Mit einem fachlich und finanziell starken Miteigentümer an der Seite kann die Ansgar Gruppe besser auf die derzeitigen Herausforderungen und den starken Konzentrationsprozess im Krankenhaussektor reagieren“, sagte er am Montag. Der zukünftige Gesellschafter solle sich durch fundierte medizinische, pflegerische und betriebswirtschaftliche Expertise auszeichnen.