Hamburg. In vier von sieben Hamburger Bezirken sind die Grünen jetzt stärkste Kraft. Das soll sich auch beim Personal zeigen.
In vier der sieben Hamburger Bezirke können seit Sonntag die Grünen die Bezirksbürgermeister bestimmen: Stets ist es das Vorrecht der stärksten Fraktion in der Bezirksversammlung, den Bezirksamtsleiter vorzuschlagen und nach entsprechenden Verhandlungen mit den anderen Parteien dann auch zu wählen. Aber die Bezirksversammlungen können auch einen neuen Amtsleiter inthronisieren, wenn sich, wie am Sonntag, während einer Amtszeit die Mehrheitsverhältnisse umkehren. Das ist in Hamburg-Nord, im Bezirk Mitte, in Altona und in Eimsbüttel der Fall.
Bezirk Hamburg-Nord
Die Grünen-Spitzenkandidatin Sina Imhof verwies auf die Mitgliederversammlung der Partei in der nächsten Woche. Sie erwartet aber, dass die ihre Partei die Position des Bezirksamtsleiters beanspruchen wird. „Das ist ein politisches Amt, und als stärkste Fraktion haben wir das Vorschlagsrecht“, sagte Imhof. Erst einmal aber wollen wir die Inhalte klären, danach geht es um Personen.“ Die Zusammenarbeit mit der SPD sei erfolgreich gewesen. „Wir werden auf jeden Fall in tiefere Gespräche eintauchen.“
Laut Imhof mit mehr Nachdruck zu verfolgen seien künftig die Verkehrswende, der Grünerhalt sowie eine ökologische und stärker qualitätsorientierte Ausrichtung beim Bauen. Imhof wies allerdings auch darauf hin, dass der Bezirk in diesen Fragen oft an formale Grenzen stoße. „Leider entscheiden vielfach die Landesbehörden, was passiert“, sagte sie.
Die SPD-Kreisvorsitzende in Hamburg-Nord, Anja Domres, sagte: „Natürlich würden wir gern weiter mit den Grünen zusammenarbeiten. Bisher hat das ja sehr gut funktioniert. Aber es liegt nicht in unserer Macht.“ Die Grünen als stärkste Partei müssten „zu Gesprächen einladen. Bisher haben wir noch keinen Termin.“ Ob die SPD dann auch eine Grüne auf den derzeit nur kommissarisch besetzten Posten des Bezirksamtsleiters wählen würde, wollte Domres nicht sagen. „Das wird Teil der Gespräche sein. Und die warten wir ab.“
Bezirk Altona
Der SPD-Fraktionschef in Altona, Thomas Adrian, erwartet ein grün-rotes Bündnis. „Der Ball liegt aber jetzt im Feld der Grünen“, sagte er. Die ohnehin am Ende ihrer sechsjährigen Amtszeit angekommene Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) geht im August. „Ich denke, dass wir uns mit den Grünen jetzt auf einen Ausschreibungstext einigen und das Nachbesetzungsverfahren beginnen. Logischerweise haben die Grünen da jetzt das Vorschlagsrecht“, sagte Adrian. Große Veränderungen in der Bezirkspolitik erwartet er nicht. „Wir haben 80 bis 90 Prozent der Beschlüsse im Konsens gefasst. Das wird sicher so bleiben.“
Der Kreischef der Altonaer Grünen, Johannes Müller, war da vorsichtiger. „Wir werden sicher zuvörderst mit der SPD, aber durchaus mit allen demokratischen Parteien Sondierungsgespräche führen.“ Die AfD sei außen vor. Während der letzten fünf Jahre gab es in Altona gar keine Koalition, sondern ein Regieren mit wechselnden Mehrheiten. „Das könnte auch so bleiben, wir haben ja jetzt alle Optionen“, sagte Müller. Über eine Ausschreibung des Bezirksamtsleiterpostens werde man sich sicher einigen. Die Spitzenkandidatin und Fraktionschefin der Grünen, Gesche Boehlich, wird sich nicht bewerben. „Als Mandatsträgerin scheide ich aus“, sagte Boehlich, „das ist Ehrenkodex bei uns.“
Bezirk Mitte
Im Bezirk Mitte sieht es so aus, als würde der SPD-Bezirksamtsleiter Falko Droßmann im Amt bleiben. „Wir haben es in der Vergangenheit immer als unsinnigen Kostenfaktor kritisiert, wenn ein Bezirksamtsleiter abgewählt und im einstweiligen Ruhestand weiter bezahlt wurde“, sagte die Grünen-Kreisvorsitzende und Spitzenkandidatin Sonja Lattwesen. „Daran werden wir uns messen lassen. Allerdings werden wir uns mit der SPD darüber unterhalten müssen, wer nach Droßmann kommt.“ Er hat 3,5 von sechs Jahren Amtszeit hinter sich. In der zweiten Hälfte der jetzt beginnenden Legislatur muss die Bezirksversammlung also einen neuen Amtschef wählen.
Der SPD-Kreischef in Mitte, Johannes Kahrs: „Die Grünen haben uns Sondierungen angeboten, das werden wir machen.“ Der Bezirksamtsleiter sei gewählt. „Er steht nicht zur Debatte.“ Ob in der Mitte der Legislatur ein neuer, dann grüner Nachfolger gewählt werden wird, ließ Kahrs offen. „Ich kann die Verhandlungen nicht vorwegnehmen“, sagte er. Wer auf Droßmann folgen werde, sei Spekulation. „Grün-Rot ist machbar. Aber es ist an den Grünen, Vorschläge zu machen, wenn sie etwas grundsätzlich anders machen wollen als bisher.“
Bezirk Eimsbüttel
Die Grünen-Spitzenkandidatin und bisherige Fraktionsvorsitzende Lisa Kern sieht die Grünen „jetzt in der Führungsrolle. Deshalb müsse die bezirkliche Politik deutlich grüner aussehen. Klar ist: Wir wollen zukünftig in Eimsbüttel die Bezirksamtsleitung stellen.“ Kern kündigte an, dass nach internen Beratungen „die Kreismitgliederversammlung in zwei Wochen entscheiden wird, mit wem wir Gespräche über die Bildung einer Koalition aufnehmen“. Anders als im Bezirk Mitte haben die Grünen in Eimsbüttel eine sehr deutliche Mehrheit, womit die Erwartung, dass sich dies auch personell unmittelbar niederschlägt, wächst.
Der Eimsbütteler SPD-Kreisvorsitzende Milan Pein erklärte, er habe die neuen grünen Ansprüche in deren Mitteilung an die Medien „mit Interesse gelesen. Ich verhandele aber nicht über die Presse, sondern nur direkt mit den handelnden Personen.“ Rein rechnerisch könnten auch Grüne und CDU einen neuen Bezirkschef wählen. Aus der SPD-Fraktion hieß es, man habe mit Kay Gätgens (SPD) „gemeinsam mit den Grünen einen sehr guten Bezirksamtsleiter gewählt“. Deshalb sei die Neigung, Gätgens jetzt, 3,5 Jahre vor Ende seiner Amtszeit, zu ersetzen, gleich null.