Hamburg. Günter Z. wegen Betrugs verurteilt. Eine verräterische E-Mail trug entscheidend dazu bei. Der Verurteilte ist kein Unbekannter.

Nach einem monatelangen Prozess um Betrug im Gesundheitswesen fasste Richter Malte Hansen ein verzwicktes Verfahren in einem Satz zusammen: „Zwei Ärzte, ein Apotheker – das ist schon eine Bande.“ Ein Satz, der wie ein Schwert durch das Dickicht ging, das der Hamburger Apotheker Günter Z. (62) und seine beiden Helfer geschaffen hatten. Mit einer, wie sich im Prozess herausstellte, illegalen Konstruktion hatte Z. die Kontrolle über zwei Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) bekommen. Das aber ist rechtswidrig.

Und so wurde der bekannte Apotheker am Montag wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs vom Landgericht zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Seine beiden Helfer, die Ärzte Dr. F. (57) und D. (60), erhielten Bewährungsstrafen von sechs und zehn Monaten. Gut 1,4 Millionen Euro zu Unrecht erhaltenes Honorar zieht das Gericht von dem Trio ein. Z.s Anwalt Johann Schwenn sagte dem Hamburger Abendblatt, man werde „sicher“ in die Revision gehen und das Urteil anfechten. Es ist also noch nicht rechtskräftig. Z. hatte während der Urteilsverkündung mehrfach den Kopf geschüttelt.

Wussten Z. und die Ärzte, dass sie ein illegales Konstrukt betrieben?

Apotheker dürfen laut Gesetz keinen Einfluss auf ärztliche Entscheidungen oder Rezepte haben. Z. hielt nach Auffassung des Gerichts aber über den Arzt D. als Strohmann die Mehrheitsanteile an zwei Ärztezentren und kontrollierte sie über Dr. F. faktisch komplett. In diesen Zentren sind mehrere Mediziner tätig. Der Prozess hatte sich über Monate hingezogen. Etliche Zeugen wurden gehört. Immer wieder kam die Frage auf: Wussten Z. und die Ärzte, dass sie ein illegales Konstrukt betrieben? Hatten sie die Strohmann-Idee benutzt, um Millionen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg und den Krankenkassen zu Unrecht abzurechnen?

Richter Hansen sagte, das Gesetz sei im Jahr 2012 extra deshalb geändert worden, um Apothekern keinen Einfluss auf Medizinische Versorgungszentren zu gewähren. „Auch der Einfluss eines Dahinterstehenden muss ausgeschlossen werden.“ Das heißt: Das Gericht wertete D. eindeutig als Z.s Strohmann. Der sei als Anteilseigner auch überraschend passiv gewesen. Verräterisch und quasi mitentscheidend im Prozess war eine E-Mail des Hamburger Rechtsanwalts P. Die las Richter Hansen zum Abschluss des Prozesses noch einmal vor. Darin schreibt der Rechtsanwalt sinngemäß, dass Apotheker Z. die Zentren quasi allein kontrolliere. Als Zeuge habe P., der für das MVZ arbeitete, dann eine schwache Figur abgegeben. Trotzdem sei klar geworden, sagte Richter Hansen und ahmte den Tonfall in P.s Mail nach: „Diese Konstruktion ist so perfekt, dass man uns nicht erwischen wird.“ Und was den Apotheker Z. betreffe: Der habe vor Gericht ebenfalls gelogen.

Der Apotheker war bereits vorbestraft

Was beim Strafmaß für Z. eine Rolle gespielt hat, war seine Vorstrafe. Das Amtsgericht hatte ihn vor einigen Jahren zu einer mehrmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er Fertigarzneien zur Herstellung von Krebsmedikamenten (Zytostatika) benutzt hatte, die in Deutschland nicht zugelassen waren. Patienten wurden dabei offenbar nicht geschädigt. Aber abgerechnet wurde ein zugelassenes Präparat - und nicht das, was dann verabreicht wurde. Jetzt sagte Richter Hansen zu Z. im Gerichtssaal: „Das war eine Warnung, die hat Sie damals nicht erreicht.“

Für Z. sprach jetzt, dass trotz des Betruges die medizinischen Leistungen ja erbracht wurden. Die vergleichsweise milde Strafe von sechs Monaten für Dr. F. begründete die Kammer mit dessen Hilfe bei der Aufklärung des Falles. „Das wirkte sich erheblich strafmildernd aus“, so Richter Hansen. Dr. F. hatte sich von Apotheker Z. ein üppiges Darlehen in sechsstelliger Höhe geben lassen und seine Anteile an dem MVZ als Sicherheit gegeben.

Dr. F. gab an, 12.500 Euro im Monat zu verdienen

Der Apotheker und Unternehmer Z. und der Arzt D. äußerten sich vor Gericht nicht zu ihren Vermögensverhältnissen. Dr. F. war umso auskunftsfreudiger. Mit seiner Praxis verdiene er etwa 5000 Euro, durch seine Teilzeittätigkeit bei Asklepios habe er rund 7500 Euro – beides netto im Monat, sagte der fünffache Vater.

Wenn sie rechtskräftig wird, hat die Verurteilung von Z. möglicherweise weitere Folgen. Der Hamburger Apotheker hatte mehrere Passagen eines Buches („Die Krebsmafia“) verbieten lassen. Darin geht es auch um die jetzt als illegal bezeichnete Konstruktion, die ihm Einfluss auf die Ärztezentren verschaffte. Das Buch ist nicht mehr erhältlich. Allerdings kann man es bei Ebay ersteigern. Am Montag wurde ein Preis von 60 Euro aufgerufen.