Hamburg. Richter kritisiert Abläufe und macht Entzug der Approbation rückgängig. Große Erleichterung bei dem Kardiologen.
Wie er dastand und später seine Tochter herzte, als alles von ihm abfiel, das ihn so gestresst hatte in diesem kleinen Zimmer 3.01 im dritten Stock des Hamburger Verwaltungsgerichts, zwei Steinwürfe entfernt von seiner Klinik in St. Georg, da konnte man spüren, was für Prof. Karl-Heinz Kuck (66) auf dem Spiel stand. Seine Karriere? Es ging um mehr. Er hatte Tränen in den Augen, als der Vorsitzende Richter Dietrich Hölz seinen Kurzvortrag beendet hatte, der in die Hamburger Medizingeschichte eingehen wird.
Hölz machte, das Wort muss erlaubt sein, kurzen Prozess mit einem Verfahren, das vor Jahren begann, sich quälend hinzog und vorerst entschieden wurde. Kuck darf nach einer Verurteilung wegen Abrechnungsbetruges, nach Entzug der Approbation und seinem Widerspruch nun doch weiter als Arzt arbeiten.
Viel sagen konnte und mochte er im Gericht nicht. Die Befragung durch Richter Hölz hatte nicht danach ausgesehen, als ob Kuck seine Approbation wiedererlangen würde. Im Detail ließ er sich erklären und erläuterte selbst, was schon im Strafprozess Thema war: Wie die Patienten behandelt werden, wie abgerechnet wird, dass Kuck „höchstpersönlich“ bei seinen Herzschrittmacher-Patienten von A bis Z hätte dabei sein müsse. Der Vortrag gipfelte in der Aussage: „Professor Kuck, Betrug ist Betrug.“
Richter Hölz verwies auf systematische Fehler
Kuck hatte zugegeben, dass er eine Vorgabe von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für die Behandlung missachtet hatte. Richter Hölz las sie ihm noch einmal vor. Das konnte man nicht anders verstehen. Und mit Recht wurde Kuck auch verurteilt: ein Jahr Gefängnis auf zwei Jahre Bewährung, 100.000 Euro Geldstrafe. Er bereute seinen Fehler, zahlte das Geld zurück. Dieser Fehler reicht laut Verwaltungsgericht nicht, ihm die Approbation zu entziehen.
Das sah auch die Ärztekammer so, nicht aber die Gesundheitsbehörde von Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Sie nahm ihm die Lizenz weg, am Ende unterlag sie jetzt im juristischen Streit darum, ob Kuck noch „würdig“ sei als Arzt zu arbeiten. Eine Berufung kann binnen eines Monats beantragt werden.
Viel wichtiger als der mögliche weitere Fortgang dieses Falls: Richter Hölz verwies auf systematische Fehler beim Zusammenspiel von Ärzten, Bürokratie, Gesetzen und Vorgaben. Die sogenannte „Ermächtigung“ der KV für ambulante Behandlungen im Krankenhaus bezeichnete er in der Begründung faktisch als unsinnig. „Wie kann man einen Chefarzt damit belasten, einfache technische Dinge zu machen?“
Dessen Zeit sei begrenzt, er werde in anderen Bereichen gebraucht. Auch das Krankenhaus St. Georg bezog der Richter mit ein, es herrsche im System „Unvernunft“: „Er hat keinem Patienten die Chefarztbehandlung vorenthalten.“ Kuck arbeite aus Patientensicht absolut integer.