Hamburg. Affäre um „verbotene Ermittlungsmethoden“: LKA-Leiter in Bedrängnis, Ermittlungsgruppe eingesetzt.
Die Affäre um die Einheit „Cold Cases“ bei der Hamburger Polizei weitet sich aus: Nach schweren Vorwürfen auf „verbotene Ermittlungsmethoden“ lässt der Polizeipräsident Ralf Martin Meyer nun mögliche Fehler der LKA-Leitung untersuchen. Es stünden Vorwürfe auf „,mangelnde Führung und Zusammenarbeit“ im Raum, schreibt Meyer in einem internen Brief. Diese müssten nun aufgeklärt werden. Damit geraten vor allem der amtierende LKA-Leiter Frank-Martin Heise sowie sein Stellvertreter Mirko Streiber in Bedrängnis.
Auslöser für die Untersuchung sind schwere Vorwürfe des renommierten Anwaltes Gerhard Strate, der den abgesetzten Soko-Chef Steven Baack vertritt. Nach Abendblatt-Informationen soll der ehemalige Leitende Kriminaldirektor Bernd Schulz-Eckhardt die Untersuchung leiten, der im vergangen Jahr bereits in den Ruhestand versetzt worden war.
Star-Anwalt hatte schwere Vorwürfe erhoben
Nachdem in einem Fall um einen versuchten Mord an einer Jugendlichen im Jahr 1980 zunächst der Angeklagte freigesprochen wurde und die Vorsitzende Richterin von einem Verdacht auf „verbotene Ermittlungsmethoden“ sprach, war der Soko-Chef Baack zunächst ausgewechselt und bereits eine Arbeitsgruppe zur Klärung eingerichtet. In dem folgenden Bericht, der dem Abendblatt vorliegt, war anschließend von schweren handwerklichen Mängeln die Rede – diese könnten möglicherweise sogar strafrechtlich relevant sein. Geleitet wurde die Arbeitsgruppe vom LKA-Vize Mirko Streiber.
Der Rechtsanwalt Strate erhob jedoch zuletzt gegenüber dem Abendblatt schwere Vorwürfe gegen die LKA-Leitung: So seien etwa bei der Aufklärung wichtige Zeugen nicht befragt und entlastende Angaben von Baack bewusst ignoriert worden sein. „Das Vorgehen bestärkt den Eindruck, dass Herr Baack zum Sündenbock gemacht wird, um Versäumnisse der Führung zu verdecken“, sagte Strate. Er strengte selbst ein Disziplinarverfahren bei der Polizei gegen seinen Mandanten an, um eine unabhängige Prüfung zu erreichen.
LKA-Chef werden schlechte Personalwahl und mangelnde Ausstattung vorgeworfen
Polizeipräsident Meyer bezieht sich in dem Schreiben nun direkt auf die Vorwürfe Strates. Bei der nun folgenden Untersuchung könnten sowohl Fehler der Aufklärungsgruppe, als auch grundsätzliche Fehler des LKA-Leiters eine Rolle spielen. Baack hatte über seinen Anwalt eine „Überforderung“ der Einheit für ungelöste Kriminalfälle kritisiert. Die Soko sei personell und technisch zu schlecht ausgestattet gewesen – wie aus dem Abendblatt vorliegenden Akten hervorgeht, wurden viele Vernehmungen etwa nur von einzelnen Beamten statt zu zweit geführt.
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Die Einheit „Cold Cases“ galt dabei als Vorzeigeprojekt des LKA-Chefs Heise. Er wählte außerdem Baack, der zuvor nur wenige Ermittlungserfahrung vorzuweisen hatte, als Chef der Einheit.
Nach Abendblatt-Informationen kam auch eine erste externe Überprüfung durch die Münchener Kriminalpolizei zu dem Ergebnis, dass die Soko „Cold Cases“ in dem vor Gericht gescheiterten Fall den „Anforderungen nicht gerecht geworden“ sei. Auch die Staatsanwaltschaft hat eine eigene Untersuchung begonnen und muss bewerten, ob es auch zu strafbaren Versäumnissen im Landeskriminalamt gekommen sein könnte.