Hamburg. Digitalisierung: Asklepios will das UKE, Kassen und Ärzte ins Boot holen. Mehr Cyber-Angriffe, Konkurrenz von Amazons Schwester Alexa.
Sie zittern alle vor „Schwester Alexa“ von Amazon. Deutschlands Ärzte, die Krankenhäuser und die Chefs der größten Krankenkassen schauen mit Bangen auf die Digitalisierung, die der Internet-Gigant auch im Gesundheitssystem angestoßen hat. Außerdem hegen sie erhebliche Bedenken, wenn erst einmal Google und Apple mit ihren medizinischen Anwendungen nachziehen. Von den Chinesen und ihren massiv gesammelten Patientendaten ganz zu schweigen.
Und weil die Digitalisierung hierzulande lahmt, macht der Hamburger Krankenhauskonzern Asklepios jetzt Druck auf den Senat. Asklepios-Vorstandschef Kai Hankeln sagte am Donnerstag: „Deutschland hat in der Digitalisierung im Gesundheitswesen keine Strategie und keinen Plan. Asklepios öffnet sich und stellt Know-how und Module zur Verfügung, um mit anderen Hamburger Playern wie dem UKE gemeinsam eine Plattform zu entwickeln.“
Online Termine beim Arzt buchen
Der künftige Nutzen für Patienten fange bei einer Online-Terminbuchung bei Arzt oder Krankenhaus an, gehe über Folgebehandlungen bei Facharzt oder Spezialklinik bis zu einer datenbasierten Therapie, die genauer sei als die bisherige, und betreffe auch das Entlass-Management im Krankenhaus und die Nachsorge.
Asklepios-Chef Hankeln berichtete, er sei bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewesen sowie bei der Digitalisierungs-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU). Er habe bei der Politik „viel Verständnis“ gesehen, „aber keinen Plan“.
Elektronische Patientenakten sind schon da
Hamburg müsse jetzt Millionen Euro aus dem Strukturfonds bekommen, Asklepios habe bereits 14 Millionen Euro beantragt. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) forderte er auf, einen Digitalisierungsprozess zu moderieren. Man brauche dazu nicht nur die anderen Krankenhäuser, die wie das UKE bereits moderne IT-Strukturen hätten. Auch die Krankenkassen wie die Techniker mit ihrer elektronischen Patientenakte sowie die DAK und auch die Kassenärzte sollten mitmachen.
Prüfer-Storcks sagte dem Abendblatt, die Krankenhäuser müssten für eine schnelle Digitalisierung auf einer gemeinsamen Plattform noch Förderanträge stellen. Das ist offenbar noch nicht geschehen. Die Senatorin sagte: „Es gibt noch viele nicht ausgeschöpfte Digitalisierungspotenziale in den Krankenhäusern, von der elektronischen Patientenakte über digitale Video-Konferenzen mit hochspezialisierten Experten bis zum Einsatz von Robotern bei OPs oder Online-Ambulanzen für psychisch kranke Menschen.“
Hamburg wolle aus dem Strukturfonds von Bund und Ländern dafür Geld bereitstellen. Bedingung: Die Krankenhäuser müssten sich „untereinander über ihre verwendeten IT-Systeme abstimmen. Bisher hat leider jedes Haus seine eigene Strategie verfolgt.“ Genau das will auch Asklepios ändern. „Keine Insellösungen mehr“, hieß es.
Auch Kassenärzte mit neuem Online-Service
Für die FDP erklärte Gesundheitsexpertin Jennyfer Dutschke: „Wenn Asklepios auf eine zügige Digitalisierung des Krankenhaus-Managements setzt, ist das zum Wohle der Patienten und somit begrüßenswert. Hamburg hat die Chance, Vorreiter bei Fragen wie der einheitlichen Gesundheitsplattform oder der digitalen Patientenakte zu werden.“
Wie das Abendblatt berichtete, wird die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg in diesem Jahr einen deutlich erweiterten Onlineservice für Patienten anbieten. Krankenhäuser und Ärzte sowie die Kassenchefs wie Jens Baas (TK) warnten zuletzt vor dem wachsenden Einfluss von Amazon, Google und Apple auf dem Gesundheitsmarkt. Die Online-Plattform Dr. Ed des Hamburger Unternehmers David Meinertz, die nun Zava heißt, bietet ebenfalls im Internet viel genutzte medizinische Dienstleistungen an.
Hankeln sagte jetzt: „Amazon wird nicht in den USA haltmachen.“ Amazon habe bereits eine „Schwester Alexa“ entwickelt, die in Krankenhäusern eingesetzt werde. Der Asklepios-Chef sieht vor allem im Zusammenfluss von Patientendaten den größten Nutzen für die Medizin. Diagnosen beispielsweise anhand von Röntgenbildern seien mit künstlicher Intelligenz treffsicherer.
In Großbritannien legten Hacker Krankenhäuser lahm
Der IT-Vorstand von Asklepios, Henning Schneider, warnte gegenüber dem Abendblatt davor, dass eine wachsende Zahl von Hackerangriffen und Cyberattacken die Sicherheit von Krankenhäusern bedrohe. Asklepios sei nicht betroffen, registriere aber an seinen Firewalls extrem stark ansteigende Versuche von Internetkriminellen. Mehrere kleine Krankenhäuser waren bereits Opfer von Hackerattacken.
In Großbritannien wurden Daten abgefischt, Krankenhäuser lahmgelegt. Schon deshalb warnt der Hamburger Krankenhauskonzern davor, den Anschluss in der IT nicht zu verlieren. Asklepios-Vorstandschef Hankeln sagte, bei der Initiative für eine schnellere Digitalisierung gehe es darum, dass auch die datenschutzrechtlichen Standards für Patienten gewahrt bleiben. Er hält es auch für sinnvoll, wenn Patienten ihre Daten der Wissenschaft „spenden“. Hier gelte ebenso: „Das muss alles datenschutzkonform sein.“