Hamburg. Hunderte gingen gegen die Online-Plattform der AfD auf die Straße: „Lehrer dürfen ihre eigene Meinung sagen.“
Schule soll nicht neutral sein – diese Meinung vertraten die rund 500 Schüler und Lehrer, die gestern Abend bei einem Protestzug durch die City gegen die AfD-Meldeplattform „Neutrale Schule“ demonstrierten. Dazu aufgerufen hatten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die SchülerInnenkammer Hamburg (SKH), die Lehrerkammer Hamburg und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
Seit September bietet die AfD-Fraktion Hamburg eine Plattform an, auf der Bürger aufgefordert werden, Lehrer zu melden, die sich im Unterricht gegen die AfD positionieren. „Die AfD hat überhaupt nicht verstanden, was politische Neutralität bedeutet“, sagte Fredrik Dehnerdt von der GEW. Neutralität bedeute nicht Wertneutralität: Lehrer seien verpflichtet, sich für die Grundwerte der Demokratie einzusetzen. „Lehrkräfte dürfen ihre eigene Meinung sagen, sofern sie gekennzeichnet ist. Und sie dürfen und sollen sich auch intensiv und kritisch mit der AfD auseinandersetzen.“
AfD bezeichnet Lehrer als „Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“
Diese Meinung vertreten auch die Lehrerinnen und Lehrer der Max-Brauer-Schule (MBS). Kurz nachdem das Portal online gegangen war, hatten sie sich in einem offenen Brief kritisch geäußert. Diesem Beispiel sind mittlerweile mehrere andere Schulen gefolgt, unter anderem die Stadtteilschule in Blankenese. In einer Stellungnahme bezeichnete AfD-Fraktionschef Alexander Wolf die 106 Lehrkräfte der MBS, die den offenen Brief unterzeichnet hatten, als „die wirklichen Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“. Sie hätten „ein entlarvendes Bekenntnis darüber abgelegt, wie sie es mit dem Neutralitätsgebot an Schulen halten“.
„Wir sind nicht neutral, im Gegenteil“, sagte Kai Kobelt, der Vorsitzende der Lehrerkammer Hamburg. „Wir stehen für die demokratischen Errungenschaften, die im Grundgesetz nach den Erfahrungen im Nationalsozialismus mit gutem Grund verankert worden sind, für Redefreiheit und Meinungsfreiheit.“
Liam Zergdjenah, Landesvorsitzender der SKH, sah ebenfalls keine unzulässige Beeinflussung durch Lehrkräfte. Und selbst wenn es eine solche geben sollte, bräuchten die Hamburger Schüler für eine Beschwerde keine Webseite: „Wir als Schüler sind doch nicht feige! Wir müssen das nicht anonym über ein Portal machen.“