Hamburg. Lehrer, Schüler und Gewerkschaften kündigen Demo gegen das AfD-Portal “Neutrale Schulen Hamburg“ an.

Auch gut zwei Monate nachdem mit der Webseite "Neutrale Schulen Hamburg" ein sogenannter Lehrerpranger online gegangen ist, hat die AfD der Schulbehörde keinen einzigen Fall eines vermeintlichen Verstoßes von Lehrkräften gegen das Neutralitätsgebot gemeldet – obwohl die Rechtspopulisten bereits nach einer Woche verkündet hatten, ihnen lägen "ernst zu nehmende Berichte" vor. Man befinde sich noch in der "Sichtungsphase", heißt es von der AfD, wenn man sich danach erkundigt. Eine "Zwischenbilanz" wolle man mutmaßlich noch in diesem Monat ziehen.

Diskussion mit der AfD? Kein Bedarf bei GEW und Behörde

Trotz ausbleibender Ergebnisse hat die AfD zu einer Diskussion eingeladen. Man wolle mit Bildungssenator Ties Rabe (SPD) und der Hamburger Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Anja Bensinger-Stolze, im Rahmen der AfD-eigenen Veranstaltungsreihe "Fraktion im Dialog" über das Portal diskutieren, teilte die Partei am Dienstagnachmittag mit und erweckte so den Anschein eines aktuellen Vorgangs. Eigentlich jedoch wurden die Einladungen bereits vor gut zwei Wochen verschickt – und beantwortet.

Die Gewerkschaftsvorsitzende Bensinger-Stolze hatte die Einladung umgehend ausgeschlagen, wie sie auf Abendblatt-Anfrage erklärt: „Die AfD versucht den grundsätzlichen Konsens zur politischen Bildung an Schulen umzudeuten. Ihr falsches Verständnis von Neutralität behindert eine lebendige Demokratiebildung in der Schule. Durch Dienstaufsichtsbeschwerden und das anonyme Meldeportal versucht sie, Lehrkräfte und Schulleitungen einzuschüchtern und sie mundtot zu machen. Der GEW tritt sie im ersten Kontakt mit einer Unterlassungserklärung entgegen. Dies bietet keine Grundlage, eine Einladung der AfD anzunehmen."

Auch die Schulbehörde hat kein Interesse an einer Diskussion über das AfD-Portal. Behördensprecher Peter Albrecht sagte, die deutlich ablehnende Haltung der Schulbehörde und des Schulsenators sei hinlänglich bekannt: "Dem ist auch auf einer Podiumsdiskussion nichts hinzuzufügen. Das Portal ist grober Unfug und ein Aufruf zum Denunziantentum, wir erwarten von der AfD die sofortige Abschaltung. Senator Rabe wird der AfD daher auch nicht den Gefallen tun, durch seine Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung für zusätzliche mediale Aufmerksamkeit zu sorgen."

Lehrer, Schüler und Gewerkschaften demonstrieren gegen Lehrerpranger

Außerdem rufen Lehrerkammer, SchülerInnenkammer, GEW und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu einer Demonstration auf: Unter dem Tenor "Haltung zeigen statt Zurückhaltung üben – Engagierte Lehrkräfte und politische Bildung an Schulen stärken! Rechtspopulismus entgegentreten!" soll am 3. Dezember ein Demonstrationszug vom Curiohaus in die Innenstadt führen.

Liam Zergdjenah, der Vorsitzende der SchülerInnenkammer Hamburg, hält den Lehrerpranger der AfD für "gefährlich": Er schade nicht nur den Schülern, sondern "auch dem Schulfrieden. Ich bin der festen Überzeugung, dass es in Hamburg keine Beeinflussung durch linkspolitische Ideologien durch die Lehrkräfte gibt." Der Vorsitzende der Lehrerkammer Kai Kobelt betont, dass sein Verband "Meldeplattformen von einzelnen Parteien und Gruppierungen" ablehne. Es gebe "demokratische Einfluss- und Mitbestimmungsmöglichkeiten".