Hamburg. Im Hamburger Rathaus diskutierten Schüler mit der AfD über die Plattform, auf der Lehrer gemeldet werden können.

Unterschiedlicher könnten die Besucher an diesem Montagabend kaum sein: Neben Rentnern und Ü-40ern strömen Dutzende Schüler ins Rathaus. Die AfD-Fraktion in der Bürgerschaft hat zu einem öffentlichen Dialog in den Kaisersaal geladen. Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Prenzler ahnt noch nicht, dass es im Laufe des Abends zu einem heftigen Schlagabtausch kommen wird.

Neben dem Rückkauf der Fernwärme, den Dieselfahrverboten und der Migration kristallisiert sich schnell das brisanteste Thema des Abends heraus: Die Initiative „Neutrale Schule“. Seit diesem September bietet die AfD-Fraktion Hamburg eine Plattform an, auf der Bürger aufgefordert werden, Lehrer zu melden, die sich im Unterricht gegen die AfD positionieren.

Kathrin Schütte, Gymnasiallehrerin in Volksdorf, lehnt die Initiative ab. „Bei der Meldeplattform sind die Schüler dazu aufgefordert, Lehrer anonym zu melden. Wie bringen Sie das in Einklang mit Ihrer Idee, in Dialog zu kommen?“

Lehrerin: "Anonymität schafft keinen Dialog"

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann verteidigt die Initiative. Es gehe nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen. Kritik vertrage man immer, aber „gegen Herabwürdigungen unserer Wähler wehren wir uns massiv, und zwar mit allen möglichen Mitteln“. Für die Schülerin Mitra Pouladian ist das der falsche Weg. „Dass Lehrer die politische Meinung von Schülern beeinflussen, damit stimme ich nicht überein“, sagt sie. Auch andere Schüler stellen die Aktion infrage: Als sich einer von ihnen erhebt, ist ein „FCK NZS“-Schriftzug auf seinem T-Shirt zu erkennen. „Wenn Sie für eine neutrale Weltanschauung in der Schule sind, verstehe ich nicht, warum Sie in der Sexualkunde nicht über Homo-, Bisexualität und Transgender sprechen wollen.“ Das stehe so nicht im Bundeswahlprogramm, entgegnet Prenzler.

Als er die Diskussion nach zweieinhalb Stunden offiziell beendet, haben viele noch immer Redebedarf. Bis kurz nach 22 Uhr diskutieren sie weiter, erst in der Diele des Rathauses, dann davor.

Kathrin Schütte will nächstes Mal wiederkommen. „Wenn wir in Frieden miteinander leben wollen, tun wir gut dran, miteinander zu sprechen“, sagt die Lehrerin. Deshalb spricht sie sich nach wie vor gegen das AfD-Portal „Neutrale Schule“ aus: Anonymität schaffe eben keinen Dialog.