Hamburg. Das Unternehmen Mytaxi will jetzt mit dem Airport sprechen. Kunden können mit diesem Modell kräftig sparen.

Ein Taxi mit anderen Kunden teilen und dafür deutlich weniger bezahlen – diese alternative Fortbewegungsart wird in Hamburg immer beliebter. „Die Zahl der Fahrten liegt deutlich über unseren Planungen“, sagte der Mitgründer des Marktführers Mytaxi, Johannes Mewes, dem Abendblatt. Wie viele geteilte Fahrten das Unternehmen, das mit knapp 1800 der insgesamt 3100 konzessionierten Taxis in Hamburg zusammenarbeitet, bislang vermittelt hat, ist zwar ein Geheimnis, doch sicher ist: Es sind mehrere Zehntausend – und die Zahl der etwas anderen Taxifahrten steigt stetig. Nun will Mytaxi das Angebot auf den Flughafen der Stadt erweitern.

Die Idee: Am Airport würden sich Fahrgäste an einem festen Abfahrtspunkt – dem sogenannten Pick-up-Point – einfinden und dem Taxifahrer bis zu zehn Minuten Zeit geben, nach weiteren Passagieren für den Wagen zu suchen. Der Vorteil für den geduldigen Kunden: Er zahlt deutlich weniger für die Fahrt ab Fuhlsbüttel. Das gleiche Konzept gibt es bereits am Airport München. „Wir werden mit dem Hamburger Flughafen ins Gespräch gehen und über die Einrichtung eines solchen Pick-up-Points sprechen“, kündigt Deutschland-Chef Alexander Mönch an. In Fuhlsbüttel würde der Service dann während der gesamten Betriebszeit des Airports, also auch tagsüber, angeboten. Sonst kann man geteilte Fahrten bei Mytaxi dagegen zurzeit nur zwischen 18 Uhr und 6 Uhr morgens über eine App buchen. Der Hintergrund: Tagsüber lohnen sich die Fahrten nicht.

Heimfahrten nach der Partynacht

Am stärksten ist die Nachfrage in den Nächten von Donnerstag auf Freitag, Freitag auf Sonnabend und Sonnabend auf Sonntag. „Am Donnerstag steigt die Nachfrage ab 23 Uhr spürbar an, an den Wochenenden ist sie zwischen 1 und 4 Uhr am höchsten“, sagt Mytaxi-Manager Torben Bursinski.

Sehr beliebt sind Heimfahrten nach einer Partynacht in Szene-Stadtteilen wie St. Pauli und Sternschanze, aber auch die Zahl der Kunden aus der HafenCity nimmt zu. Fahrgäste sind vor allem Menschen von 20 bis 35 Jahren. „Wir erschließen eine neue Zielgruppe: junge, preissensible Fahrgäste, die sich ein Taxi bisher nicht leisten wollten oder konnten“, sagt Mytaxi-Deutschland-Chef Mönch.

Taxi-Sharing: Wie es begann

Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ende hatte die Hamburger Funkzentrale Hansa-Taxi die Nase ganz knapp vor der Buchungs-App Mytaxi vorn. Anfang Dezember 2017 starteten die beiden Unternehmen im Abstand von einem Tag in der Hansestadt ein neues Angebot für Fahrgäste: Wer bereit ist, mit Unbekannten im Taxi zu sitzen und einen Umweg in Kauf zu nehmen, muss deutlich weniger zahlen als bei einer ganz normalen Taxifahrt. Es ist ein Dienst, der in der Mobilitätsbranche Taxi-Sharing oder auch -Matching genannt wird. Zusammen­geführt werden die Fahrgäste, die in etwa in die gleiche Richtung wollen, per Buchungs-App auf dem Smartphone.

Unterschiedliche Bilanzen

Ein Jahr nach dem Start der geteilten Fahrten fällt die Bilanz der beiden Anbieter höchst unterschiedlich aus. Bei Hansa-Taxi sei der Anteil an allen vermittelten Fahrten „verschwindend gering“, sagt ein Firmensprecher. Weitere Details möchte das Unternehmen nicht mitteilen. Ganz anders der Konkurrent Mytaxi. „Die Zahl der Fahrten liegt deutlich über unseren Planungen. Wenn die positive Tendenz anhält und sich der Trend bestätigt, ist das ein spannendes Modell auch für andere Städte“, sagt Johannes Mewes, Mitgründer und Produktvorstand von Mytaxi.

Wie viele geteilte Fahrten genau das an der Großen Elbstraße in Altona-Altstadt ansässige Unternehmen, das mit knapp 1800 der insgesamt 3100 konzessionierten Taxis in Hamburg zusammenarbeitet, bislang vermittelt hat, bleibt zwar auch ein Geheimnis, doch klar ist: Es sind mittlerweile mehrere 10.000, und die Zahl der geteilten Fahrten steigt von Monat zu Monat.

Der Service funktioniert so: Während der Buchung einer Taxifahrt über die App wird der Fahrgast gefragt, ob er bereit ist, den Wagen mit anderen Fahrgästen zu teilen – zu matchen, wie es bei Mytaxi heißt. Stimmt er zu, kann es sein, dass bereits ein anderer Passagier an Bord ist oder unterwegs zusteigt. Zudem nimmt der Wagen womöglich einen Umweg von mehreren Minuten, um alle Passagiere an ihr Ziel zu bringen. Der Vorteil für sie: Die Fahrt ist im besten Fall nur halb so teuer wie eine normale Taxifahrt. Schon wenn ein Passagier zum Matchen bereit ist, spart er 30 Prozent – selbst, wenn kein fremder Fahrgast dabei ist. Die Differenz zahlt Mytaxi dem Fahrer.

Erstmals detaillierte Zahlen

Gegenüber dem Abendblatt nennt das Buchungsunternehmen jetzt erstmals detaillierte Zahlen, wie das Angebot genutzt wird. „Bei 15 Prozent aller Anfragen in Hamburg sind die Kunden bereit zu einer Matchfahrt“, sagt Mytaxi-Manager Mewes. Seit Jahresbeginn habe es solche Anfragen im deutlich oberen sechsstelligen Bereich gegeben. Und wie häufig sitzen dann tatsächlich einander Unbekannte gemeinsam im Taxi? „In den Spitzenzeiten beträgt der Anteil zwischen 40 und 50 Prozent.“

Wie erwartet, werden die geteilten Fahrten besonders häufig für die Heimfahrt nach einer Partynacht in den Szenestadtteilen wie St. Pauli und Sternschanze genutzt, die Anfragen aus der HafenCity häufen sich. „Die Fahrt geht häufig Richtung Nordosten, nach Winterhude oder Barmbek“, weiß Bursinski. Dorthin sind die Bus- und Bahnverbindungen aus den Ausgehvierteln eher ungünstig. Überraschend ist: Fast die Hälfte (48 Prozent) der Anfragen nach einer geteilten Fahrt kommt von Frauen. „Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt Bursinski.

Die Matchfahrten bringen die Taxiunternehmen nicht um einen Teil ihrer Einnahmen, sondern sind eine Chance für sie, mehr Fahrgäste zu befördern.

Beliebter Service

Gelernt hat das Unternehmen in dem einen Jahr auch: Tagsüber lassen sich kaum geteilte Fahrten organisieren. Schon im Mai zog Mytaxi die Konsequenz und schränkte die Betriebszeit von anfangs rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche auf die Zeit zwischen 18 und 6 Uhr morgens ein. Das zu Daimler gehörende Unternehmen konnte und wollte es sich nicht länger leisten, 30 Prozent einer Taxifahrt zu bezahlen, bei der fast immer nur ein Passagier im Wagen saß.

Die Zahl der Matchanfragen ging danach zwar deutlich zurück, erholt sich jetzt aber wieder. „Mittlerweile sind wir bei einer halbierten Betriebszeit schon wieder bei 80 Prozent der Anfragen, die wir sonst durchschnittlich bei einer ganztägigen Verfügbarkeit hatten “, sagt Bursinski. Produktvorstand Mewes führt das auch darauf zurück, dass die im September überarbeitete Buchungs-App jetzt deutlicher als zuvor zeigt, wie viel günstiger eine Matchfahrt voraussichtlich ist.

Was in Hamburg begann, hat inzwischen Schule gemacht. Mytaxi hat den Service in diesem Jahr auch in Berlin und Lissabon eingeführt, zudem in München für Fahrten zwischen dem weit außerhalb gelegenen Flughafen und der Innenstadt. Am Münchner Airport müssen sich Fahrgäste an einem fes­ten Abfahrtspunkt – dem sogenannten Pick-up-Point – einfinden und dem Unternehmen bis zu zehn Minuten Zeit geben, nach weiteren Passagieren für den Wagen zu suchen.

Aktionen am Hamburger Flughafen geplant

Solche Überlegungen gibt es jetzt auch für Hamburg. „Wir werden mit dem Flughafen ins Gespräch gehen und über die Einrichtung eines solchen Pick-up-Points für Match sprechen“, kündigt Deutschland-Chef Mönch an. In Fuhlsbüttel würde der Service dann während der gesamten Betriebszeit des Airports, also auch tagsüber, angeboten werden. Es ist einer der Pläne, das Angebot weiter zu verfeinern, um letztlich mehr Passagiere für geteilte Fahrten zu gewinnen. Produktvorstand Mewes denkt bereits laut über eine „punktuelle Ausweitung“ nach. Die Idee: Während großer Messen oder Konzerte in Hamburg könnten rund um die Veranstaltungs­orte und die wichtigen Hotels in der Stadt Matchbuchungen auch wieder tagsüber möglich sein.

Hansa-Taxi will in naher Zukunft verstärkt für seinen Service werben. In den nächsten Monaten seien „öffentlichkeitswirksame Aktionen“, etwa in Hotels, geplant, kündigte der Unternehmenssprecher gegenüber dem Abendblatt an. Und obwohl es bei dem Unternehmen mit der Vermittlung geteilter Fahrten bislang eher schleppend läuft, betonte er: „Wir sind zuversichtlich, dass das Taxi-Sharing in den kommenden Jahren ein Erfolgsmodell wird.“