Hamburg. Personen- und Halterabfragen, Fotos von Vermissten und Dateneingabe: Smartphone und iPads sollen das Notizbuch ersetzen.

Die Hamburger Polizei soll moderner werden: „MobiPol“ heißt ein neues System, das den Beamten mehr Zeit und den Hamburgern mehr Sicherheit bringen soll. Dahinter steht eine „Digitalisierungsoffensive“. Die ersten Streifenwagen sind jetzt mit iPads und Beamte mit Smartphones ausgerüstet worden. Dadurch sollen Fahndungen schneller und Arbeitsabläufe vereinfacht werden. Die Streifenwagenbesatzungen sollen nicht mehr so viel Zeit mit dem Schreiben von Berichten verbringen.

Hinter MobiPol verbirgt sich eine eigens für die Polizei entwickelte App. Mit ihr sollen Beamte bei Überprüfungen von Personen und Fahrzeugen Abfragen durchführen können. Droht Gefahr, beispielsweise, weil der Überprüfte als gewalttätig gilt, wird der Beamte durch eine unauffällige Vibration des Gerätes gewarnt. Bislang benutzen Polizisten für Abfragen ihren Funk und geben die Anfrage zur Wache durch. Dort wird die Anfrage in den Computer getippt und das Ergebnis per Funk durchgesagt.

Vorbild für die Digitalisierung der Polizei ist Estland

Mithilfe von MobiPol sollen Daten, die während des Einsatzes über ein iPad eingegeben werden, gleich vom poli­zeilichen Vorgangsverarbeitungssystem, kurz Comvor, erfasst werden. Bislang schreiben Polizisten Namen, Adressen oder andere Erkenntnisse per Hand in ein Merkbuch und müssen es später an der Wache in den Computer übertragen.

Auch Fotos, wie bei Vermisstenfahndungen, sollen über MobiPol direkt an die Einsatzkräfte geschickt werden. Bislang mussten diese zur Wache fahren, um in so einem Fall eine Kopie des Bildes zu bekommen.

Das Vorbild für die Digitalisierung der Polizei ist Estland: In diesem Jahr war Polizeipräsident Ralf Martin Meyer mit einer Delegation dort zu Besuch und sah sich die digitale Ausstattung und die Arbeitsweise der Polizei an. Einer der Teilnehmer war Polizeidirektor Robert Golz. Er soll das Projekt MobiPol für die Hamburger Polizei umsetzen. „Von dem, was wir dort gesehen haben, sind wir Lichtjahre entfernt“, sagt er. Die Polizei ist in Estland so vernetzt, dass die Streifenwagen die Dienststellen fast überhaupt nicht zwischendurch ansteuern. Hamburgs Polizei wird den Standard der estnischen Polizei in absehbarer Zeit nicht erreichen. Das, was Polizisten in dem baltischen Staat dürfen, ist in Deutschland wegen der hiesigen Auslegung des Datenschutzes undenkbar.

Vereinfachung des administrativen Teils der Polizeiarbeit

Der Datenschutz wird nicht nur im vereinten Europa deutlich unterschiedlich ausgelegt. Selbst innerhalb Deutschlands gibt es Unterschiede. In Hamburg setzte der Datenschutzbeauftragte einen besonders strengen Datenschutz durch.

Was möglich ist, ist eine Vereinfachung des administrativen Teils der Polizeiarbeit. Gerade davon verspricht sich die Polizeiführung viel, vor allem mehr Zeit für Präsenz auf der Straße.

Die App wird laufend weiterentwickelt. Stück für Stück können neue Funktionen eingefügt werden. Beispielsweise auch die Übermittlung von Bildern Überprüfter durch das Einwohnerzen­tralamt, um Identitäten eindeutig festzustellen. Schnelle Datenabfragen nützen nicht nur der Polizei. Auch Personen, die überprüft werden, haben die Prozedur dadurch schneller hinter sich.

Keine Vollausstattung für jeden einzelnen Beamten

Ein zweites Problem sind in Hamburg die Finanzen. Die App gehört der Polizei. So fallen zwar keine Lizenz­gebühren an. Trotzdem werden rund 600.000 Euro pro Jahr fällig, um sie weiterzuentwickeln und Anpassungen an neue Browser auf Endgeräten vorzunehmen. Den Betrag teilt sich Hamburg mit Baden-Württemberg. Beide Bundesländer arbeiten bei der Entwicklung von MobiPol zusammen. Noch höher sind die Kosten für den Netzbetrieb: 40 Euro werden pro Gerät und Monat veranschlagt. Der größte Teil geht an Dataport, den stadteigenen IT-Dienstleister.

Bei 4000 Polizisten, die als Nutzer infrage kommen, fielen dann gut 1,9 Millionen Euro jährlich an. Deshalb soll es auch keine Vollausstattung für jeden einzelnen Beamten geben und das System nicht gleich flächendeckend eingeführt werden. Dazu sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): „Das System ist genau richtig und sehr wichtig. Eine nicht flächendeckende Einführung wäre aber Flickenschusterei und ein Verlust für die innere Sicherheit.“