Hamburg. Nach technischem Defekt einer Alarmanlage soll ein Mieter 220 Euro an die Polizei zahlen. CDU: Stadt untergräbt Einbruchsbekämpfung.
Einbrecher bevorzugen die dunkle Jahreszeit für ihre Taten – und die Empfehlung der Polizei ist eindeutig: Türen und Fenster sichern, Alarmanlage scharf schalten, bei Verdacht die Nummer 110 anrufen. „Wir kommen lieber dreimal zu viel als einmal zu wenig“, sagte LKA-Chef Frank-Martin Heise im Abendblatt-Gespräch. Für den Alsterdorfer Ralf Lindenberg und andere Hamburger hinterlassen diese Worte jedoch einen bitteren Beigeschmack. Denn auch ein unverschuldeter Fehlalarm kann eine satte Rechnung nach sich ziehen.
„Ich bin der Aufforderung gefolgt und fühlte mich am Ende wie im falschen Film“, sagt Ralf Lindenberg (76). Zweimal ist der Unternehmer und FDP-Abgeordnete der Bezirksversammlung Nord in der Vergangenheit bereits Opfer von Einbrüchen geworden. Er sicherte seine Mietwohnung im Erdgeschoss mit einer Alarmanlage, die ihn 85 Euro im Monat Miete koste, sagte er. Und: „Da ist viel Grün an meinem Haus, und man weiß ja, dass man auch für Gelegenheitstäter interessant ist.“
Im März dieses Jahres ist Lindenberg im Urlaub, als der Betreiber eine technische Umstellung vornimmt. Nach Lindenbergs Rückkehr klingelt das Telefon, ein Polizist fragt Lindenberg, ob es ihm gut gehe. Kurze Zeit später sei ein Streifenwagen an seinem Haus vorgefahren. Ein klassischer Fehlalarm, an dem er keinen Anteil habe. Die Polizei schickt ihm jedoch eine Rechnung in Höhe von 220 Euro – der Standardsatz in diesen Fällen.
Verdachtsfall ist kostenlos, technische Panne nicht
Insgesamt brachten Fehlalarme der Stadt im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Millionen Euro ein; und in allen Fällen wird das Geld bislang den betroffenen Bewohnern, nicht den Herstellern oder Betreibern der Alarmanlagen in Rechnung gestellt. „Ich halte das für ein fatales Signal, da doch so oft und energisch zum Schutz vor Einbrechern aufgerufen wird“, sagt Ralf Lindenberg.
Polizeisprecherin Heike Uhde betonte auf Anfrage, dass die Gebühr nur für technische Fehlalarme gilt: „Es entstehen nie Kosten, wenn durch die Bevölkerung verdächtige Beobachtungen dem Polizeiruf 110 gemeldet werden.“ Deshalb wird weiterhin empfohlen, im Zweifel immer sofort die Beamten zu alarmieren.
Kostenlose Beratung
Grundsätzlich sieht das Gesetz aber auch Strafen vor, wenn fälschlicherweise ein Alarm ausgelöst wird. „Man muss berücksichtigen, dass die eingesetzten Streifenwagen für die Dauer jedes derartigen Einsatzes nicht für Echteinsätze zur Verfügung stehen“, sagt die Polizeisprecherin. Auch für die technische Ausstattung werden bereits Gebühren fällig: Will man, dass eine Alarmanlage direkt mit dem Polizeisystem verbunden wird, kostet das 45 Euro. Die Abnahme schlägt mit bis 28 bis 280 Euro zu Buche. Eine Beratung der Polizei zum Einbruchschutz und zur richtigen Ausrüstung ist aber kostenlos.
Streit um die Erstattung der Gebühren
Ralf Lindenberg reichte die Rechnung für den Fehlalarm an den Betreiber seiner Alarmanlage weiter – es folgte ein Streit um die Erstattung der Gebühren. „Die Höhe der Kosten ist in Hamburg besonders und unverhältnismäßig hoch“, kritisiert er. In Hessen werden 200 Euro pro Einsatz fällig, Niedersachsen stellte etwa einem Hildesheimer bei einem ausgelösten Alarm 125 Euro in Rechnung, obwohl dieser nicht einmal anwesend war. Bei der Polizei heißt es, ein exakter Vergleich mit anderen Bundesländern sei aufgrund der unterschiedlichen Gebührenregelungen nicht möglich: „Hamburg sticht jedoch keinesfalls mit der Fehlalarmgebührenhöhe heraus, sondern bewegt sich im selben Rahmen wie andere Bundesländer.“ Die Höhe orientiere sich „an den Personal- und Sachkosten“, werde mit dem Senat abgestimmt und regelmäßig von Verwaltungsgerichten überprüft.
Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen die regelhaften Gebühren für Fehlalarme im Jahr 2016 abgeschafft; zuvor war immer eine Verwaltungsgebühr von 110 Euro fällig. Man wolle die Bürger zum Selbstschutz ermutigen, hieß es zur Begründung – nur grob fahrlässige Fehlalarmierungen sind noch kostenpflichtig.
Gebühr ist "überholt"
Ein Teil der Opposition in der Bürgerschaft fordert, es in Hamburg ähnlich zu handhaben. „Wir sind gut beraten, die Folgen der Änderungen genau zu beobachten“, sagt der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft, Carl-Edgar Jarchow. Der CDU-Innenexperte Dennis Gladiator sieht die Gebühren als überholt an. „Während der Bund die Einrichtung von Alarmanlagen finanziell fördert, betreibt Hamburg das Gegenteil – und konterkariert die eigene Strategie zur Einbruchsbekämpfung“. Laut Polizei sind aktuell aber keine Änderungen geplant.