Hamburg. Fünf Monate nach Einführung hat die Schadstoffbelastung teils sogar zugenommen. Linke fordert neue Parlamentsdebatte.
Die Dieselfahrverbote auf der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße sind nach Ansicht der Linken wirkungslos. „Sie haben nichts gebracht“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch. Die Linke-Fraktion hat sich die Zahlen aus den vergangenen fünf Monaten vorgenommen und festgestellt, dass die Stickstoffdioxidbelastung der Luft seit Einführung der Fahrverbote Ende Mai „nicht abgenommen hat“.
Hackbusch fordert eine erneute parlamentarische Debatte: „Wenn das gewünschte Ergebnis mit den Fahrverboten nicht zu erzielen ist, muss man sich überlegen, welche Maßnahmen stattdessen ergriffen werden müssen“, so Hackbusch. Die Umweltbehörde streitet nach wie vor ab, dass die bislang vorliegenden Zahlen aussagekräftig sind. Sprecher Björn Marzahn: „Wir brauchen ein volles Jahr, wir müssen einmal alle vier Jahreszeiten durchlaufen, erst dann macht eine Bilanz Sinn.“ Im Juni 2019 soll sie gezogen werden.
So lange will Hackbusch nicht warten. Seiner Ansicht nach muss schon jetzt darüber diskutiert werden, wie die Luft sauberer werden kann. „Schließlich geht es um die Gesundheit der Bürger“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete.
Stresemannstraße schneidet jedoch besser ab
Fünf Monate sind seit Einführung der Fahrverbote verstrichen. Fünf Stickstoffdioxid-Werte, die die beiden Messcontainer an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße liefern, lassen sich nun also mit den Monatswerten von 2017 vergleichen – dem Jahr, in dem alle Autofahrer verbotsfrei die beiden Straßen passieren durften. Die Bilanz dieser fünf Monate ist durchwachsen. Auf der Max-Brauer-Allee war nur einer der fünf Werte besser als 2017, einer war identisch, drei waren schlechter als zu verbotslosen Zeiten. Die Stresemannstraße schneidet besser ab. In vier von fünf Monaten waren die Werte besser als im Vorjahr.
Das eigentliche Ziel der Fahrverbote – die Einhaltung des Grenzwertes von 40 Mikrogramm – wurde allerdings in beiden Straßen deutlich verfehlt. Nur in einem einzigen Fall gab es eine Unterschreitung des Wertes – nämlich im Juni an der Stresemannstraße (37 Mikrogramm). Die Überschreitungen waren teilweise recht deutlich. Das Maximum, 51 Mikrogramm, wurde im September an der Max-Brauer-Allee gemessen.
Auch ein Blick auf die anderen beiden Hamburger Stickstoffdioxid-Messstationen lohnt sich. Dort gibt es keine Fahrverbote, dennoch sind die Werte teilweise gesunken. An der Habichtstraße waren immerhin zwei der fünf Monatswerte besser als im Vorjahr, an der Kieler Straße ebenso. Im Juni wurde dort sogar der Grenzwert unterschritten (39 Mikrogramm) – ganz ohne Verbote für alte und schmutzige Dieselfahrzeuge. Ist es also egal, wer auf Hamburgs Straßen unterwegs ist?
"Lkw-Verkehr aus der Stadt heraushalten"
Hackbusch verneint dies. Er findet, dass man aus den verbesserten Werten für die Stresemannstraße ablesen kann, was zu tun ist: „Wir müssen den Lkw-Verkehr aus der Stadt heraushalten.“ Nach seinen Beobachtungen sind auf der Stresemannstraße derzeit deutlich weniger Fernlaster unterwegs. Grund: Die Fahrer, die sich zumeist vom Navi durch die Städte lotsen lassen, bekommen vom Gerät die Aufforderung, die Verbotsstrecke zu umfahren.
Hackbusch fordert nun, dass Hamburg ähnlich wie München ein Durchfahrverbot für Transit-Lkw verhängen müsse. Hackbusch: „Das würde zumindest verhindern, dass polnische Lkw auf dem Weg von Dänemark durch die Stadt fahren.“
HVV wird noch viele Jahre lang Dieselbusse einsetzen
Die Umweltbehörde ist der Ansicht, dass das Dieselfahrverbot als Einzelmaßnahme zu werten ist – und erst zusammen mit anderen Veränderungen seine Wirkung entfalten kann. Behördensprecher Björn Marzahn kann aus dem Stand eine lange Liste von Vorhaben aufzählen, die alle im Hamburger Luftreinhalteplan beschrieben werden, bisher aber nur teilweise umgesetzt sind. So hat Hamburg zwar damit begonnen, auch einige Elektrobusse zu kaufen, die im öffentlichen Personennahverkehr unterwegs sein werden. Allerdings wird der Hamburger Verkehrsverbund noch viele Jahre lang mehrheitlich Dieselbusse einsetzen.
Förderung des Radverkehrs, Neukauf von schadstoffarmen Pkw, Digitalisierung – all dies wird nach den Worten von Marzahn dazu beitragen, dass im Jahr 2020 die Stickstoffdioxidbelastung unter den Grenzwert fällt. Nur ist dies bislang lediglich eine Annahme. In vielen anderen Hamburger Straßen, in denen niemand die Werte misst, dürfte die Schadstoffbelastung noch viel höher sein. Das geht auch aus einem Bericht der Umweltbehörde hervor.
Die hatte ihre Modellrechnungen überprüfen wollen und deshalb im Juli 2011 für ein Jahr an 18 Straßen sogenannte Passivsammler aufgehängt – kleine Messgeräte. Das Ergebnis war unerfreulich.
Die Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid lagen nur an drei Straßen unter dem Grenzwert, an 15 Stellen wurde er überschritten. Besonders schlecht war die Luft auf der Straße An der Alster. Dort wurde (an der bebauten Seite) ein Mittelwert von 78,9 Mikrogramm gemessen. Die Klopstockstraße in Altona kam auf 65,7 Mikrogramm.