Hamburg. Hamburg ist erstmals vom sogenannten Usutu-Virus betroffen. Seit Anfang August wurden bereits 55 Verdachtsfälle gemeldet.
Sie wirken krank, apathisch, flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage: Das Vogelsterben durch das exotische Usutu-Virus betrifft in diesem Jahr erstmals Hamburg. Meistens sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird – deshalb wird die Usutu-Epidemie auch als „Amselsterben“ bezeichnet.
„Wir haben seit Anfang August bereits 55 telefonische Meldungen von Usutu-Verdachtsfällen in Hamburg erhalten“, sagt Marco Sommerfeld, Referent für Vogelschutz beim NABU Hamburg. „Ich gehe davon aus, dass der warme Sommer die Ausbreitung des ursprünglich exotischen Virus begünstigt hat.“ NABU und Tropenmediziner bitten die Bevölkerung, kranke oder verendete Tiere online zu melden und möglichst zur Untersuchung einzusenden.
In diesem Jahr ist vor allem der Norden betroffen
Zum ersten Mal trat dieses Vogelsterben im Jahr 2011 auf – seitdem breitet sich das besonders im Spätsommer von Stechmücken auf Vögel übertragene Usutu-Virus zunehmend über Deutschland aus.
Seltenes West-Nil-Virus bedroht Hamburg.
Nach Angaben des Nabu waren in den ersten Jahren nur Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen. Seit 2016 konnte eine Ausbreitung über Nordrhein-Westfalen nach Norden und in Richtung Bayern sowie ein separater Ausbruch im Raum Leipzig und Berlin festgestellt werden. „In diesem Jahr sind offensichtlich vor allem die Regionen um Nürnberg sowie zwischen Bremen und Hamburg erstmals betroffen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Nabu und Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg (BNITM).
Untersuchungen im Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
Offenbar verenden besonders viele Vögel, wenn das Virus erstmals in einer Region auftritt – so wie jetzt in Hamburg. Das konnten Ornithologen und Tropenmediziner seit 2011 beobachten. „In den Folgejahren sinken die Todeszahlen dann auf ein niedrigeres Niveau“, so die Experten des Nabu.
Um zu dokumentieren, wie drastisch sich der Virus ausgebreitet hat, ist es wichtig, möglichst viele Verdachtsfälle im Labor bestätigen zu können. Die Untersuchungen erfolgen im Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg sowie bei manchen veterinärmedizinischen Untersuchungsämtern.
Usutu-Infektionen können nicht verhindert werden
Nach Angaben des Nabu sind in diesem Jahr bereits mehr als 200 verendete Vögel aus ganz Deutschland beim BNITM eingesandt worden. Bisher wurden davon 132 Tiere untersucht. Das Ergebnis: Bei 33 Prozent der Vögel wurde das Usutu-Virus nachgewiesen. „Die höchste Aktivität ist dieses Jahr in Hamburg zu beobachten“, sagt Dr. Renke Lühken vom BNITM in Hamburg. „Hier konnten wir bei zwölf eingesandten Vögeln das Virus nachweisen.“ Nicht nur Amseln sind von dem tropischen Virus betroffen, das die Tiere während der Stechmückensaison von Mai bis September heimsucht. Auch andere Vogelarten können daran sterben.
„Leider kann man Usutu-Infektionen weder verhindern noch behandeln“, sagt Lars Lachmann, Vogelexperte vom NABU-Bundesverband. „Es bleibt lediglich die einmalige Chance zu nutzen, die Auswirkungen einer für Deutschland neuen Vogelkrankheit auf wildlebende Vogelarten zu dokumentieren und deren Folgen abzuschätzen.“ Ziel sei es, neuartige Gefährdungsursachen für Vogelarten mit anderen Bedrohungen wie Klimawandel und Lebensraumverlust vergleichen und beurteilen zu können.
Wer einen toten Vogel findet, sollte diesen nur mit Schutzhandschuhen oder einer umgestülpten Plastiktüte anfassen. Denn der Mensch kann durch das Usutu-Virus ebenfalls infiziert werden. „Aber wie bei den meisten durch Stechmücken übertragenen Viren kommt es nur sehr selten zu schweren Erkrankungen“, sagt Dr. Renke Lühken vom BNITM.