Hamburg. Nach Kanja ist auch Jungtier Anjuli gestorben. Tierpark bangt um seine Herde. Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

    „Sie hat gekämpft und am Ende doch verloren.“ Mit diesen Worten hat der Tierpark Hagenbeck am Mittwoch den schwersten Schlag in der Geschichte seiner Elefantenzucht bekannt gegeben. Nur eine Woche nach dem Jungbullen Kanja (2) ist Anjuli , das zweite Jungtier der Asiatischen Elefantenherde, an einem aggressiven Herpes-Virus gestorben. Anjuli wurde drei Jahre alt.

    Ein Team aus Tierärzten, Tierpflegern und externen Experten habe tagelang versucht, den Krankheitsverlauf zu stoppen, wie eine Sprecherin sagte. Vergebens. Die Elefantenherde habe nach dem Tod ihres Familienmitglieds Abschied genommen. Die Tiere hätten den Leichnam mit ihren Rüsseln abgetastet und beschnuppert. Der gesamte Tierpark trauere mit dem Elefantenhaus. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Todesvirus bei Hagenbeck.

    Welches Virus hat die Herde befallen?

    Das sogenannte Elefanten-Herpes-Virus mit der offiziellen Bezeichnung EEHV 1 (Elephant Endotheliotropic Herpes Virus). Es wurde 1995 erstmals in Washington D.C. beschrieben, nachdem dort ein junger Elefant tot zusammengebrochen war. Inzwischen sind acht Unterarten und diverse Subtypen klassifiziert.

    Warum ist Elefanten-Herpes gefährlich?

    Weil EEHV im Tier schlummert, bis es bei einem Ausbruch meist rasant tödlich verläuft. Es befällt Organe, die Elefanten verbluten, der Kreislauf bricht zusammen. Gefährdet sind vor allem Jungtiere bis zum Alter von acht Jahren.

    Wie kam das Virus in den Tierpark?

    Das ist die Frage, die der Tierpark noch nicht beantworten kann, „weil das Virus erst sicher im Blut nachweisbar ist, wenn die Krankheit ausgebrochen ist“. Möglicherweise trug ein Tier oder mehrere Elefanten der Herde das Virus bereits in sich. Eine andere Hypothese ist, dass es von einem neuen Elefanten in die Herde gebracht wurde.

    Wer überträgt Elefanten-Herpes?

    Die Ansteckung erfolgt von Elefant zu Elefant. Die Forschung geht davon aus, dass das Virus durch Körperflüssigkeiten als Tröpfcheninfektion übertragen wird.

    Welche Umstände lösen den zumeist tödlichen Krankheitsverlauf aus?

    Das ist noch ungeklärt. Die Wissenschaft vermutet, dass Stress oder eine Schwäche des Immunsystems den Ausbruch der Krankheit begünstigt.

    Wie viele Tiere sind betroffen?

    Bei Hagenbeck sei das Virus nach Bluttests bisher nur bei den beiden gestorbenen Jungtieren Kanja und Anjuli nachgewiesen worden. Dennoch können auch die verbliebenen acht Tiere der Herde Träger von EEHV sein. Derzeit gehe es aber allen, insbesondere dem am 5. Mai geborenen Baby, gut.

    Wie stehen die Heilungschancen?

    Schlecht. Seit 1995 sind 50 Erkrankungsfälle in nordamerikanischen und europäischen Zoos dokumentiert, nur neun Tiere haben überlebt. Eine Impfung gibt es nicht. Die akute Erkrankung kann nur mit Virostatika behandelt werden.

    Kommt das Virus nur in Zoos vor?

    Nein, es wurden auch Fälle bei frei lebenden Elefanten in Afrika und Asien dokumentiert. Afrikanische Elefanten scheinen weniger anfällig.

    Ist Hagenbeck das erste Mal betroffen?

    Laut Tierparkangaben: ja. Davor traf es zuletzt den Berliner Zoo im Jahr 2011 mit mehreren Todesfällen.

    Welche Auswirkungen hat das Virus auf Tierpark-Besucher?

    „Für die Besucher ändert sich nichts“, so der Tierpark. Am Mittwoch blieb das Elefantenhaus geschlossen. Wie künftig vorgegangen werde, sei noch ungeklärt.

    Wie geht es mit der Elefantenzucht in Hamburg weiter?

    Hagenbecks Bemühungen um eine selbsttragende Zoopopulation von bedrohten Asiatischen Elefanten innerhalb des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) gilt als eine der erfolgreichsten und naturnahesten. Harald Schmidt, europäischer Zuchtkoordinator in Rotterdam, sagte, die EEHV-Fälle hätten im Allgemeinen „keine Konsequenzen“ für das EEP. Laut der Elefantendatenbank waren seit 1907 genau 148 Elefanten im Tierpark kurzzeitiger Gast oder wurden dort gehalten. 21 Tiere wurden geboren, 19 Tiere starben bei Hagenbeck.