Hamburg. Hamburg hat das Baurecht für die Elbvertiefung bekommen. BUND überlegt, juristisch dagegen vorzugehen. Erste Reaktionen.

Als vor rund eineinhalb Jahren mit der „MOL Triumph“ das bisher größte Containerschiff den Hamburger Hafen anlief, war Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) gut vorbereitet. Zusammen mit verantwortlichen Managern von MOL hatte er eine Barkasse bestiegen, um dem Schiff entgegenzufahren. „Für den Hamburger Hafen bricht ein neues Zeitalter an“, sagte er.

Was er damals äußerte, gilt heute um so mehr. Denn dieses Riesenschiff die Elbe hinauf und in den Hafen zu bugsieren, hatte monatelange Vorplanungen erforderlich gemacht. Das soll jetzt deutlich einfacher werden: Nach 17 Jahren politischer Diskussion und dreizehn Jahren Planung, nach mehreren Gerichtsprozessen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg hat Hamburg endlich das Baurecht für die Elbvertiefung bekommen. Sie will mit den Maßnahmen sofort loslegen.

385 Meter breite Begegnungsbox bei Blankenese geplant

Die Planfeststellungsbehörden der Stadt und des Bundes haben am Donnerstag den dafür notwendigen Planergänzungsbeschluss erlassen. Die Fahrrinne der Elbe soll so ausgebaggert werden, dass Schiffe mit einem Tiefgang von 14,50 Metern bei Hochwasser und 13,50 Metern tideunabhängig, den Hamburger Hafen erreichen können. Dazu müssen 60 Prozent der Fahrrinne um bis zu 2,42 Meter vertieft werden. Gleichzeitig ist eine Verbreiterung um etwa 20 Meter vorgesehen, damit Schiffe mit eine Breite von bis zu 46 Metern gefahrlos aneinander vorbeifahren können. Außerdem soll bei Blankenese zusätzlich eine 385 Meter breite Begegnungsbox entstehen.

Gegen das Bauvorhaben, das mindestens eine halbe Milliarde Euro verschlingen wird, hatten die Umweltverbände, sowie weitere Institutionen und Privatpersonen geklagt. Mit dem Urteil vom 9. Februar 2017 hatte das Gericht die Elbvertiefung im Kern genehmigt, allerdings in drei umweltrechtlichen Punkten Nacharbeiten gefordert und solange einen Baustopp verhängt. Der Planergänzungsbeschluss hat nun diese Mängel aufgearbeitet.

"Planergänzungsbeschlüsse sind ein Meilenstein für die Elbvertiefung"

„Wir haben die Dinge repariert, die das Gericht beanstandet hat. Wir haben damit das Baurecht erhalten und werden in den kommenden Tagen mit den Vorarbeiten für die Fahrrinnenanpassung beginnen“, sagte Wirtschaftssenator Horch dem Abendblatt. „Damit machen wir einen erheblichen Schritt für die zukünftige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens.“

Ähnlich sieht es die Bundesregierung, die zwei Drittel der Baukosten tragen soll: „Die Planergänzungsbeschlüsse sind ein Meilenstein für die Elbvertiefung. Wir können sofort loslegen, weil wir gut vorbereitet sind“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, dem Abendblatt.

Rechtlich ist die Elbvertiefung immer noch nicht abgesichert

Die Hafenwirtschaft geht davon aus, dass jetzt unverzüglich mit den Realisierungsmaßnahmen begonnen wird. „Der vor Hamburg geplanten Begegnungsbox muss in der Bauablaufplanung oberste Priorität eingeräumt werden, sodass schnell erste Verbesserungen im Zu- und Ablauf zum Hamburger Hafen möglich sind“, erklärte der Unternehmensverband Hafen Hamburg. Dessen Präsident, Gunther Bon, sagte: „Bei aller Freude über den Ausbaubeginn darf aber nicht vergessen werden, dass dieses Projekt von den ersten Planungen bis zur endgültigen Realisierung mehr als 20 Jahre dauern wird.“

So sieht es auch der hafenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Joachim Seeler: „Endlich!“, sagte er. „Mit 18 Monaten Bauzeit wird der Genehmigungsprozess für dieses Vorhaben am Ende zehnmal so lange gedauert haben wie die eigentliche bauliche Umsetzung.“

Rechtlich ist die Elbvertiefung übrigens immer noch nicht abgesichert. Auch gegen den jüngsten Ergänzungsbeschluss kann geklagt werden. Und da Hamburg und der Bund sofort mit den Maßnahmen beginnen wollen, müsste schon ein Baustopp im Eilverfahren erzwungen werden. „Ich muss damit rechnen, dass die Umweltverbände wieder dagegen vorgehen“, sagte Wirtschaftssenator Horch. „Ich hoffe jedoch, dass die Verbände einsehen, was wir an ökologischen Verbesserungen mit diesem Verfahren erreichen. Das Gericht hatte nur einen ganz kleinen Teil des Planfeststellungsbeschlusses gerügt. Das haben wir repariert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Umweltverbände mit einer Klage im Eilverfahren Aussicht auf Erfolg haben.“

CDU: Rot-grüne Senat hafenfeindlichste der Nachkriegsgeschichte

Die Verbände selbst wollten sich am Donnerstag noch nicht äußern. Sie hatten bereits im Vorfeld die Planergänzungsunterlagen als unzureichend und fachlich ungeeignet bezeichnet. „Wir werden uns den Beschluss jetzt genau anschauen, fachlich prüfen und dann entscheiden, ob wir juristisch dagegen vorgehen“, sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bundes Umwelt und Naturschutz Deutschland in Hamburg (BUND). Die Klagefrist beträgt einen Monat.

Dass der BUND nicht Ruhe geben wird, davon ist zumindest die CDU überzeugt, die äußerst kritisch auf die neuesten Entwicklung reagierte. "Der rot-grüne Senat ist der hafenfeindlichste der Nachkriegsgeschichte", sagte Ralf Niedmers, Fachsprecher Hafenwirtschaft der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Die Elbvertiefung sei noch immer in weiter Ferne. "NABU und BUND arbeiten wahrscheinlich längst an der nächsten Klage", sagte der CDU-Politiker. Diese Dauerblockade habe die rot-grüne Bundesregierung 2002 durch das weitreichende Verbandsklagerecht erst möglich gemacht. Niedmers: "Da der Planfeststellungsbeschluss offensichtlich unbedingt heute erlassen werden musste, um von den katastrophalen Zahlen abzulenken, ist zu befürchten, dass hier wieder mit zu heißer Nadel gestrickt wurde. Wenn die Elbvertiefung weiter aufgehalten wird, wäre dies ein Desaster."

Auch die FDP betont, dass jeder Tag ohne Elbvertiefung den Hamburger Hafen weiter zurückwerfe. "Die aktuellen Zahlen offenbaren eine dramatische Entwicklung beim Umschlag: Der Hamburger Hafen schrumpft gegen den Trend der Nordrange-Häfen, weshalb der Senat auch über die Fahrrinnenanpassung hinaus weitere Wachstumsimpulse setzen muss", sagte der Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Michael Kruse. "Die Umweltverbände müssen auf eine erneute Anfechtung der Elbvertiefung verzichten, denn mit dem jetzt vorgelegten Ergänzungsbeschluss ist ein fairer Ausgleich zwischen Ökologie und Wirtschaft erreicht."