Hamburg. Hamburger Senat legt Entwurf für den Doppelhaushalt 2019/2020 vor. Die Ausgaben steigen im Schnitt um fast zehn Prozent.
„Sehr zufrieden“ sei die Gesundheitssenatorin gewesen, sagte Andreas Dressel (SPD). Und der Kultursenator? Auch den habe er „sehr zufrieden“ gesehen – ebenso übrigens die Stadtentwicklungssenatorin. Glaubt man den Ausführungen von Finanzsenator Dressel am Mittwoch im Rathaus, dann waren eigentlich alle seine Senatskollegen „sehr zufrieden“ nach drei Tagen Haushaltsberatungen.
Das war auch keine Überraschung, denn fast alle Behörden dürfen in den kommenden beiden Jahren mehr Geld ausgeben, viel mehr Geld. Eine Steigerung um 9,2 Prozent sieht der Entwurf des Doppelhaushalts 2019/2020 im ersten Jahr vor, weitere drei Prozent im zweiten Jahr. In Zahlen ausgedrückt: Von 14,2 Milliarden Euro (2018) steigen die Ausgaben auf 15,5 Milliarden im Jahr 2019 und auf fast 16 Milliarden im Jahr 2020 – vorausgesetzt, die Bürgerschaft stimmt dem Etat zu, was gegen Ende des Jahres der Fall sein soll.
Attraktivität der Stadt erhöhen
In diesem „Gesamtaufwand“ sind zwar auch Abschreibungen, Rückstellungen für Pensionen sowie Bundesmittel enthalten, die nur durchgereicht werden – die tatsächlichen Ausgaben der Stadt sind also etwas niedriger. Auch gibt es einige Behörden, deren Etat auf dem Papier schrumpft, was nach Senatsangaben aber nur technische Gründe habe – etwa weil die Finanzbehörde eine Abteilung an die Senatskanzlei abgibt oder die Krankenkassen bisherige Ausgaben der Gesundheitsbehörde übernehmen. Dennoch täuscht der Eindruck nicht: Der Senat passt seine Ausgaben in großen Schritten dem Wachstum der Stadt an – oder geht sogar darüber hinaus.
Hunderte Millionen Euro für Infrastruktur
„Das Wachstum an Einwohnern, Unternehmen und Arbeitsplätzen hat unsere Wirtschafts- und Finanzkraft deutlich verbessert“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). 100.000 neue Einwohner seit 2011 brächten halt auch mehr Steuern und mehr Aufgaben mit sich. „Wir nutzen die zusätzlichen Einnahmen, um mit dem Wachstum der Stadt auch ihre Attraktivität zu erhöhen und die Lebensqualität für alle Hamburgerinnen und Hamburger zu verbessern“, so Tschentscher.
Wissenschaft ein Schwerpunkt
Als Schwerpunkte des Etats nannte er die Bereiche Kita, Schule, Wissenschaft, Wohnungsbau, Verkehr, Infrastruktur, Sanierung und Lebensqualität. So würden die Ausgaben für die Kitas infolge des Platzausbaus und der Erhöhung der Personalschlüssel auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr ansteigen – eine mögliche Einigung mit der Volksinitiative „Mehr Hände für Hamburger Kitas“, die noch weitere Qualitätssteigerungen fordert, ist da noch gar nicht eingerechnet.
Ein sichtbarer Schwerpunkt des Senats ist auch der Bereich Wissenschaft: So sollen nach Jahren minimaler Erhöhungen nun auch die Budgets der Hochschulen „deutlich“ angehoben werden – wie hoch, bleibt allerdings noch offen. Außerdem sind große Investitionen in Hochschulgebäude und Forschungseinrichtungen geplant. Dieses Thema, so der Senat, sei „entscheidend für die Zukunftsfähigkeit einer modernen Stadtgesellschaft“.
„Vorsichtig und konservativ“
Doch auch für Polizei und Feuerwehr, Justiz, Umwelt, Krankenhausinvestitionen, Bezirke oder Kultur sind kräftige Steigerungen geplant. Dass durch das starke Ausschöpfen der finanziellen Möglichkeiten das Risiko steige, im Falle einer Konjunkturdelle doch wieder Schulden machen zu müssen, wiesen Tschentscher und Dressel zurück. Der Haushalt sei weiterhin „vorsichtig und konservativ“ veranschlagt, so der Finanzsenator. Es gebe „Vorsichtsabschläge“ von der Steuerschätzung – wenn auch geringer als früher –, die „Konjunkturposition“ (eine Art Rückstellung für schlechte Zeiten) wachse auf fast vier Milliarden Euro an, und Tilgung von Schulden sei auch vorgesehen – vor allem nach 2018, wenn die Belastungen aus dem HSH-Nordbank-Desaster verarbeitet sein werden.
Zudem betonte Dressel, dass durch hohe Ausgaben für Sanierungen und massive Investitionen auch die „graue Verschuldung“ zurückgehe. Diese entstehe, wenn man über Jahre „Immobilienmanagement à la DDR“ betreibe, also Gebäude, Straßen und Brücken verfallen lasse.
Kritik kam von der Opposition
„Die Stärkung der Investitionstätigkeit und der Blick auf das Erhaltensmanagement gehen in die richtige Richtung“, sagte SPD-Finanzexperte Jan Quast. „Sehr zufrieden“ mit dem Etat zeigte sich auch Farid Müller (Grüne): „Schuldenabbau, Investitionen in Bildung und sozialer Wohnungsbau stehen für eine generationengerechte Entwicklung der Stadt.“
Kritik kam von der Opposition: „Der Senat hat einen Schönwetter-Haushalt beschlossen“, sagte Thilo Kleibauer (CDU). Der finanzielle Rahmen werde komplett ausgeschöpft, und die Vorsichtsabschläge seien sehr gering: „Das ist keine nachhaltige Planung.“ Jennyfer Dutschke (FDP) sprach von einem „aufgeblähten Wahlkampfhaushalt“, in dem Mehrausgaben von 1,3 Milliarden Euro „nach dem Gießkannenprinzip“ verteilt würden. Zudem würden die Risiken erhöht.
Andrea Oelschläger (AfD) forderte höhere Investitionen in Straßenverkehr und Wohnungsbau und kritisierte, dass diese 2020 sinken, bevor sie danach wieder steigen sollen. Sabine Boeddinghaus (Linkspartei) sagte: „Es ist zwar ausdrücklich zu begrüßen, dass in nahezu alle sozialen Bereiche investiert werden soll.“ Die Investitionen in öffentlich geförderte Wohnungen seien aber „viel zu niedrig angesetzt“, außerdem müsse mehr in die Inklusion an Schulen investiert werden.