Hamburg. Zwischen Hauptbahnhof und HafenCity entsteht ein Zukunftslabor. In den nächsten Tagen geht’s mit dem Projekt schon los.

Hamburg bekommt ein spektakuläres Zukunfts­labor. In den kommenden Tagen beginnen am Stadtdeich die Bauarbeiten für den neuen digitalen Campus Hammerbrooklyn. Zwischen Hauptbahnhof und HafenCity wird zunächst der amerikanische Pavillon der Expo 2015 wieder aufgebaut. Er soll als „Digital Pavillon“ den Campus prägen und im ersten Quartal 2019 eröffnet werden. Als zweites Gebäude soll auf dem Areal an dem Elbradweg ein sogenanntes Solution Building in Holzstapelbauweise errichtet werden – es würde die Bruttogeschossfläche des Campus um 4000 auf dann 10.400 Quadratmeter erweitern. Im weiteren Verlauf könnten im hinteren Bereich zur Schleuse hin weitere Flächen erschlossen werden.

„Das ist ein inspirierender Ort“, sagt Mathias Müller-Using, Partner bei den Interpol Kreativstudios und Mit­begründer des Projekts. „In Hammerbrooklyn ist der Leitgedanke, etwas Neues zu entwickeln, auszuprobieren und zu lernen. Hier soll die Stadt der Zukunft erdacht werden. Das wird nichts Konventionelles.“ Müller-Using wird einer der Gründungspartner des Projekts mit dem etwas sperrigen Titel „Hammerbrooklyn Digital Campus“.

Übergreifender Ansatz

Das Besondere an dem Vorhaben ist sein übergreifender Ansatz – hier treffen Forschung und Entwicklung auf Mittelständler oder Start-ups und Behörden. Gemeinschaftlich soll die Stadt modernisiert und digitalisiert werden. In dem Konzept der „Smart City“ spielt „Smart Mobility“, also der Ressourcen schonende und effiziente Transport eine Hauptrolle. „Mobilität ist ein Treiber für Innovationen“, sagt Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hochbahn. „Gemeinsam mit anderen werden wir an der Mobilität der Zukunft arbeiten, um Hamburg zur anschaulichen Modellstadt für urbane Mobilität zu machen.“ Hammerbrooklyn wird auch Haltestelle der autonomen Teststrecken, die durch die HafenCity führen sollen. Erste Partner sind neben der Hochbahn Volkswagen, die Deutsche Bahn, Siemens und die Handelskammer.

Das Konzept ist bewusst offen gehalten. „Wir sind offen für weitere Projekte und Nutzer. Es gibt keine Exklusivität, im Gegenteil: In der Zusammenarbeit liegt die Kraft dieses Ortes“, sagt Müller-Using. So sollten noch weitere Autohersteller und Mobilitätsanbieter dazustoßen. Partner sollen sich aktiv einbringen. Dementsprechend mieten die Unternehmen sich nicht klassisch ein, sondern werden „Citizen“, sie zahlen einen festen Kostenbeitrag und können Hammerbrooklyn nutzen.

Leitartikel: Hamburg von morgen

Eine Schlüsselstellung nimmt in dem Vorhaben das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) ein. Die Denkfabrik soll die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft organisieren. „Das HWWI wird Teil des Thinktanks für die digitale Zukunft sein und die Projekte wissenschaftlichmethodisch begleiten“, sagt Henning Vöpel, Direktor des Instituts. Es könnte später in den modernen Holzstapelbau einziehen. Auch Zukunftsthemen wie Virtual und Augmented Reality, 3-D-Druck und die Veränderungen von Wertschöpfungsketten sollen an der Elbe weitergedacht und umgesetzt werden.

Urbane Landwirtschaft

Abgerundet wird das Konzept durch eine Digital Academy mit Lehr- und Veranstaltungsräumen. Um das Projekt für Passanten und Besucher zu öffnen, wird ein Restaurant auf das Dach des ehemaligen Pavillons ziehen. Auch die Gastronomie soll sich als Labor für Zukunft verstehen. Sogar urbane Landwirtschaft, der Anbau von Nahrungsmitteln in mehrstöckigen Gebäuden, könnte in Hammerbrooklyn Wirklichkeit werden.

Der Austausch zwischen den Partnern soll alle Beteiligten voranbringen. „In meiner Zeit als Vorstand eines Medienkonzerns habe ich erlebt, wie schwer es ist, die digitale Transformation in den Köpfen aller Mitarbeiter zu verankern“, sagt Torsten-Jörn Klein, Ex-Vorstand bei Gruner + Jahr und Gründungspartner des Hammerbrooklyn Digital Campus. „Als Investor in Start-ups wiederum sehe ich täglich, wie wichtig Coaching und Know-how-Transfer sind. Genau hier setzen wir an.“

So soll der „Hammerbrooklyn Digital Campus“ aussehen
So soll der „Hammerbrooklyn Digital Campus“ aussehen © Hammerbrooklyn

Finanziert wird das ehrgeizige Projekt von der Art-Invest Real Estate, einem großen deutschen Projektentwickler, der zugleich Gründungspartner ist. „Mit Hammerbrooklyn schaffen wir einen Ort, der zum internationalen Anziehungspunkt werden wird“, verspricht Johannes Lichtenthaler, Partner bei Art-Invest Real Estate. In den kommenden zehn Jahren könnten mehr als 150 Millionen Euro in das Areal am Großmarkt fließen. „Damit unterstützen wir die Unternehmen der Metropolregion Hamburg auf ihrem Weg in die digitale Zukunft.“ Das Großprojekt trifft auf viel Beifall in der Politik.

Wissenstransfer und Innovation

„Es freut mich, dass in Hamburg nun mit großem Engagement ein weiterer Standort entsteht, an dem interdisziplinäre Zusammenarbeit, Wissenstransfer und Innovation stattfinden“, sagt Wirtschafts­senator Frank Horch (parteilos). Und Falko Droßmann (SPD), Leiter des Bezirks Hamburg-Mitte, verspricht: „Der Bezirk wird die weiteren Entwicklungen auf dem Gelände aktiv begleiten, und ich freue mich schon auf die Fertigstellung im Jahr 2019.“

Müller-Using denkt bereits weiter: Der Expo-Pavillon soll zu einem Zen­trum werden, einem Rathaus eines Campus-Dorfes, das bis 2027 in zwei Phasen auf insgesamt mehr als 40.000 Quadratmeter Nutzfläche wachsen soll. Alle weiteren entstehenden Gebäude sollen als „Campus of Solutions“ neue innovative Impulse setzen. Diese zweite Phase würde nicht nur das Projekt in eine andere Dimension katapultieren, sondern auch den Stadtteil Hammerbrook weiterentwickeln. Hammerbrook würde sich dann wirklich in Hammerbrooklyn verwandeln.

Der amerikanische Pavillon der Expo 2015 in Mailand wird in Hammerbrook wieder aufgebaut. Er soll als „Digital Pavillon“ den neuen Campus prägen. Auf das Dach zieht ein Restaurant
Der amerikanische Pavillon der Expo 2015 in Mailand wird in Hammerbrook wieder aufgebaut. Er soll als „Digital Pavillon“ den neuen Campus prägen. Auf das Dach zieht ein Restaurant © Paul Warchol