Hamburg. Wegen der G-20-Ausschreitungen rechnet man nicht mit Krawallen. Ralf Martin Meyer: „Niemand hat ein Interesse daran.“

Die Hamburger Polizei rechnet mit einem friedlichen Start in den Mai. Sie geht nicht davon aus, dass es in Hamburg zu gewalttätigen Aktionen durch die linke Szene kommt. Der Grund seien, so kurios das klingt, die Ausschreitungen während des G-20-Gipfels im Schanzenviertel, auf St. Pauli und in Altona. „Sie haben auch in der Szene zu Diskussionen und Kritik geführt“, sagt Polizeipräsident Ralf Martin Meyer im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

Der 1. Mai wird nach Einschätzung des Polizeipräsidenten deshalb „ruhiger, als viele glauben. Ich gehe davon aus, dass niemand aus der Szene Interesse daran hat, dass es zu Ausschreitungen kommt.“ Sorge bereiten ihm mehr unpolitische „Krawalltouristen“. „Wir werden offensiv damit umgehen, indem wir gewaltbereiten Partygängern von Anfang an die Rote Karte zeigen. Es gibt die ganz klare Botschaft, dass keine Krawallparty abgeht.“

Wunden von G 20 sind noch da

Man werde alle Voraussetzungen treffen und sich entsprechend positionieren. „Ich glaube, das ist im Sinne aller Anwohner. Die Wunden von G 20 sind noch da. Es wird ein gemeinsames Interesse an der Präsenz der Polizei bestehen, um gegen Gewalt suchende Partygänger gewappnet zu sein“, sagt Meyer.

Aus der Szene kämen bereits die entsprechenden Signale. Die erste Demonstration, angemeldet von Halil Simsek vom Roten Aufbau Hamburg, soll vom Hauptbahnhof nach Wandsbek und damit erstmals nicht durch das Schanzenviertel führen. Auch das wird als klares Signal gewertet, dass niemand ein Interesse an einem gewalt¬tätigen 1. Mai hat.

Unabhängiger Sachverständiger

Der Zeitpunkt wäre zudem ungünstig. Denn bislang war die Rolle von linken Gruppen und Autonomen noch kein Thema im Sonderausschuss der Bürgerschaft, der die G-20-Vorfälle aufarbeitet. Meyer sieht zumindest Verantwortlichkeiten bei führenden Köpfen der Szene. Er wünscht sich einen unabhängigen Sachverständigen, der die Auslöser von Gewalt während des Gipfels analysiert.

Polizeipräsident
Ralf Martin
Meyer
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer © picture alliance

„Für mich ist die Frage auch, wer welchen Einfluss im Vorfeld und bei der Frage der Eskalation gehabt hat“, sagt der Polizeipräsident. „Ich denke da beispielsweise an den Rechtsanwalt Andreas Beuth, der durch seine Äußerungen aufgefallen ist, oder an das Organisationsteam der Demonstration „Welcome to Hell“. Dem war ja sehr wichtig, dass es bei G 20 den größten Schwarzen Block gibt, den es je bei Demonstrationen gegeben hat, und der ja bekanntlich keine Pfadfindergruppe ist.“

Aufarbeitung sei einseitig

Meyer kritisierte, dass es bei der Aufarbeitung der G-20-Krawalle einseitig zugeht: „Mal ganz ehrlich: Wir hatten bereits im Juli den ersten Ausschuss. Jetzt haben wir bald Mai und haben uns seitdem nur mit der Polizei und staatlichen Organisationen beschäftigt“, sagt er. Und weiter: „Noch nicht einmal ging es um die Steinewerfer, die Gewalttäter oder die Organisatoren, die im Umfeld tätig waren, die Camps organisiert oder sich mit Demo-Verboten beschäftigt haben.“

Der Ausschuss müsse sich endlich damit auseinandersetzen. „Nachdem man sich nunmehr ein Dreivierteljahr mit der polizeilichen Seite beschäftigt hat, wäre es gut, wenn man sich auch mal diesen Fragen widmet“, so Meyer, der glaubt, „dass die Messe noch nicht gelesen ist“. Den Sonderausschuss an sich stellt er nicht infrage. „Wir sind dem Parlament gegenüber verantwortlich. Das ist auch genau richtig, und so gehört es sich. Das gilt aber für alle Inhalte.“

Gewaltfixierte Klientel

Die Soko „Schwarzer Block“, die gezielt die Straftaten im Zusammenhang mit den G-20-Ausschreitungen ermittelt, sei bei diesen Fragen nicht unbedingt ausschlaggebend. Es gehe auch um strafrechtlich nicht relevantes Zutun. „Ich sehe da schon eine Verantwortung bei bestimmten Personen wie Andreas Beuth, was die Eskalation um den G-20-Gipfel angeht.“

Gerade die Zusammensetzung der Gipfelgegner habe die Situation problematisch gemacht, weil eine Klientel anreiste, die nach Erkenntnissen der Polizei „schlicht gewaltfixiert“ war.