Hamburg. Senat soll Millionen aus Sondermitteln des Bundes abrufen, um Sanierung zu finanzieren. Stadt streitet mit Erzbistum.
Lässt sich die drohende Schließung von acht katholischen Schulen in Hamburg noch abwenden? Die Politik müsste zumindest alle Möglichkeiten ausschöpfen, sagt die Hamburger CDU – und präsentiert einen „Rettungsplan“, den sie am Mittwoch in die Bürgerschaft einbringen will.
Ein zentraler Vorschlag: Hamburg soll auch für Schulen in freier Trägerschaft jene Sondermittel nutzen, mit denen der Bund die Kommunen bei der Sanierung von Schulen unterstützt. Bundesweit sind dafür 3,5 Milliarden Euro bis 2022 vorgesehen. „Für Hamburg stehen 61 Millionen Euro bereit“, sagt Rüdiger Kruse, Vorsitzender der Hamburger CDU-Landesgruppe im Bundestag. „Es wäre unbegreiflich, wenn acht katholische Schulen wegen vorhandener Sanierungsbedarfe geschlossen werden müssen, weil der rot-grüne Senat es versäumt oder nicht in der Lage ist, die Gelder abzurufen.“
Der CDU-Antrag sei „schlicht unnötig“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). „Selbstverständlich werden von den Hamburg zustehenden 61 Millionen Euro in angemessenem Umfang auch Fördermittel für die Schulen in privater Trägerschaft bereitgestellt.“ Die Schulbehörde arbeite schon daran.
Kann der Bund tatsächlich helfen?
Das Schulsanierungsprogramm ist im zweiten Kapitel des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes festgelegt. Dafür habe die Große Koalition im Sommer 2017 extra die Bund-Länder-Finanzbeziehungen verfassungsrechtlich neu geregelt, sagte Kruse.
Die meisten der betroffenen Schulen liegen in Stadtteilen, die der Senat für den Einsatz dieser Bundeshilfen zur Schulsanierung festgelegt habe, so Kruse weiter. „Der Senat muss jetzt endlich handeln und alle Möglichkeiten ausschöpfen.“
Aufgelistet sind die Stadtteile in einer Antwort des Senats vom 22. Dezember 2017 auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Birgit Stöver. Profitieren könnten demnach etwa St. Georg, wo nach den Plänen des Erzbistums die Domschule geschlossen werden soll, Barmbek-Nord, wo die Franz-von-Assisi-Schule betroffen ist, und Harburg, wo das Niels-Stensen-Gymnasium schließen soll.
Rabe: Zahlung an katholische Schulen deutlich erhöht
In dem Entwurf ihres Bürgerschaftsantrags macht die CDU-Fraktion allerdings noch weitere Vorschläge. Teil der Lösung könne es sein, bei den Zuwendungen an Privatschulen „auch laufende Gebäudekosten wie Abschreibung und Kapitalkosten zu berücksichtigen“ und zu prüfen, welche Personal- bzw. Schulverwaltungskosten übernommen werden könnten.
Gesetzlich festgelegt ist, dass Privatschulen in Hamburg für jeden Schüler 85 Prozent der Kosten erhalten, die die Stadt für einen Schüler in der entsprechenden staatlichen Schule aufwendet. In die Berechnung flössen allerdings nicht die Kosten der Schulverwaltung ein, kritisiert die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Hamburg (AGFS). Zudem seien die Ansätze für Pensionsrückstellungen zu niedrig. „Unter Berücksichtigung der Gebäudekosten und Versorgungsrückstellungen beträgt die Finanzhilfe nicht 85 Prozent, sondern etwa 65 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers“, heißt es von der AGFS.
Schulsenator Ties Rabe kommentiert den Antrag der Christdemokraten mit Blick auf den staatlichen Zuschuss so: „Hamburgs Privatschulfinanzierung ist sehr hoch und liegt in der Spitzengruppe aller Bundesländer“, sagte er. „In wichtigen Bereichen liegt Hamburg 30 Prozent über der Privatschulfinanzierung unserer Nachbarbundesländer.“ Von 2004 bis 2017 sei die Privatschulfinanzierung für die katholischen Schulen zudem auf Initiative der SPD um mehr als 60 Prozent erhöht worden, „dreimal mehr als von der Preissteigerung her nötig gewesen wäre“.
Der große Streit: Wer wurde wann worüber informiert?
Auch zu der Frage, wann die Schulbehörde von welchen Details der geplanten Schließungen wusste, schwelt der Streit weiter. Der Senat habe seine Hausaufgaben nicht gemacht, „sonst wäre es erst gar nicht so weit gekommen“, sagte André Trepoll, Chef der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Damit spielt er darauf an, dass Rabe im Abendblatt-Interview erklärt hatte, er sei erst drei Tage vor der Bekanntgabe der geplanten Schulschließungen am 19. Januar vom Erzbistum über das Vorhaben informiert worden.
Das Erzbistum teilte mit, Christopher Haep, Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Erzbistums, habe schon am 26. Juli 2017 Landesschulrat Torsten Altenburg-Hack „über mögliche Standortszenarien informiert“ und mit ihm „konkrete Einschnitte in den Bezirken Harburg und Altona erörtert“. Aus der Schulbehörde hieß es, in dem Gespräch sei es nur allgemein um die Schulentwicklung gegangen. Gegenüber dem NDR erklärte Generalvikar Ansgar Thim dann: „Richtig ist, dass die Schließung der acht Schulen kurz vorher geschehen ist.“ Damit meinte er die Unterrichtung der Schulbehörde. Diese wertet das als Richtigstellung. Das zeige, dass der Senat an der Suche nach Lösungen nicht beteiligt worden sei. Die „jetzt vom Erzbistum hergestellte Klarheit“ sei „eine gute Basis für zukünftige Gespräche“.
Von einer Richtigstellung könne keine Rede sein, vielmehr handele es sich um eine „Konkretisierung“, sagte Christoph Schommer, Sprecher des Erzbistums. Über die konkrete Entscheidung zu den acht Schulen sei die Behörde erst kurzfristig informiert worden. „Über Szenarien, die Schließungspläne für Standorte beinhalteten, ging es aber bereits im Juli 2017.“
Budni-Chef Wöhlke kritisiert Erzbistum
Unterdessen bezeichnete die Bewegung „Wir sind Kirche“ das Kommunikationsverhalten des Erzbistums als „äußerst problematisch“. Der Chef der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky, Cord Wöhlke, schrieb auf Facebook: „Unsere ganze Familie überlegt, aus der katholischen Kirche auszutreten, wenn die Kirche sich aus dem Bildungsbereich zurückziehen will.“