Hamburg. Im Internet formiert sich der Protest gegen die Pläne des Erzbistums. Neue Stabsabteilung eingerichtet.
13 weiße Kerzen für die Schulen, die bestehen bleiben, acht rote für die, die schließen sollen – die Symbole für den Protest gegen den Beschluss des Erzbistums, sich von unwirtschaftlichen Schulen zu trennen, stehen mittlerweile vor vielen katholischen Kirchen und Schulen.
Und täglich wird der Protest größer. Im Internet formiert und vernetzt sich die Elternschaft auf der Website „Rettet 21“, in einer gleichnamigen WhatsApp-Gruppe und auf einer Facebook-Seite der Gesamtelternvertretung. Dort sorgt unter anderem ein Artikel des Politikwissenschaftlers und Historikers Tomas Spahn für Aufsehen, der gleichzeitig Elternvertreter an einer katholischen Schule ist. Spahn wundert sich darüber, dass Erzbischof Stefan Heße, der 2015 sein Amt in Hamburg angetreten hat, das Bistum schnell als völlig überschuldet bezeichnet hatte. Dabei hatte die damalige Unternehmensberatung Solidaris das Vermögen des Bistums im Wirtschaftsbericht für 2015 mit mehr als 260 Millionen Euro angegeben. „Offensichtlich“, so Spahn, „verfügte die Bischofsverwaltung über Erkenntnisse, die den Experten von Solidaris nicht zugänglich gemacht wurden.“
Denn die Beratungsgesellschaft Ernst&Young, die zehn Mitarbeiter und weitere Experten auf die Suche schickte, sah das anders. „Der Umfang und die Komplexität der kirchlichen Aktivitäten in einem zunehmend schwierigen Umfeld (Säkularisierung, demographische Entwicklung, Niedrigzinsphase, hohe Pensionsansprüche) haben zu unerkannten Fehlentwicklungen geführt“, bescheinigte Ernst&Young dem Bistum vor Kurzem.
„Es geht hier doch nicht um eine Firma“
Was die katholischen Eltern erzürnt, beschreibt Heike Balde, deren Tochter Katharina auf die gefährdete Grundschule St. Sophien gehen soll, so: „Dass die Kirche sich durch Schulschließungen finanziell sanieren will, ist unchristlich. Es geht hier doch nicht um eine Firma, die an die Börse will, sondern um eine Glaubensgemeinschaft, die bislang für karitatives und barmherziges Handeln eingetreten ist.“ Das Verständnis von kirchlichem Auftrag lasse sich nicht wirtschaftlich abbilden, sagt auch eine Lehrerin von der Domschule St. Marien, einer Stadteilschule in St. Georg, die von Schülern aus ganz Hamburg besucht wird, „Es ist nicht nachvollziehbar, dass gerade eine Kirche diejenigen, die es am nötigsten haben, hinauswirft.“
Warum sich das Erzbistum nicht von Vermögen trennt, um die Schulen retten zu können (allein die Anlage der Wertpapiere wurde 2015 mit knapp 240 Millionen beziffert), begründet Erzbistums-Sprecher Manfred Nielen wie folgt: „Durch den Verkauf der Wertpapiere würde die Überschuldung des Erzbistums noch weiter steigen. Der Grundgedanke des wirtschaftlichen Erneuerungsprozesses ist aber, dass die Überschuldung abgebaut wird und Handlungsspielräume überhaupt erst wieder geschaffen werden.“
In einer Erklärung hat Generalvikar Ansgar Thim unterdessen darauf verwiesen, dass die Entscheidung, tiefgreifende Einschnitte im Katholischen Schulsystem vorzunehmen, auf „intensiven, äußerst differenzierten Analysen zur wirtschaftlichen Gesamtlage und zu jedem einzelnen Schulstandort“ basiere. Außerdem kündigte er Veränderungen innerhalb des Generalvikariats an, um der finanziellen Notlage entgegenzuwirken. Vom 1. Februar an soll eine neu gegründete Stabsabteilung die strategischen Entwicklungen im Finanzbereich zügig voranbringen. Externe Sachverständige sollen das Erzbistum dabei unterstützen. Zudem soll die Neuordnung von zentralen Bereichen für „noch mehr Effizienz innerhalb der Verwaltung“ sorgen.