Hamburg. 23 Prozent weniger Erkrankungen von Muskeln und Knochen. Nur ein Leiden tritt in Hamburg extrem häufiger auf als bundesweit.
Hamburger Arbeitnehmer sind deutlich seltener krank als die meisten anderen Deutschen. Nach neuen Zahlen der Barmer lag der Krankenstand im Jahr 2016 bei 4,45 Prozent, das heißt: Jeden Tag waren pro 1000 Beschäftigte 45 krankgeschrieben. Dieser Wert hat sich im Vergleich zu 2015 noch mal verbessert und liegt jetzt um acht Prozent unter dem Bundesschnitt.
So wurden in Hamburg 7,1 Prozent weniger Atemwegserkrankungen diagnostiziert als im Durchschnitt des Landes. Noch größer ist die Diskrepanz bei Beschwerden an Muskeln und Knochen – hier liegt Hamburg 23,2 Prozent unter dem Durchschnittswert. Lässt sich das schon aus der Tatsache ableiten, dass die Hamburger bundesweit gesehen die engagiertesten Besucher von Fitnessstudios sind?
Hamburger sind fitter und glücklicher...
Einen Zusammenhang sieht der Bergedorfer Orthopäde und Sportmediziner Dr. Matthias Soyka: „Hamburger sind laut Studien fitter und glücklicher, und die medizinische Versorgung ist besser als in anderen Bundesländern.“ Das führe dazu, dass Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems nicht chronisch werden. Früher seien Rückenerkrankungen ein häufiger Grund für Krankschreibungen gewesen. Dahinter habe man auch psychische Leiden versteckt.
Soyka sagte, dass man bei „Rücken“ heute eben keine Schonung empfehle, sondern gezielte Bewegung. Institutionen wie das Rückenzentrum am Michel hätten ebenfalls dafür gesorgt, dass die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage in diesem Bereich gesunken sei.
... aber Hamburger haben häufiger einen Burn-out
Allerdings bleibt Hamburg bei Krankheiten eine Metropole der Extreme. Jeder vierte krankgeschriebene Hamburger Arbeitnehmer leidet an Burn-out, Depressionen oder anderen seelischen Krankheiten – 21 Prozent häufiger als im Bund. Mit Burn-out fallen Arbeitnehmer relativ lange aus. Dabei warten sie selbst in der Psycho-Hochburg Hamburg oft monatelang auf eine Therapie. Die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie hält das für einen „Skandal, der weitgehend für die Öffentlichkeit verborgen bleibt“.
Nach einem neuen Gesetz bekommen Patienten zwar recht schnell einen Termin für eine Probesitzung. Dadurch verschwinden die Betroffenen kurzfristig von den Wartelisten – und verstehen nicht, dass diese „Erstbegutachtung“ noch keine Psychotherapie ist.
Auffällig an den Barmer-Zahlen: Wenn sich Patienten krank melden, tun sie das am häufigsten montags: 33 Prozent aller Meldungen. Ärzte sagen augenzwinkernd: Dann haben sie sich am Wochenende beim Sport verletzt – oder bei der Schwarzarbeit.