Hamburg. 250 Anhänger der linken Szene protestierten gegen die Durchsuchungen. Polizei mit zwei Hundertschaften im Einsatz.
Dort, wo es in den Nächten während des G20-Gipfels in Hamburg zu heftigen Ausschreitungen gekommen war, sind am Dienstagabend 250 Anhänger der linken Szene durch die Straßen gezogen. Die Demonstranten hatten sich spontan in der Sternschanze versammelt, um gegen die groß angelegte Razzia der Polizei im Zusammenhang mit den Ermittlungen um die Krawalle vom Juli zu protestieren.
"Roter Aufbau" hatte zur Demo aufgerufen
Der "Rote Aufbau Hamburg", der auch zu den Zielen der Polizeiaktion vom Morgen gehörte, hatte im Laufe des Tages zu der Versammlung aufgerufen – sie bei der Polizei jedoch zunächst nicht als solche angemeldet. Das hat ein Demonstrant vor Ort nachgeholt, dessen Wohnung die Polizei während der Razzia ebenfalls durchsucht hatte.
So konnte der Zug gegen 20.30 Uhr am Grünen Jäger starten und ist einmal durch das Viertel gezogen, das während der Krawalle am Rande des Gipfeltreffens im Juli schwere Zerstörungen gesehen hatte.
Leitartikel: Vertrauen zurückgewinnen
Beobachter sprechen vereinzelt von Pyrotechnik, die aus einem Wohnhaus abgefeuert worden sein soll. "Die Demonstration ist friedlich verlaufen", sagte aber ein Sprecher des polizeilichen Lagedienstes nach Ende des Aufzugs gegen 21.30 Uhr. Die Polizei hat die Demonstration mit mindestens zwei Hundertschaften begleitet, über die genaue Zahl der Einsatzkräfte wollte der Sprecher nichts sagen: "Aber wir waren vorbereitet."
Ermittler beschlagnahmen Datenträger
Mit der Razzia hatte die Sonderkommission "Schwarzer Block" der Hamburger Polizei am Dienstagmorgen zum Schlag gegen den militanten Kern der linksautonomen Szene ausgeholt, der zu den gewalttätigen Krawallen am Rande des G20-Gipfels aufgerufen haben soll. In Insgesamt acht Bundesländern haben Ermittler Wohnungen durchsucht und Beweismaterial wie Laptops und USB-Sticks beschlagnahmt.
Ein Mann, der eine Durchsuchung in Göttingen gestört habe, wurde nach Angaben der Polizei festgenommen. Insgesamt 25 Durchsuchungsbeschlüsse wurden umgesetzt, hatte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer in einer Pressekonferenz mitgeteilt.
Rote Flora wurde nicht durchsucht
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat die Razzia gegenüber dem NDR verteidigt. "Die Rechtsgrundlage für die Razzien in der linken Szene ist nicht fragwürdig, sondern Teil von Ermittlungsverfahren und mit Gerichtsbeschlüssen abgesichert", sagte der Senator und sprach von einer völlig normalen rechtsstaatlichen Maßnahme, die "man sogar durchführen muss, wenn man hier erfolgreich sein will."Zweifel an der Rechtmäßigkeit, wie von der Linksfraktion geäußert, wies er am Dienstagabend in der Sendung Treffpunkt Hamburg bei NDR 90,3 zurück.
Der Vorsitzende der Hamburger CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll, zeigt sich erstaunt darüber, dass die Polizei nicht auch das Kulturzentrum Rote Flora einbezogen hat. „Ich bin verwundert, dass die Rote Flora als Hotspot des Linksextremismus in Hamburg nicht durchsucht wurde“, sagte Trepoll der Deutschen Presse-Agentur. Schließlich habe auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das linksautonome Kulturzentrum im Schanzenviertel als „Dreh- und Angelpunkt für die G20-Krawalle“ ausgemacht.