Hamburg. Zahl der Einbrüche, Raube und Diebstähle teilweise auf niedrigstem Stand – Sonderkommissionen der Polizei erfolgreich.
Der Polizei war die Entwicklung wohl selbst nicht ganz geheuer. Nachdem sich abzeichnet, dass in diesem Jahr die Kriminalität deutlich zurückgehen wird, wurde ein möglicher Zusammenhang mit dem G20-Gipfel geprüft. Die These, dass die hohe Polizeipräsenz in den Wochen um den Gipfel Straftäter abgeschreckt haben könnte, bestätigte sich aber nicht. Hamburg ist ein bisschen sicherer geworden – vor allem bei den Delikten, die in großer Zahl die Bevölkerung treffen.
„Die Rückgänge dieser Kriminalitätsphänomene zeigen, dass wir die richtigen Schwerpunkte gesetzt haben“, sagt Polizeipräsident Ralf Martin Meyer selbstbewusst mit Blick auf die Delikte Einbruch, Fahrraddiebstahl und Taschendiebstahl. „Die Soko ,Castle‘, die Taskforce ,Taschendiebstahl‘ und die Arbeitsrate ,Fahrrad‘ zeigen erfreuliche Erfolge“, so Meyer auf Abendblatt-Anfrage. „Uns ist bei verschiedenen Phänomenen eine echte Trendwende gelungen.“ Man werde, sagte Meyer mit Blick auf die drei letzten Monate des Jahres, „intensiv daran arbeiten, diesen Trend auch im Endspurt zu halten.“
In die Hand dürfte der Polizei dabei spielen, dass gerade in diesen drei Bereichen professionelle, internationale Tätergruppen am Werk sind, die sehr genau die Gebiete auswählen, die sie für ihre Taten auswählen. „Solche Gruppen lassen sich auch abschrecken oder verdrängen“, sagt ein Beamter. Aber auch bei der Gewaltkriminalität sind beachtenswerte Rückgänge zu verzeichnen. Die Zahl der Körperverletzungen ging von 17.036 Taten in den ersten drei Quartalen 2016 auf 15.697 Taten in diesem Jahr zurück. Bei den gefährlichen Körperverletzungen wurde ein Rückgang von 469 Taten auf 3947 Fälle verzeichnet. Gab es in den ersten drei Quartalen 2016 noch 1773 Raubüberfälle in Hamburg, so waren es bis Ende September in diesem Jahr 1648 Taten. Bemerkenswert: Bei allen drei Deliktsarten ist dies der niedrigste Stand der vergangenen fünf Jahre.
Auch bei den Raubüberfällen ist ein echter Abwärtstrend zu verzeichnen. 2013 waren bis Ende September noch 2269 Taten gezählt worden – 621 Taten mehr als in diesem Jahr. Das ist ein Rückgang um fast ein Drittel.
Auch die Gewaltkriminalität geht zurück
Auf einem niedrigen Stand ist auch die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren. Gegen 11.640 Jugendliche und Heranwachsende wurde in diesem Jahr bislang wegen Straftaten ermittelt. 2013 und 2012 waren es im gleichen Zeitraum zwar weniger Tatverdächtige aus dieser Altersgruppe. Die Zahl der unter 21-Jährigen, gegen die wegen Gewaltdelikten ermittelt wird, ist aber auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre. Auch das könnte einen Rückgang der Gewaltkriminalität erklären.
Als besonders erfolgreich kann die Arbeit der Soko „Castle“ eingestuft werden. 2017 könnte in Hamburg die Zahl der Einbrüche so niedrig ausfallen wie in den letzten zehn Jahren nicht mehr. Bislang wurden in den ersten drei Quartalen des Jahres 4252 Taten gezählt. Den Höchststand gab es 2015, als bis Ende September 6408 Einbrüche angezeigt wurden. Dass bei der Einbruchskriminalität ein historischer Tiefststand in der Kriminalgeschichte zu verzeichnen sein wird, ist zwar nicht zu erwarten – 2006 wurden im gesamten Jahr 4733 Taten gezählt. Dennoch sind die hohen Rückgänge, jetzt absehbar im zweiten Jahr hintereinander, signifikant.
Weniger Autodiebstähle
Autobesitzer können ebenfalls etwas aufatmen. Die Zahl der Diebstähle an/aus Kfz, wie Autoaufbrüche oder der Diebstahl von Teilen wie Rückspiegel oder Reifen im Polizeijargon genannt werden, ging von 12.591 Fällen bis Ende September 2016 auf 11.414 Fälle im gleichen Zeitraum dieses Jahres zurück. Ein Grund dafür ist bislang nicht erkennbar. Die Zahl der Autoaufbrüche ist im Langzeitvergleich gesehen seit Jahren auf einem niedrigeren Stand. Allerdings haben sich die Täterstrukturen und die Schadenssummen deutlich verändert. War Autoaufbruch in Hamburg in den 1990er-Jahren, in denen bis zu über 60.000 solcher Taten registriert wurden, eine Form der Beschaffungskriminalität durch Drogensüchtige, die es auf Radios abgesehen hatten, wird der Autoaufbruch heute von professionellen Banden aus Osteuropa dominiert. Sie bauen gezielt hochwertige Teile wie Navigationssysteme, Airbags oder Lenkräder mit elektronischen Steuerungseinheiten aus.
Rückläufig ist auch der Diebstahl von ganzen Autos. 1543 Wagen wurden bis Ende September dieses Jahres in Hamburg gestohlen – 125 weniger als im Vorjahr. Auch hier gibt es einen jahrelangen Trend, an dessen Ende ein historischer Tiefststand der letzten 30 Jahre stehen dürfte. Hier könnten vor allem immer bessere Sicherungssysteme für Fahrzeuge und die neuerdings vermehrt eingebauten Ortungssysteme der Grund für den erneuten Rückgang sein.
„Arbeitslos“ wird die Polizei aber nicht. In anderen Bereichen gibt es Steigerungen. Beispielsweise beim „sonstigen Betrug“. Dahinter verbergen sich auch die Fälle, bei denen vorwiegend alte Menschen durch Betrüger via Telefon zur Übergabe von Geld bewegt werden sollen. Die Zahl der Taten ging von 5704 bis Ende September 2016 auf 6688 im Jahr 2017 hoch. Die Bekämpfung dürfte eine neue Herausforderung werden, da die Täter meistens im Ausland sitzen.