Hamburg. Viele Leser beklagen Unregelmäßigkeiten. Darum hat das Abendblatt getestet: Wie lange braucht die Zustellung in Hamburg?
Weil immer weniger Briefe verschickt werden, testet die Deutsche Post derzeit in einem Pilotprojekt eine eingeschränkte Zustellung (wir berichteten). Jedoch nicht in Hamburg. Hier werde die Post nach wie vor an sechs Wochentagen ausgeliefert, so ein Postsprecher. Dennoch beschweren sich viele Kunden über eine unregelmäßige und verzögerte Zustellung.
Abendblatt-Kollegen haben nun getestet, ob die Post ihr Ziel, 95 Prozent der Sendungen innerhalb Deutschlands schon am nächsten Werktag zuzustellen, einhalten kann – und haben Briefe an sich selbst geschickt. Eingeworfen wurden alle am Montagabend vor einer Woche in den Briefkasten am Rathaus, der am Dienstag geleert wurde.
Ein Brief kam gar nicht an
Von 47 Briefen kamen aber nur 39 am Mittwoch an (83 Prozent), sechs am Donnerstag und einer am Sonnabend. Ein Kollege hat seinen Brief noch gar nicht erhalten. Auffällig: Er wohnt in Ottensen – ebenso wie der Kollege, dessen Brief erst nach vier Tagen zugestellt wurde.
Der Abendblatt-Test ist nicht repräsentativ, doch er spiegelt wider, was viele Hamburger nervt: Bei der Zustellung der Post hapert es. Ralf Lindenberg aus Alsterdorf etwa moniert, dass er Briefe und Rechnungen nur noch etwa dreimal pro Woche erhält – und das oft mit deutlicher Verzögerung. Auf seine Briefwahlunterlagen wartet er bislang vergeblich – obwohl diese, so hat er mit dem Wahlamt des Bezirks Hamburg-Nord recherchiert, bereits am 2. September verschickt worden waren. „Die Post erfüllt ihr Dienstleistungsgebot nicht“, sagt der Inhaber eines kleinen Unternehmens für Metallwaren, der das als FDP-Bezirkspolitiker schon häufig kritisiert hat. Gerade vor einer Bundestagswahl sei es „gefährlich“, wenn Wahlunterlagen nicht pünktlich zugestellt würden.
Fehlende Wahlunterlagen
Tim R. aus Hoheluft-West hat bereits am 11. August 2017 an seinem früheren Wohnort in Thüringen seine Briefwahlunterlagen bestellt. Trotz Nachsendeauftrag hat er sie bis heute nicht erhalten. R. ist nicht der Einzige, der im Bezirk Eimsbüttel auf Wahlunterlagen wartet. Tatsächlich, so Landeswahlleiter Oliver Rudolf auf Abendblatt-Anfrage, würden in zwei Bezirken Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung von Wahlbenachrichtigungen geprüft. So gebe es 15 Beschwerden aus einer Straße im Bezirk Eimsbüttel sowie etliche aus der Hanseaten-Kaserne an der Stoltenstraße (Hamburg-Mitte).
Den Versicherungen der Post, Sendungen nicht nur werktäglich, sondern auch flächendeckend zuzustellen, widersprechen viele Abendblatt-Leser. Gerhard Sch. aus Alsterdorf teilt die Beobachtung von Ralf Lindenberg: „Ich stelle schon seit längerer Zeit fest, dass eine Zustellung höchstens dreimal in der Woche stattfindet“, schreibt er.
Auch Edeltraut B. beklagt, bei ihr im Kreis Pinneberg würden Briefe seit etwa zwei Jahren nur zwei- bis dreimal pro Woche zugestellt – und montags gar nicht. Das berichten auch andere: „Hier in Niendorf bekommen wir schon lange am Montag keine Post mehr“, schreibt Angelika H. Und Rüdiger H. aus Elstorf fragt: „Was ist mit wichtigen Nachrichten, termingebundenen amtlichen Schreiben und bestellten Eintrittskarten? Leistet unsere Deutsche Post dann Ersatz bei Verzug?“
Post räumt Fehler ein
Karin H. aus Bergstedt erhält an Montagen ebenfalls keine Post. Stattdessen, sagt sie, fände sie dienstags Briefe im Postkasten, die am Freitag abgestempelt wurden. Die Verzögerung könne berufliche Nachteile bringen. „Ich benötige die Briefzustellung zeitnah, da ich als Freiberuflerin eng mit dem Familiengericht zusammenarbeite und Kindeswohlgefährdungen zeitnah bearbeitet werden müssen“, sagt die Sozialpädagogin.
Die Post gibt zu, dass es „in Einzelfällen“ zu Fehlern bei der Zustellung kommen könne. „Störungen im Logistikablauf lassen sich nie völlig ausschließen“, sagt Sprecher Martin Grundler. Diese könnten etwa durch die Störung einer Sortiermaschine, krankheitsbedingte Ausfälle von Zustellern sowie eine fehlerhafte Adressierung oder Frankierung der Sendung verursacht werden. Auch die Ursache für das Ausbleiben von Wahlunterlagen sei nicht nur bei der Post zu suchen, sondern könne auch durch Fehler bei der Datenübermittlung an die Druckerei oder in der Druckerei selber entstehen.
Dass manchmal der Fehler aber doch im (Post-)System liegt, zeigt der Fall von Norman R. aus der Neustadt. Er hatte am 8. September ein Einschreiben mit Übergabe innerhalb Hamburgs aufgegeben: „Laut Post ist es bislang spurlos verschwunden.“ Eine „Laufzeit-Reklamation“ könne er aber erst am heutigen Montag stellen. Nach zehn Tagen!
Fakten zur Branche: Bis zu 4,5 Millionen Briefsendungen
In den Briefzentren in Altona und Harburg werden täglich bis zu 4,5 Millionen Briefsendungen bearbeitet.
Rund 1800 Zustellkräfte sind in Hamburg von Montag bis Sonnabend im Einsatz.
An mehr als 400 Standorten werden in Hamburg Postdienstleistungen angeboten: Die 32 Postbank- Finanzcenter bieten umfangreiche Post- und Postbank-Leistungen an. In den 170 Partnerfilialen gehören Produktberatung, Portoermittlung, Brief- und Paketannahme, Verkauf von Marken und Postprodukten zum Service. Die Mitarbeiter der 220 DHL-Paketshopsnehmen Päckchen und Pakete an und verkaufen Briefmarken