80.000 Zuschauer zum Auftakt der „No Filter“-Tour 2017. Warum die Rolling Stones noch immer für Sex, Drogen und Rock 'n' Roll stehen.

Hamburg, am 13. September 1965: Gegen Mittag landet am Flughafen in Fuhlsbüttel ein Jet, der fünf junge Musiker in die Stadt bringt. Für sie stehen am Nachmittag und am Abend zwei Auftritte in der Ernst-Merck-Halle auf dem Programm, vor jeweils rund 5000 Zuschauern. Eine Karte für die von der „Bravo“ präsentierten Konzerte kostet im Block Mitte zehn Mark, an der Seite rechts acht Mark. Schon am Flughafen werden die Rolling Stones von mehr als 2000 Fans gefeiert, bevor es kurz ins Hotel und dann auf die Bühne geht.

Am heutigen Sonnabend steht wieder ein Konzert der Rolling Stones in Hamburg an. Die mittlerweile nur noch vier Stones, die auf der Bühne von Begleitmusikern unterstützt werden, sind inzwischen alle in den 70ern – aber immer noch ein Besuchermagnet. Die Karten für das Konzert auf der großen Wiese im Stadtpark, auf der nach David Bowie (1987) und Pink Floyd (1989) schon seit Ewigkeiten keine Bands mehr auftreten durften, waren nach wenigen Stunden vergriffen, und das trotz Preisen zwischen 85 und 680 Euro.

Rolling Stones starten "No Filter"-Tournee in Hamburg

Da das Konzert in Hamburg der Auftakt der „No Filter“-Tournee ist, kamen die Stones nicht wie 1965 auf den letzten Drücker eingeflogen, sondern bereits am Dienstagabend in einem eigens mit dem Bandnamen und der berühmten herausgestreckten Zunge beklebten Boeing-Luxusjet vom Typ 767. Doch diesmal warteten am Airport kaum Fans, weil fast niemand wusste, wann Mick, Keith und Co. eintreffen würden. Und auch das Hotel ist diesmal ein anderes: das Park Hyatt in der Innenstadt, das es 1965 noch gar nicht gab.

Viele Hamburger kennen die Stones und ihre Lieder gut. Dennoch gibt es in der langen Geschichte der Band Fakten, Episoden und Anekdoten, die selbst eingefleischte Fans nicht (oder nicht mehr) auf dem Zettel haben. Das Hamburger Abendblatt zusammengestellt, was Sie vermutlich noch nicht über die Stones wussten.

Gefährlicher Streit

Bei einem Tourzwischenfall im Hotel ist Mick Jagger Anfang der 80er-Jahre vermutlich in Amsterdam beinahe aus dem Fenster gefallen. Er soll laut Keith Richards mitten in der Nacht bei Charlie Watts angerufen und gefragt haben, wo denn sein Drummer sei. Watts stand auf, rasierte sich, zog einen Anzug an, band die Krawatte und stürmte in Jaggers Zimmer. Dort schlug er sofort auf den Leadsänger ein mit den Worten „Sag nie wieder ,mein Drummer‘ zu mir. Du bist mein verdammter Sänger“. Nur Richards soll Jagger gehalten haben, sonst wäre dieser rücklings aus dem offenen Fenster gestürzt.

Neue Besetzung

Ron Wood, der seit 1974/1975 bei den Stones spielt, war mehrfach pleite und verdient erst seit 1990 überhaupt gleichberechtigt mit. Über Jahrzehnte war er finanziell gesehen kein richtiges Stones-Mitglied. Als nach dem Weggang von Bill Wyman 1993 Darryl Jones den Bass übernahm, sagte Wood: „Endlich bin ich nicht mehr der Neue.“

Lange Krankenakten

Wood ist mit 70 der Jüngste und der aktuell maladeste wegen seiner in diesem Jahr diagnostizierten und behandelten Lungenkrebserkrankung. Watts (76) hatte schon eine Krebsbehandlung, Jagger (74; hat wie alle praktisch jede verfügbare Droge ausprobiert) macht Yoga, Ballett, nimmt Gesangsunterricht, trinkt Wasser aus vorher nicht geöffneten Flaschen. Richards (73) hat alle denkbaren Junkie-Krankheiten hinter sich, soll sich zweimal das Blut ausgetauscht haben lassen (was er dementiert) und fiel zuletzt von einem Baum auf den Fidschi-Inseln – schwere Kopfverletzungen.

Künstlerische Ader

Für das Design vieler Stones-Bühnen der vergangenen Jahrzehnte sind Watts und Jagger mitverantwortlich. Watts hatte vor den Stones eine künstlerische Karriere als Zeichner angestrebt. Ron Wood hat sogar eigene Ausstellungen als Zeichner und Maler und hat beispielsweise das Cover von Eric Claptons Box „Crossroads“ gestaltet.

Schräge Töne

Die Stones arrangieren ihre Songs permanent um, ändern die Tonarten usw., damit es nicht langweilig wird; dadurch verspielen sie sich live auch häufiger. „Wenn wir uns verhauen“, sagt Mick Jagger, „folgt die eine Hälfte der Band mir, die andere Keith.“

Rolling Stones: Vor dem Mega-Konzert im Stadtpark

Zunge raus: Die Rolling Stones haben auf der Bühne für das Konzert im Hamburger Stadtpark bereits geprobt
Zunge raus: Die Rolling Stones haben auf der Bühne für das Konzert im Hamburger Stadtpark bereits geprobt © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
Vor dem Konzert der Rolling Stones auf der Festwiese des Stadtparks in Hamburg
Vor dem Konzert der Rolling Stones auf der Festwiese des Stadtparks in Hamburg © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
Für Direktor und Besitzer des Stones-Museums Ulrich
Für Direktor und Besitzer des Stones-Museums Ulrich "Ulli" Schröder ist die Eintrittskarte zu seinem ersten Stones-Konzert aus dem Jahr 1965 besonders wertvoll © dpa | Björn Vogt
Tokio 2014: Die Rolling Stones rocken Japan
Tokio 2014: Die Rolling Stones rocken Japan © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance /
Das Logo der Band ziert bereits die Bildschirmen auf der Bühne im Stadtpark
Das Logo der Band ziert bereits die Bildschirmen auf der Bühne im Stadtpark © dpa | Christophe Gateau
Charlie Watts (l-r), Ron Wood, Keith Richards und Mick Jagger 2016 in Santiago de Chile
Charlie Watts (l-r), Ron Wood, Keith Richards und Mick Jagger 2016 in Santiago de Chile © dpa
Blick auf das Gelände am Mittwoch
Blick auf das Gelände am Mittwoch © dpa | Christophe Gateau
Und 2017 geht es nach Hamburg – vier Tage vor dem Konzert im Stadtpark landete die Maschine in Fuhlsbüttel
Und 2017 geht es nach Hamburg – vier Tage vor dem Konzert im Stadtpark landete die Maschine in Fuhlsbüttel © Katrin Köster
So sah die Bühne für die Rocklegenden am Montag aus
So sah die Bühne für die Rocklegenden am Montag aus © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
...und so am Dienstag
...und so am Dienstag © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
...und so am Mittwoch
...und so am Mittwoch © Thorsten Ahlf
...und so am Donnerstag aus
...und so am Donnerstag aus © Thorsten Ahlf
Aufbau für das Rolling Stones Konzert: Die Bühne wurde neu für das Konzert konzipiert
Aufbau für das Rolling Stones Konzert: Die Bühne wurde neu für das Konzert konzipiert © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
Die Stones auf der vergangenen Europatournee in Roskilde
Die Stones auf der vergangenen Europatournee in Roskilde © picture alliance / PYMCA/Photosh | dpa Picture-Alliance / Gonzales Photo/Kim Matthai Lelan
Aufbau für das Rolling Stones Konzert auf der Festwiese des Stadtparks in Hamburg. Am Montag stürzte ein Arbeiter vom Gerüst
Aufbau für das Rolling Stones Konzert auf der Festwiese des Stadtparks in Hamburg. Am Montag stürzte ein Arbeiter vom Gerüst © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
Der Drohnenblick vom Sonntag: Aufbau für das Rolling Stones Konzert
Der Drohnenblick vom Sonntag: Aufbau für das Rolling Stones Konzert © www.http://ta-caps.com/Thorsten Ahlf
Die Rolling Stones im vergangenen Jahr auf Kuba
Die Rolling Stones im vergangenen Jahr auf Kuba © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Alejandro Ernesto
Rolling Stones: Hardcore-Fan Ulrich Schröder auf dem Planetarium
Rolling Stones: Hardcore-Fan Ulrich Schröder auf dem Planetarium © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Matthias Krause, Gesamteinsatzleiter der Polizei
Matthias Krause, Gesamteinsatzleiter der Polizei © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Polizeidirektor Matthias Krause, Christian Wiesmann (Leiter örtliche Abteilung FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH) und Harald Rösler (Leiter Bezirksamt Hamburg-Nord)
Polizeidirektor Matthias Krause, Christian Wiesmann (Leiter örtliche Abteilung FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH) und Harald Rösler (Leiter Bezirksamt Hamburg-Nord) © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Bühnenaufbau im Stadtpark
Bühnenaufbau im Stadtpark © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Arbeiter verlegen als ersten Schritt des Bühnenaufbaus am Fertigelemente einer Baustraße
Arbeiter verlegen als ersten Schritt des Bühnenaufbaus am Fertigelemente einer Baustraße © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Zeigt die Platten, die den Rasen schützen sollen: Bezirksamtlseiter Harald Rösler
Zeigt die Platten, die den Rasen schützen sollen: Bezirksamtlseiter Harald Rösler © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez
Essen hier Mick Jagger und Co.? Arbeiter bauen ein Zelt hinter der geplanten Bühne auf der Stadtparkwiese auf
Essen hier Mick Jagger und Co.? Arbeiter bauen ein Zelt hinter der geplanten Bühne auf der Stadtparkwiese auf © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Fast zehn Tage dauert der Bühnenaufbau für die Rolling Stones
Fast zehn Tage dauert der Bühnenaufbau für die Rolling Stones © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Gabelstapler und Transportfahrzeuge im Stadtpark
Gabelstapler und Transportfahrzeuge im Stadtpark © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Die ersten Platten für die Bühne
Die ersten Platten für die Bühne © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
Lkw mit Bau- und Bühnenmaterial auf den Straßen rund um den Stadtpark
Lkw mit Bau- und Bühnenmaterial auf den Straßen rund um den Stadtpark © picture alliance / Markus Scholz/picture alliance | Markus Scholz
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Der Taktgeber

Obwohl Richards musikalisch den Ton anzugeben scheint, hat sich in den vergangenen Jahren live herauskristallisiert, dass Chuck Leavell für einen Teil der Arrangements verantwortlich ist. Der Keyboarder, früher unter anderem bei den Allman Brothers, gibt oft die Einsätze vor und strukturiert die Songs teilweise neu.

Ein „echter Musiker“

Darryl Jones, der 1993 Ur-Stone Bill Wyman (heute 80) am Bass ersetzte, spielte sowohl bei Jazz-Legende Miles Davis als auch bei Madonna. Das nötigte Keith Richards gewaltigen Respekt ab. „Darryl ist ein echter Musiker, wenn Sie verstehen, was ich meine ...“

Ron Wood und Darryl Jones
Ron Wood und Darryl Jones © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Ferdinand Ostrop

Die anderen Saiten

Seit Ende der 60er-Jahre spielt Keith Richards meist mit einer offen G-gestimmten Gitarre. Er hat sich auch spezielle Fünfsaitige anfertigen lassen, variiert da und dort, aber offen G bleibt sein Markenzeichen. Das bedeutet, ohne dass irgendeine Saite gegriffen wird, ertönt beim Anschlagen ein G-Akkord. Dadurch klingt die Gitarre voll und speziell Stones­-mäßig, wenn man nur mit zwei Fingern D- und H-Saite dazunimmt. So lassen sich mit etwas Gefühl auch für Anfänger Songs wie „Brown Sugar“ und „Start Me Up“ schnell lernen. Allein, der Rhythmus sollte stimmen ...

Woher der Blues kommt

Durch die besondere Stimmung der Gitarren entsteht auch der typische Sound. Die tiefe E-Saite ist um einen Ton auf D heruntergestimmt und führt beim häufig eingesetzten offenen Anschlag zu einem bös-dunklen Ton, der schon für die US-Bluesmusiker der 30er charakteristisch ist. Er schwingt noch mit, wenn bereits die nächsten Töne erklingen.

Sehen statt hören

Musikologen wollen herausgefunden haben, dass Keith Richards um Mikrosekunden vor dem Takt von Schlagzeuger Charlie Watts spielt. Richards sagt, das sei Quatsch, weil er ohnehin kaum noch etwas hört und in Konzerten, wenn er kurz abgelenkt ist, auf die Bass Drum von Charlie Watts schaut, um den Anschlag des Fußpedals zu sehen und zu wissen, wo sie gerade sind.

Schicksalhafte Begegnung

Mick und Keith, die sich aus frühen Schultagen locker kannten, haben sich erst richtig 1961 in einem Londoner Vorortzug oder am Bahnhof Dartford kennengelernt. Jagger trug Platten von Muddy Waters und Chuck Berry unter dem Arm, was Richards faszinierte, der dieselbe Musik mochte, sich die Platten aber nicht leisten konnte. Kurze Zeit später musizierten sie erstmals gemeinsam und sangen ausschließlich Blues und Rock ihrer Vorbilder.

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Muddy Waters am Pinsel

In einem Interview berichtete Keith ­Richards über die erste Begegnung mit ihrem Idol Muddy Waters in den 60ern. Die Stones kamen in das Chicagoer ­Studio, dort stand Waters im Blaumann und strich die Wand neu. Der Manager des Bluesmusikers hatte immer be­hauptet, außerhalb von Chicago interessiere sich kein Mensch für dessen Musik – und einen erheblichen Teil der Einkünfte einbehalten. Jetzt standen ­Waters’ kommerziell erfolgreiche Epigonen vor ihm und konnten nicht fassen, dass ­Waters selbst zum Pinsel greifen musste.

Trommeln und Flöten

Vor den Konzerten kommen als letzte Musik vom Band oft Trommelrhythmen, die direkt in die Show und den Auftritt von Mick Jagger oder das erste Riff von Keith Richards übergehen. Sie klingeln ähnlich denen von „Sympathy for the Devil“ und sind eine Anlehnung an die marokkanischen Klänge und Töne der Wüstenvölker, von denen die Stones Mitte/Ende der 60er fasziniert ­waren. Deren Flötentöne sind auch in „Ruby Tuesday“ zu hören.

Was lief mit der First Lady Trudeau?

Ende der 70er soll die damalige First ­Lady Kanadas, die lebensfrohe Margaret Trudeau, eine Affäre mit Ronnie Wood gehabt haben. Er hat nur bestätigt, dass sie über längere Zeit im Umfeld der ­Stones mitgefeiert habe. Ob das der Grund war, dass Premier Pierre Tru­deau, Vater des heutigen Ministerpräsidenten Justin Trudeau, die Royal Canadian Mounted Police vor Keith Richards’ Hotelbett aufmarschieren ließ, um ihn wegen Drogenbesitzes zu verhaften?

Margaret Trudeau, damals First Lady Kanadas, Frau von Premier Pierre Trudeau und Mutter von Justin
Margaret Trudeau, damals First Lady Kanadas, Frau von Premier Pierre Trudeau und Mutter von Justin © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content

Jagger und Bruni

Von den Stones in den Élysée-Palast: Carla Bruni, Frau von Nicolas Sarkozy, hatte als Model Anfang der 90er eine ­Affäre mit Mick Jagger. Ausgeplaudert hat das Eric Clapton in seiner wegen der Drogenbeichten erschütternden Autobiografie. Eigentlich hatte er was mit Bruni, doch Jagger habe sie bei einem Konzert abgeschleppt. Clapton schreibt, er habe Jagger noch gebeten: „Mick, nicht sie ...“

Heimliches Date

Marianne Faithfull hatte Beziehungen zu Brian Jones, Mick Jagger und Keith Richards. Richards hat selbst enthüllt, dass er ein heimliches Date mit der Sängerin hatte, während Mick aus dem Haus war. Bei dessen überraschender Rückkehr sei er geflüchtet – ohne Socken. Gekümmert hat ihn das nicht. „Mick war kein Typ, der auf herumliegende Socken achtet.“

Bowie und die Ballade

„Angie“ ist eine Reverenz an David Bowies erste Frau Angela. Bowie und Jagger waren lange befreundet, und Anfang der 70er soll „Angie“ die beiden in einer kompromittierenden Situation „erwischt“ haben. Wahrscheinlich ist das nur Gerede. Die Ballade wurde zu einer der erfolgreichsten der Stones.

Machos durch und durch?

„Sweet Black Angel“ von 1972 enthält Anspielungen auf die amerikanische Bürgerrechtlerin Angela Davis. Sie wurde zu Unrecht verdächtigt, in ein Mordkomplott verwickelt zu sein. Dabei mussten sich die Stones mehrfach von Frauenrechtlerinnen anhören, sie seien die größten Machos der Musikgeschichte. Das Disko-Album „Black and Blue“ zeigte gefesselte, leicht bekleidete Frauen und kam 1976 mit dem Werbespruch heraus, „Ich bin grün und blau (geschlagen) von den Rolling Stones – und das ist es, was ich mag.“

Erst Vorprogramm, dann Stars

David Bowie, Prince, die Neville Brothers und viele andere haben es aus dem Vorprogramm der Rolling Stones selbst zu Weltkarrieren gebracht. Lynyrd Skynyrds Sänger Ronnie Van Zant soll nach dem Open Air von Knebworth 1976 vor Hunderttausenden Zuschauern sogar gesagt haben: „Wir haben ihnen die Show gestohlen.“ Er und andere Bandmitglieder starben 1977 bei einem Flugzeugabsturz.

Leben und sterben

Der Tod als ständiger Begleiter: Mehrere langjährige Mitstreiter sind längst tot, angefangen beim 1969 im Pool ertrunkenen Brian Jones (der kurz zuvor rausgeschmissen wurde). In über 50 Jahren Karriere starben Pianist Ian Stewart (1985; der sechste Stone seit 1963), Billy Preston (2006; der Einzige weltweit, der lange für Beatles und Stones Piano und Keyboard gespielt hat), Saxofonist Bobby Keys (2014) und viele Prominente aus dem Umfeld. Richards sagte mal nach dem Weggang des erschöpften und von Kokainsucht ausgezehrten Mick Taylor 1974: „Was soll das? Entweder, man wird bei uns rausgeschmissen oder rausgetragen.“ In den vergangenen Jahren ist der begnadete Sologitarrist Mick Taylor wieder mehrfach als Gast mit den Stones aufgetreten.

Tiefe Trauer

Keith Richards musste auf einer Tour in den 70ern nach dem plötzlichen Kindstod seines Sohnes Tara auf die Bühne. Als Jaggers langjährige Freundin L’Wren Scott sich 2014 in New York erhängte, verschoben die Stones einige Konzerte.

Ein Hit der Beatles

Immer für Überraschungen gut: Die Stones spielten in den 90ern mehrfach Bob Dylans „Like a Rolling Stone“ live, was eigentlich nichts mit der Band und dem von Muddy Waters inspirierten Bandnamen zu tun hat. Und völlig überraschend intonierten sie im vergangenen Jahr beim kalifornischen Desert Trip Festival „Come Together“ von den Beatles. Auch ihre zweite, halbwegs erfolgreiche Single 1963 war eine Lennon/McCartney-Komposition: „I Wanna Be Your Man“. In den ­80ern hatten die Stones „Twenty Flight Rock“ im Programm, einen Rock- ’n’-Roll-Klassiker, den die Beatles schon im Hamburger Star-Club spielten. Den wichtigsten Unterschied zwischen Beatles und Stones kommentierte Jagger bei einer Pressekonferenz in den vom Brit-Rock überrollten USA 1965 so: „Wir sind fünf, und die sind vier.“

Stones versus Beatles? Mick Jagger und Paul McCartney als Wandmalerei
Stones versus Beatles? Mick Jagger und Paul McCartney als Wandmalerei © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andy Rain

Freunde statt Rivalen

Die von den Managern ausgerufene Rivalität von Beatles und Stones in den ­60ern war rein virtuell. Nie haben sie sich gegenseitig kommerziell Konkurrenz gemacht, im Gegenteil waren sie befreundet. Drogen wurden oft gemeinsam konsumiert, sogar im Gesundheits-Trip ihrer Spätphase ähneln sich Jagger und McCartney heute extrem. Und doch kupferten die Stones die psychedelischen Sounds von „Sgt. Pepper“ auf „Their Satanic Majesties Request“ 1967 ab. Zuletzt nannte Keith Richards diese musikalische Phase der beiden Bands „großen Müll“.

Ein letztes Lied für Decca

Als die Stones sich 1970 von der Plattenfirma Decca lösen wollten, stellten sie fest, dass sie laut Knebelvertrag noch ein Lied abliefern mussten. Sie komponierten den „Cocksucker Blues“ (Schwanzlutscher), er wurde erwartungsgemäß nie offiziell veröffentlicht.

Rupert Murdoch und Ehefrau Jerry Hall, Ex von Mick Jagger
Rupert Murdoch und Ehefrau Jerry Hall, Ex von Mick Jagger © picture alliance/Joel Ryan

Wilde Texte und Symbole

1964 mussten die Stones bei einem Fernsehauftritt „Let’s Spend the Night Together“ umdichten in „Let’s Spend Some Time Together“. Der Ed Sullivan Show war der Text zu frivol. 1975 spielte Jagger auf der Bühne mit einem meterhohen, aufblasbaren Phallussymbol, in den ­90ern bei „Honky Tonk Women“ mit gigantischen Gummipuppen.

Jerry Hall und Rupert Murdoch

In den 60er-Jahren schrieben die Zeitungen des konservativen australischen Medienmoguls Rupert Murdoch gegen die unflätigen, anti-bürgerlichen Rolling Stones an. Heute ist er mit Mick Jaggers Ex-Frau Jerry Hall verheiratet.

Angelina Jolie spielte in einem Stones-Videoclip mit
Angelina Jolie spielte in einem Stones-Videoclip mit © picture alliance / United Archiv | dpa Picture-Alliance / United Archives/Impress

Angelina Jolie vor 20 Jahren

Im Video zu „Anybody Seen My Baby“ von 1997 spielte die damals weithin unbekannte Angelina Jolie eine Stripperin.

Geld, Geld, Geld

Die Stones sind dank ihrer Hits und der Millioneneinnahmen im dreistelligen Bereich aus ihren Tourneen seit 1989 (damals nach siebenjähriger Konzertpause) Dauergast in den Rankings der bestverdienenden Stars weltweit. Man kann nach Schätzungen und Ranglisten von „Forbes“ oder „Billboard Magazine“ davon ausgehen, dass jedes Konzert der letzten Auftritte 2014 rund acht Millionen Dollar nur an Ticketerlösen einspielte. Die besten Tickets werden heute für Hunderte Euro oder Dollar verkauft und schließen oft kleine Geschenkpakete ein.

Gewinn garantiert

Für die 2017er-Tour kann man über eine Internetplattform ein kurzes Treffen für 12.500 Dollar pro Fan (Mindestabnah­me zwei) bei ausgewählten Konzerten kaufen, in Hamburg noch nicht. Seit Jahren verlangt die Band Garantiesummen pro Konzert und überlässt den Veranstaltern das Risiko der Refinanzierung, wie es in der Branche heißt. Gleichzeitig verdienen Jagger und Co. Millionen mit Merchandising, vom omnipräsenten Zungen-T-Shirt über den Becher bis zur Jacke. Für die Deutsche Bank in Barcelona spielten die Stones 2007 ein vermutlich 90-minütiges Privatkonzert für kolportierte vier Millionen Dollar. Die Bank hat das nie bestätigt.

Werbung für Windows

Mehrere Millionen Dollar gab es für die Band 1995 von Bill Gates’ Microsoft. Die Firma kaufte „Start Me Up“ als Werbesong für Windows 95. Nie zuvor hatten die Stones ein Lied als Werbeunterstützung verkauft. Donald Trump verboten sie im Präsidentschaftswahlkampf 2016 die Nutzung ihrer Songs.

Hamburgs Bürgermeister Herbert Weichmann
Hamburgs Bürgermeister Herbert Weichmann © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / dpa

Abflug aus Hamburg

Dem Hamburger Bürgermeister Herbert Weichmann war beim ersten Stones-Konzert in der Stadt 1965 von einem ­Besuch abgeraten worden. Die damals üblichen Krawalle bestätigten diese Warnung. Doch als die Stones mit einer Maschine der Alitalia Fuhlsbüttel ver­ließen, saß Weichmann zufällig im selben Flieger, wie das Hamburger Abendblatt damals schrieb. Die Band in der Ersten Klasse, Weichmann in der Eco­nomy.