Hamburg. Die Betriebe können die Reparaturen durch die Ausschreitungen beim G20-Gipfel nur nach und nach abarbeiten.

Zu viert stemmen die Männer die zersplitterte Fensterscheibe aus dem Rahmen, hieven sie zum Abtransport hinüber zum Anhänger. Über die drei Quadratmeter große Glasfläche ziehen sich lange Risse, sie sind notdürftig verklebt. Das Sicherheitsglas aus der Haspa-Filiale an der Neuen Großen Bergstraße dient nur noch zum Recycling.

Die Glaser der Stellinger Firma Kuball beseitigen am Dienstag die letzten Spuren, die Randalierer mehr als sechs Wochen zuvor während des G20-Gipfels hinterlassen haben. Damals zogen die Krawallmacher marodierend durch Hamburgs Straßen, schlugen vor allem in Altona, Groß Flottbek und Eimsbüttel bei zahlreichen Geschäften, Banken und Privathäusern die Scheiben ein. Die Schäden können erst nach und nach repariert werden. Denn die Glaser haben seit den Ausschreitungen Anfang Juli viel zu tun.

Notfall-Hotline bei Glasbruch

Für viele Betriebe ist die Beseitigung der Schäden zeitaufwendig. Sie müssen die Reparaturen neben den regulären Aufträgen abarbeiten. Doch verzögern vielerorts auch die langen Lieferzeiten des Spezialglases die Reparatur. So auch bei Banken, bei denen die Schäden, wie berichtet, noch am deutlichsten sichtbar sind. „Viele Geschädigte haben Sicherheitsglas verbaut, das aufwendig zu produzieren ist“, sagt Karsten Sommer von der Glaserinnung Hamburg. Dabei sei mit Lieferzeiten von bis zu sechs Wochen zu rechnen. Handele es sich um Maßanfertigungen mit Extras wie beispielsweise Alarmdrähten oder Sonnenschutz, nehme die Herstellung noch mehr Zeit in Anspruch.

Erste Notfallmeldungen

Die Glaserei Kuball ist eine der Hamburger Firmen, die nach den G20-Ausschreitungen eine Reihe an Aufträgen erhielten. Unter anderem sorgte das Unternehmen an zahlreichen Gebäuden an der Elbchaussee und der Osterstraße für neue Fenster. Bereits am Donnerstag vor dem G20-Gipfel, als Vermummte nach der „Welcome to Hell“-Demo etwa 15 Geschäfte an der Osterstraße angegriffen hatten, habe seine Glaserei die ersten Notfallmeldungen erhalten, sagt Geschäftsführer Rainer Köppe.

In den darauffolgenden Tagen seien dann zahlreiche weitere hinzugekommen. „Es war eine unschöne Situation“, sagt Köppe. „Wir mussten viele Kunden vertrösten, dass wir nicht sofort kommen konnten, weil wir so viele Anfragen hatten“, so der Chef von 25 Mitarbeitern. Zwar habe die Glaserei für die Zeit rund um den Gipfel der Staats- und Regierungschefs Aufträge im Voraus eingeplant. „Aber mit dem tatsächlichen Ausmaß hatten wir nicht ansatzweise gerechnet“, sagt der gelernte Industriekaufmann.

Der Austausch der Scheiben der Haspa-Filiale in Altona ist einer der letzten Aufträge, die die Firma in Verbindung mit den Ausschreitungen noch abarbeitet. Mehr als 30 Fenster haben die Glaser hier zu ersetzen. Zwei ganze Tage dauert der Austausch. Zunächst muss die Außenverkleidung entfernt werden, bevor das beschädigte Glas herausgenommen werden kann. Mithilfe von Saughebern setzen die Glaser dann die neuen Scheiben in den Rahmen.

Durchbruchhemmende Scheiben

Auch diese Fenster bestehen aus Sicherheitsglas. Zwischen zwei Glasscheiben hemmt eine Folie aus Polyethylen den Durchwurf von Steinen. Die Kosten pro Scheibe liegen laut Köppe bei etwa 500 Euro. In anderen Fällen, wo die Scheiben sogar durchbruchhemmend, also auch vor Hammer- oder Axtschlägen geschützt sind, sei mit Quadratmeterpreisen ab etwa 1000 Euro zu rechnen. Hinzu kommen die Kosten für den Einbau.

Auch das Empire Riverside Hotel an der Bernhard-Nocht-Straße warte noch auf den Austausch einer Scheibe mit speziellem Sonnenschutz, die von Randalierern beschädigt wurde, sagt der Glaserei-Geschäftsführer. Das Spezialglas werde voraussichtlich bis Ende September ausgetauscht werden.

Noch immer repariert auch Marcel Vater-Engel mit seiner Firma, dem Glaszentrum Nord, die Schäden der Ausschreitungen. „Unser Hof steht voll mit neuen Scheiben“, sagt der Glasermeister. Er wurde sowohl von Privatleuten als auch von Unternehmen zur Elbchaussee, der Neuen Großen Bergstraße und der Max-Brauer-Allee gerufen. Am Altonaer Rathaus wurden 70 Scheiben beschädigt, die die Firma nun austauscht.

Auch neue Aufträge gingen bei Vater-Engel in Zusammenhang mit den G20-Krawallen noch ein. „Viele Betroffene mussten zunächst auf die Klärung der Kosten mit der Versicherung und der Stadt warten“, sagt der Chef des Neun-Mann-Betriebs. Die Kosten für zerstörte Scheiben reguliert in der Regel nur eine Glasbruchversicherung. Geschädigte der G20-Ausschreitungen können sich an einen Härtefallfonds von Stadt und Bund wenden. Glasermeister Vater-Engel geht davon aus, dass seine Aufträge in den nächsten Wochen abgearbeitet sind.