Hamburg. Bis Ende Juni schon 51 Prozent der Jahresschätzung erreicht. Doch die HSH Nordbank belastet das Ergebnis stark.

Die Steuereinnahmen sprudeln weiter kräftig und füllen die Kasse von Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). Zugleich steigen aber auch die Schulden des Stadtstaates an, und der Grund dafür hat einen Namen: HSH Nordbank.

Zunächst zum Erfreulichen aus Sicht des obersten Haushälters: Das Brutto-Steueraufkommen lag in den ersten sechs Monaten des Jahres bei 8,6 Milliarden Euro – das sind 51 Prozent des in der Steuerschätzung pro­gnostizierten Wertes. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres – von Januar bis Juni 2016 – betrugen die Steuereinnahmen 8,27 Milliarden Euro. Das waren sogar 52,6 Prozent des Solls, das sich aus der damaligen Steuerschätzung ergab.

Kommentar: Das Risiko heißt HSH Nordbank

Allerdings kommen bei Weitem nicht alle Einnahmen aus Steuern dem Hamburger Haushalt zugute. Beispiel Lohnsteuer: Die Hamburger Unternehmen überweisen ihren Lohnsteueranteil zunächst an die hiesigen Finanzämter. Veranlagt wird die Lohnsteuer aber am Wohnort des Arbeitnehmers, im Falle von Pendlern also in Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern.

In solchen Fällen wird die Lohnsteuer von Hamburg an die betreffenden Städte und Gemeinden überwiesen. Nach dieser „Zerlegung“ folgt in einem zweiten Schritt die Aufteilung des restlichen Steuerbetrages zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land. Hamburg behält davon nur 57,5 Prozent.

1,13 Milliarden Euro Einnahmen brutto

Im ersten Halbjahr 2017 beliefen sich die Brutto-Einnahmen aus der Lohnsteuer auf 4,456 Milliarden Euro. Das entspricht genau 50 Prozent des laut Steuerschätzung erwarteten Betrages. Im Vorjahreszeitraum betrugen die Einnahmen 4,29 Milliarden Euro oder 50,2 Prozent. Der zweitgrößte Posten entfällt auf die Einkommenssteuer. Hier fällt das Plus am deutlichsten aus: Die 1,13 Milliarden Euro Einnahmen brutto entsprechen 55,6 Prozent des Solls. Das Einkommenssteueraufkommen liegt absolut und prozentual deutlich über dem Zeitraum Januar bis Juni 2016 mit 972 Millionen Euro oder 50,4 Prozent.

Einnahmen aus Gewerbesteuer unverändert

Nahezu unverändert sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer: Nach 1,034 Milliarden Euro (52,2 Prozent des Solls) im ersten Halbjahr 2016 sind es nun 1,08 Milliarden Euro oder 50,4 Prozent. Die vierte große Einnahmequelle der Stadt ist die Körperschaftssteuer. Bis Ende Juni dieses Jahres nahm die Stadt 720 Millionen Euro ein – 53 Prozent des Jahressolls. Allerdings lief das erste Halbjahr 2016 noch besser: Damals beliefen sich die Einnahmen auf 753 Millionen Euro und erreichten damit schon 68,5 Prozent des Solls.

Prognose bis 2021

Die Halbjahreszahlen lassen sich nicht einfach auf das ganze Jahr hochrechnen. „Steuern fallen nicht linear von Monat zu Monat an, sondern über das Jahr verteilt unterschiedlich“, sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Dennoch: „Die Entwicklung der Steuereinnahmen ist auch in diesem Jahr aufgrund der anhaltend positiven konjunkturellen Entwicklung eher positiver als in der Steuerschätzung angenommen. Aber wir sind nicht euphorisch, denn noch ist das Geld nicht in der Tasche.“

Vielleicht ist das ein wenig tiefgestapelt: Im vergangenen Jahr fiel jedenfalls auch die Schlussabrechnung besser aus als prognostiziert. Bei den in Hamburg verbleibenden Steuern ergab sich ein Betrag von 10,85 Milliarden Euro – ein Plus von 360 Millionen Euro gegenüber der Steuerschätzung.

Höchste Steigerung bei Verschuldung

Mögen die höheren Steuereinnahmen den finanziellen Spielraum von Senat und Bürgerschaft auf den ersten Blick erhöhen, so bewirkt die Tendenz beim Schuldenstand das Gegenteil. Laut dem Statistischen Bundesamt hat Hamburg 2016 die höchste Steigerungsrate bei der Verschuldung unter allen 16 Ländern. Schlimmer noch: Insgesamt sind die öffentlichen Schulden im vergangenen Jahr um 0,7 Prozent gesunken, bezogen auf die Länder allein sogar um 1,3 Prozent.

„Fahnenstange noch lange nicht erreicht“

Hamburg verzeichnete dagegen ein Plus von 7,8 Prozent: von 28.866 auf 31,128 Milliarden Euro. Ähnlich hoch ist der Schuldenzuwachs nur in Schleswig-Holstein mit 6,1 Prozent, wo sich die öffentlichen Schulden Ende 2016 auf 29,337 Milliarden Euro beliefen. Dass die beiden Länder den mit Abstand höchsten Schuldenzuwachs aufweisen, ist aus Sicht des Statistischen Bundesamtes im Wesentlichen bedingt durch die Übertragung notleidender Altkredite der HSH Nordbank 2016 in die neu gegründete „HSH Portfoliomanagement“, eine Anstalt öffentlichen Rechts.

„Ich befürchte, dass das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Es wird sich bitter rächen, dass Hamburg und Schleswig-Holstein nicht 2015/16 die Notbremse gezogen und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz angewandt haben, als es noch die Gelegenheit dazu gab“, sagte der Linken-Haushaltspolitiker Norbert Hackbusch.