Hamburg. 250 Prozent Wertsteigerung: 2004 kostete sie 400.000 Euro, jetzt ist die Wohnung für 1,4 Millionen Euro auf dem Markt.
Wer verstehen will, wie verrückt der Hamburger Immobilienmarkt ist, muss diese Geschichte lesen. Sie handelt von einer Dachgeschosswohnung in einem schicken Haus, das um 1910 gebaut wurde und in einer Nebenstraße in Eppendorf steht. Der Stadtteil gehört schon lange zu den besseren Lagen in Hamburg. Trotzdem ist die Preisentwicklung, die die rund 125 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung in den vergangenen Jahren genommen hat, atemberaubend.
Dem Abendblatt liegen die Preise von drei Verkäufen vor. Der erste stammt aus dem Jahr 2004. Damals wechselte die Wohnung für heute unvorstellbar niedrige 400.000 Euro den Besitzer. Die neuen Eigentümer wohnten knapp sechs Jahre in der Immobilie, bevor sie beschlossen, sie 2010 für 470.000 Euro zu verkaufen – keine schlechte Wertsteigerung in so kurzer Zeit, zumindest aus damaliger Sicht.
Summe dreimal so hoch wie 2010
Doch knapp sieben Jahre später steht die Dachgeschosswohnung ein weiteres Mal zum Verkauf. Die Summe, die diesmal aufgerufen wird, ist dreimal so hoch wie 2010. Angeboten wird das Objekt für 1,4 Millionen Euro – das wären 250 Prozent mehr als 2004. Dazu kommen einmalige Nebenkosten für Makler und Courtage in Höhe von etwa 160.000 Euro. Soll heißen: Wer die Wohnung kaufen will, braucht insgesamt 1,56 Millionen Euro.
Man muss nicht erklären, dass das viel Geld ist. Trotzdem lohnt sich ein Vergleich: Vermieten könnte man die Wohnung für etwa 2400 Euro pro Monat (kalt). Mit dieser Miete hätte man das Geld für den Verkauf nach 54 Jahren wieder drin.
Immobilienexperten zeigen sich von dieser Preisentwicklung nicht ganz so überrascht. Die Entwicklung sei natürlich enorm, sagt Andreas Gnielka, Bereichsleiter Wohnimmobilien Bestand/Vermietung bei Grossmann & Berger. Es sei allerdings eine „Wohnung in einer Endetage“ in einem besonders nachgefragten Wohngebiet, sagte Gnielka. „Das ist keine Massenware.“ Axel-H. Wittlinger, Hamburger Chef des Immobilienverbands IVD, führt die Kaufpreissteigerungen auf die Aufwertung des Quartiers durch Zentralität und Urbanität zurück. Hinzu kämen die niedrigen Zinsen.
Preise für Immobilien verdoppelt
Um wie viel darf der Preis einer Wohnung in Hamburg innerhalb weniger Jahre steigen? Diese Frage beschäftigt angesichts der weiter anziehenden Immobilienpreise Wohnungssuchende seit Längeren. Jetzt dürfte das Thema durch den Fall einer Eppendorfer Wohnung aus der Gründerzeit befeuert werden, deren Preis sich innerhalb weniger Jahre fast verdreifachte.
Immobilienexperten sind hingegen nicht ganz so überrascht. Auch wenn dieses Beispiel heraussticht, so bestätigt es lediglich einen Trend der vergangenen Jahre: Die Immobilienpreise steigen und steigen. Zwischen 2004 und 2010 habe es bei Immobilienpreisen Stagnation und nur leichte Steigerungen gegeben, sagt Andreas Gnielka von Grossmann & Berger. „Erst nach der Finanzkrise 2008/2009 ist ein deutlicher Wertzuwachs zu erkennen.“ Seit dem Jahr 2010 hätten die Immobilienpreise einen „großen Sprung“ gemacht. „Bei Eigentumswohnungen können wir seitdem Steigerungen zwischen 40 und 50 Prozent beobachten.“
Hinzu komme, dass nach der Phase der Stagnation Immobilien in innerstädtischen Lagen „teilweise als unterbewertet galten“, sagt Gnielka. „Der Wertzuwachs ist daher in gewisser Hinsicht lediglich ein Aufholprozess.“
"Irgendwann wird sogar noch mehr für die Wohnung bezahlt"
Diesen „Prozess“ verdeutlicht eine Statistik, auf die Axel Wittlinger, Hamburgs Vorsitzender des Immobilienverbands IVD, verweist. Danach lag im Jahr 2009 in Eppendorf der mittlere Verkaufspreis für eine Wohnung in guter Lage bei 2345 Euro pro Quadratmeter. Bis zum Jahr 2016 sei dieser auf 4608 Euro pro Quadratmeter gestiegen – hat sich also fast verdoppelt. Ähnlich sieht die Entwicklung bei den Höchstpreisen aus, die für eine Wohnung in Eppendorf erlöst wurden: sie stiegen von 4667 (2009) auf 8844 (2016) Euro pro Quadratmeter. Bei der vom Abendblatt beschriebenen Wohnung beträgt der Quadratmeterpreis 11.200 Euro.
Neben der Aufwertung des Quartiers sind die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte und die niedrigen Zinsrefinanzierungskosten für die Entwicklung verantwortlich. „Zudem bringen die Jugendstilhäuser in der Regel gute energetische Grundvoraussetzungen mit“, sagt Wittlinger. „Die Nebenkosten sind in der Regel günstiger als bei Neubauten mit ihren vielen erforderlichen Wartungskosten für Klima- und Lüftungsanlagen.“ Zudem seien die Mieten im Quartier zuletzt ebenfalls zum Teil deutlich gestiegen.
Andreas Gnielka von Grossmann & Berger macht sich über die Werthaltigkeit der Investition jedenfalls wenig Sorgen. „Selbst wenn die Zinsen steigen sollten, dürfte die Wohnung so begehrt sein, dass der Preis eher stabil bleibt als zurückgeht.“ Der Immobilienexperte sieht die künftige wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs positiv. „Viele Indikatoren sprechen dafür, dass die Wirtschaft auch in den kommenden Jahren prosperieren wird.“ Hamburg bleibe damit für Arbeitnehmer ein interessanter Arbeitsmarkt. „Deshalb halte ich es sogar für möglich, dass irgendwann sogar noch mehr für die Wohnung bezahlt wird“, sagte Gnielka.