Hamburg. Bauern im Alten Land beklagen Ernteausfälle – die drohen auch bei Äpfeln. Welche Obstsorten im Moment besonders viel kosten.
Bei diesem Wetter ist nicht gut Kirschen essen: Ernteausfälle haben dafür gesorgt, dass die leckeren Früchte besonders teuer sind. Auch Erdbeeren und Heidelbeeren sind nur für relativ viel Geld zu bekommen. Experten gehen davon aus, dass auch die Apfelernte geringer ausfallen wird, was zu höheren Preisen führen könnte.
Carsten Bargmann, der Geschäftsführer des Hamburger Bauernverbands, kennt die Gründe für die Kirschen-Krise. „Wir hatten im Frühjahr starken Frost“, sagt er. „In Süddeutschland, Österreich und Polen ist Ernte verloren gegangen.“ Fachleute sprechen davon, dass dort bis 80 Prozent der Ernte vernichtet wurden. Im Grunde seien alle Betriebe betroffen gewesen, die keine Frostschutzberegnung hätten – also ein System, das Wasser auf die Bäume sprüht, das gefriert und so die Triebe schützt. „Im Alten Land sind die meisten Betriebe mit einer solchen Anlage ausgestattet, deshalb haben unsere Betriebe nicht so große Verluste gehabt. Dennoch sind Kirschen so teuer wie nie“, sagt Bargmann.
Erdbeeren waren Anfang Juli doppelt so teuer wie 2015
Auch die Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) am Hamburger Großmarkt kann bestätigen, dass Kirschen momentan ganz schön teuer sind. Am Montag wurden die Früchte dort zu Preisen zwischen fünf und sieben Euro pro Kilogramm gehandelt. Heidelbeeren kosteten zwischen 4,40 und 5,20 pro Kilo. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung veröffentlicht allwöchentlich einen Marktbericht mit Großmarktpreisen für Obst und Gemüse. Demnach waren deutsche Erdbeeren Anfang Juli mehr als doppelt so teuer wie zum selben Zeitpunkt im Jahr 2015.
Während die Erdbeersaison langsam zu Ende geht, hat die Kirsche im Alten Land noch Hochsaison. „Rund die Hälfte der Kirschen, die hier angebaut werden, sind Früchte der Sorte Regina, und für die beginnt jetzt die Haupterntezeit“, sagt Karsten Klopp, der Leiter der Obstbauversuchsanstalt in Jork. Für eine Erntebilanz ist es also noch zu früh. Nicht jedoch für eine Rückschau. Die Beregnungsanlagen, die dafür sorgen, dass die Kirschen Nachtfröste gut überstehen können, sind zwar hilfreich gewesen. Aber wenn die Temperaturen im April und Mai nicht stimmen, sind auch die einfallsreichen Obstbauern im Alten Land machtlos. „Es war in diesen beiden Monaten viel zu kühl“, sagt Klopp. „Deswegen hat es einen erheblichen Ertragseinbruch gegeben.“
Knubberkirschen gehen immer
Ertragseinbrüche, die zu höheren Preisen geführt haben. Für Bauernverband-Geschäftsführer Bargmann ist das ein klassischer Fall von Angebot und Nachfrage. Ein weiteres Phänomen, das damit häufig verbunden ist, haben die Obstbauern im Alten Land dennoch nicht zu fürchten. Manche Kunden verzichten einfach darauf, ein Produkt zu kaufen, wenn der Preis zu hoch ist. Bei Kirschen aus Europas größtem zusammenhängenden Obstanbaugebiet ist das nicht der Fall. „Das sind Knubberkirschen aus dem Alten Land“, sagt Karsten Klopp mit Überzeugung, „danach kommt erst mal lange gar nichts.“
Auch den Apfelbäumen sind die niedrigen Temperaturen im Frühling nicht gut bekommen. „Der Apfelanbau hat gelitten, auch dort wird mit Ertragseinbußen zu rechnen sein“, sagt Karsten Klopp. „Aber wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“ In Süddeutschland hätten die Fröste viel größeren Schaden angerichtet als hier.
Am Ende wird nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität wichtig sein. Klopp hofft, dass sie gut ausfällt. „Eigentlich haben wir jetzt ganz gutes Wetter mit gemäßigten Temperaturen“, sagt er. Im Herbst dürfe es ruhig viel Sonne geben, bei schön kalten Nächten. „Dann sehen wir weiter“, sagt der Obstexperte Klopp.
Ob die Apfelpreise steigen werden, lässt sich wohl erst im September erkennen. Klar, es wird in Europa weniger Äpfel geben. Aber wie sich das auf den Preis auswirkt, entscheiden die großen Lebensmitteldiscounter. Sie nehmen die großen Mengen ab, sie müssen die Frage klären, was sie dem Verbraucher zumuten können. Realistisch sind wohl Preise zwischen 1,99 Euro und 2,99 Euro pro Kilogramm.
Obsthöfe haben bereits drei schlechte Jahre hinter sich
Für die Obsthöfe an der Niederelbe wäre ein gutes Jahr wichtig. Denn sie haben bereits drei schlechte Jahre hinter sich. Genauer gesagt: ein sehr schlechtes und zwei nicht so gute. 2013 ging die Erntemenge in den Keller, 2014 waren die Preise im Keller, 2015 war die Qualität im Keller. „Wir brauchen jetzt mal wieder ein richtig gutes Jahr“, heißt es bei den Bauern.
Und wie sieht es auf dem Wochenmarkt aus? „Die Preise für Kirschen sind ähnlich wie im letzten Jahr, das Problem ist eher, dass es zu wenig Kirschen gibt“, sagt Dirk Piazza aus Rosengarten im Landkreis Harburg. An seinem Obststand auf dem Wochenmarkt am Schwabenplatz in Hammerbrook kosteten das Kilo Kirschen am Montag zwischen 4,80 Euro und 6,80 Euro. Den Grund für die fehlende Ernte sieht Piazza beim Wetter: „Es regnet einfach zu viel.“
Wer in diesen Tagen findet, dass mit den Kirschen nicht gut Kirschen essen ist, der hat Alternativen. „2017 ist ein hervorragendes Salatjahr“, sagt Carsten Bargmann vom Bauernverband.