Hamburg. Loki Schmidt rief einst das weltweite Netzwerk ins Leben. Die Stiftung feierte in Hamburg 30. Gründungstag.

In einem Kakteenwald inmitten Venezuelas machte Loki Schmidt plötzlich schlapp. Mit vereinten Kräften schleppten Gärtner und Wissenschaftler die Hamburgerin zum bereitstehenden Geländewagen. Wenig später stand sie wieder auf eigenen Beinen, griff nach einer Zigarette und setzte die Exkursion fort.

Was sich 1993 in Südamerika ereignet hatte, sorgte beim Jubiläumstreffen des von Loki Schmidt vor genau drei Jahrzehnten initiierten Internationalen Gärtneraustauschs für Heiterkeit und schöne Erinnerungen. Ebenso wie der Brief, den Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt im Anschluss an seine Bonner Ära an Staatsmann Schimon Peres nach Israel schrieb. Damit unterstützte er die Bemühungen seiner Ehefrau, seltene Gewächshauspflanzen aus dem Botanischen Garten in Klein Flottbek nach Jerusalem zu exportieren. Beziehungen sind alles.

Großes Netzwerk

Als die Idee des grünen Netzwerks entstand, hatte Loki Schmidt nicht die Direktoren botanischer Gärten, sondern die handfest arbeitenden Menschen an der Basis im Blickpunkt. Auch nach ihrem Tod im Oktober 2010 blüht und gedeiht der mittlerweile als gemeinnützige Stiftung wirkende Gärtneraustausch.

Beim Fachgespräch im Privathaus der Schmidts am Neubergerweg in Langenhorn, mit Blick auf den von der ehemaligen Kanzlergattin angelegten Garten mit ihren geliebten Kamelien und einer prachtvollen Türkenbundlilie, saßen nicht nur der Vorstand dieser Stiftung, sondern auch die Direktorin des Botanischen Gartens München-Nymphenburg sowie ein Fachmann aus Dresden am Wohnzimmertisch. Mit Bernd Lohse und Volker Struß waren zwei Gärtner aus Flottbek gekommen, die Loki Schmidt früher auf Forschungsreisen begleiteten. Dass die Pflanzenfreundin ihren Mitstreitern und Seelenverwandten das Du angeboten hatte, entsprach ihrem Naturell.

Hans-Helmut
Poppendieck, Bernd
Lohse und Volker Struß in Lokis Garten
im Neubergerweg (v. l.)
Hans-Helmut Poppendieck, Bernd Lohse und Volker Struß in Lokis Garten im Neubergerweg (v. l.) © HA | Andreas Laible

Die Wurzeln der schon länger keimenden Idee breiteten sich von 1987 an aus. Am Anfang stand ein Austausch mit dem Garten in Jerusalem. Ein Segen, dass Hannelore und Helmut Schmidt auch nach der Kanzlerschaft über exzellente Kontakte verfügten. Parteifreund Hans Eichel, vor seiner Zeit als Finanzminister Bürgermeister in Kassel, organisierte Gewächshauspflanzen aus seiner Stadtgärtnerei.

Damit flog der Hamburger Gärtner Peter Eggers nach Israel. Helmut Schmidts Schreiben an den späteren Friedensnobelpreisträger Schimon Peres ebnete den Weg für die Pflanzen. Der Zoll hatte sie partout nicht durchlassen wollen. „Aus den Beziehungen der botanischen Gärten in Jerusalem und Hamburg hat sich eine intensive Freundschaft entwickelt“, sagt Struß.

Freundschaftliche Verbindungen

Solche freundschaftlichen Verbindungen bestehen aktuell zu 40 Gärten im In- und Ausland. „Rückblickend faszinieren uns die Energie und Zielstrebigkeit, mit der Loki damals zu Werke ging“, ergänzt Hans-Helmut Poppendieck, Vorsitzender des Internationalen Gärtneraustauschs. Eine wichtige Zielgruppe sind Junggärtner – Loki Schmidts ideellem Vermächtnis entsprechend.

Kein Wunder, dass es eine Menge Themen gibt beim Geburtstags-Fachgespräch im Hause Schmidt. Es geht um 571 Wildbienen-Arten hierzulande, um Bibelpflanzen, Kandelaberkakteen oder Samen von afrikanischen Wildwassermelonen. Hannelore Schmidt wäre begeistert gewesen. Ohnehin ist sie nach wie vor präsent: Ganz bewusst blieb nach dem Tod des Ehepaars in den Räumen alles unverändert. Alles. Beispiele sind die von Loki Schmidt gesammelten Kunstgegenstände in der Glasvitrine, der alte Perserteppich, Skulpturen oder die Ölgemälde mit Szenen aus dem Hamburger Hafen. Und ihren Kaffee trinken die Gäste aus Porzellantassen mit Motiven von Lokis Lieblingspflanzen.

„Loki Schmidt gab dem Naturschutz früher ein junges, frisches Gesicht“, sagt Poppendieck. „Sie hat generell den internationalen Austausch für Ausbildungsberufe angestoßen“, ergänzt Stefan Herms, geschäftsführender Vorstand der Helmut und Loki Schmidt-Stiftung. „Diese gelebte Internationalität ist sehr hamburgisch.“

Derweil die Gäste zum Jubiläumsfest im Restaurant Wattkorn in der Nachbarschaft aufbrechen, holt Bernd Lohse zwei Fotoalben mit Erinnerungsstücken hervor. Es sind Bilder einer Exkursion, die ihn als 36 Jahre alten Gärtner 1993 an der Seite Loki Schmidts nach Venezuela führte.

Loki Schmidt auf einem Inselberg bei
Puerto Ayacucho am Orinoko in Venezuela
(1993)
Loki Schmidt auf einem Inselberg bei Puerto Ayacucho am Orinoko in Venezuela (1993) © Stiftung Internationaler Gärtneraustausch

Ihre Reisen zahlte sie grundsätzlich privat. Auf dem Programm standen Forschungen im Nebelwald, im tropischen Hochgebirge, in Salzlagunen sowie auf Inselbergen aus Granit. Zu sehen ist Frau Schmidt in einer Sumpflandschaft mit kopfhohen Pflanzen, im Kakteenwald bei Mérida und mit Tropenhut am Orinoko bei Ayacucho. Und sogar in 3500 Metern Höhe paffte Loki Schmidt genüsslich Zigaretten. Marke Auslese de Luxe.