Hamburg. Der Fleischgroßmarkt liegt in der Sicherheitszone an der Messe. Die Auslieferung von Kita-Essen verzögert sich wohl.

Die Sicherheitsvorkehrungen rund um den G20-Gipfel werden Auswirkungen auf die Versorgung von Kindertagesstätten und Schulen mit Mittagessen haben. Rund 5500 Portionen würden täglich vom Gelände des Fleischgroßmarkts in unmittelbarer Nähe des Tagungsorts in den Messehallen ausgeliefert, sagte Frank R. Seitz, Geschäftsführer der Fleischgroßmarkt Hamburg GmbH, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

Das Problem: Zum einen wird vom Mittwoch, 6. Juli, bis Sonnabend, 9. Juli, mitten durch das Großmarktgelände ein Sicherheitszaun gezogen, da die Behörden die Hälfte des Betriebsgeländes der Sicherheitszone 2 zugeschlagen haben. „Jedes Fahrzeug, das auf die betroffene Betriebsfläche fahren oder es verlassen will, wird kontrolliert werden“, sagt Seitz. Unklar sei jedoch, wie lange diese Prüfung dauere und in welchem Umfang sie umgesetzt werde.

G20-Gipfel kurz erklärt:

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    Zum anderen fürchtet Seitz, die Fahrzeuge, die das Essen auslieferten, könnten den eng getakteten Zeitplan nicht einhalten, wenn in der Innenstadt Straßen gesperrt würden, weil Demonstrationen oder Fahrzeugkolonnen der Gipfelteilnehmer unterwegs seien. „Es nutzt den Kita-Kindern ja nichts, wenn ihr Mittagessen erst am späten Nachmittag eintrifft.“

    Um die schwierige Situation zu verdeutlichen, hat Seitz eine Karte auf seinem Schreibtisch ausgebreitet. Eine gelbe Linie verläuft mitten durch das Gelände des Fleischgroßmarkts. Seitz tippt mit seinem Zeigefinger nach­einander auf mehrere graue rechteckige Flächen im Kartenausschnitt. „Das sind die Unternehmen, die innerhalb der Sicherheitszone 2 liegen.“ Wer hier an seinen Arbeitsplatz wolle, müsse sich an den Gipfeltagen ausweisen.

    Behörden interessieren die Probleme nicht

    Rund 300 Meter verlaufe der Zaun auf dem Betriebsgelände. Hinzu komme, dass er einen Tag länger stehe als beim OSZE-Treffen Anfang Dezember vergangenen Jahres. So werde das Bauwerk bereits zwei Tage vor dem eigentlichen Gipfeltreffen errichtet und erst am späten Sonnabendabend – Stunden nach Gipfelende – abgebaut.

    Seitz ärgert sich darüber, dass bei der Planung der Sicherheitsvorkehrungen die Behörden nicht das Gespräch mit dem Fleischgroßmarkt gesucht haben. „Hier arbeiten immerhin rund 4000 Menschen in mehr als 230 Unternehmen.“ Aber über die wirtschaftlichen Auswirkungen sei mit niemandem geredet worden. „Intensiven Kontakt gab es lediglich dazu, wie der Sicherheitsbereich organisiert werden soll.“

    Dabei handelt es sich oft um inhabergeführte Mittelständler mit einer Belegschaft zwischen zehn und 200 Personen. Lebensmittelgeschäfte, Fleischverarbeitung, Versorger für die Gastronomie sind genauso darunter wie die beiden Caterer, die Kitas und Schulen mit Mittagessen versorgen. Die Schanzenbäckerei backt hier einen Teil ihres Sortiments.

    Praktisch wird das Ganze an den Gipfeltagen so aussehen: Lastkraftwagen, die eines der Unternehmen erreichen wollen, müssen die Kontrollstelle 11 an der Lagerstraße im Westen passieren. Zugang bekommt aber nur derjenige, der als Mitarbeiter gelistet ist oder als Lieferant einen Lieferschein vorweisen kann. Notwendig sind zudem ein Personalausweis oder ein Reisepass. „Wer nicht auf dieser ­Liste steht, wird es schwer haben, auf das Gelände zu kommen“, sagt Seitz.

    „Schon an normalen Tagen Probleme“

    Kai Mattfeld, dessen Unternehmen auf dem Gelände einen Großmarkt betreibt und Lebensmittel verarbeitet, berichtet, dass täglich bis zu 200 Fahrzeuge Waren bringen und abholen würden. Das seien 400 Fahrzeugbewegungen. „Etwa die Hälfte sind Lastkraftwagen, zumeist groß und schwer. Sie kommen oft über die Karolinenstraße.“

    Sowohl Mattfeld als auch Seitz wissen darum, dass der Fleischgroßmarkt nicht verkehrsgünstig liegt. „Das sorgt schon an normalen Tagen für Probleme“, sagt Mattfeld und fügt hinzu: „Während des Gipfels wird die Situation sich unkalkulierbar verschärfen.“

    Für Unternehmen, die Lebensmittel verarbeiten, spielt Zeit eine besondere Rolle. „Die Schulessen können nicht einfach eine Woche früher produziert werden“, sagt Mattfeld. Wenn man überhaupt reagieren könne, dann dadurch, dass nur ein statt mehrere Gerichte angeboten würde. Klar ist aber auch: „Es wird nicht jedes Essen zum richtigen Zeitpunkt vor Ort sein.“ So führten in den vergangenen Tagen durchgeführte Übungen an den Schleusen dazu, „dass zwei Stunden kein Kundenverkehr herrschte“.

    Eine Verlagerung der Produktion sei aus hygienischen Gründen nicht denkbar. „Es gibt nur wenige Gewerbestandorte, an denen Lebensmittel produziert werden dürfen“, sagt Seitz. Die staatlichen Stellen stellten enorm hohe Anforderungen. „Sie können so einen Betrieb nicht in irgendeinen Keller verlegen. Auch mit der U-Bahn können wir Lebensmittel nicht ausliefern.“

    Unternehmen setzen auf „ihren Erfindergeist“

    Um das gröbste Ungemach für die Kunden zu verhindern, setzen die Unternehmen auf „ihren Erfindergeist“, wie Mattner es beschreibt. Man setze vermehrt Nachtarbeit an, „damit wir vor dem Verkehrschaos draußen sind“. Mattner und Seitz gehen davon aus, dass vor allem in den Nachmittags- und Abendstunden der Verkehr behindert sein wird. Sein Unternehmen werde zudem das Entladen von Containern mit importiertem Rindfleisch einige Tage vorziehen.

    Das verursacht Kosten, die den Unternehmen nicht ersetzt werden. „Es gibt keinen Entschädigungsfonds“, klagt Mattner. Entschädigung würde es nur geben, wenn man genau nachweise, dass der Schaden durch den Gipfel entstanden sei. „Unsere Hausjuristen haben gesagt: Vergesst es.“

    Noch etwas anderes können die Unternehmen während der Gipfeltage vergessen: ihre Techniker auf die Hallendächer zu schicken, um bei der dort installierten Klimaanlage mal nach dem Rechten zu sehen. „Das Betreten der Dächer ist absolut verboten“, sagt Seitz. Er hofft jetzt darauf, dass der Sommer ein Einsehen hat und Hamburg von einer Hitzewelle verschont.

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