Hamburg. Koton und Yargici bereiten von der Hansestadt aus Expansion in Deutschland vor. Branche setzt auf schnell wechselnde Kollektionen.

Erik Schaap ist in diesen Tagen ein viel beschäftigter Mann. Der Niederländer, der seit acht Jahren in Hamburg lebt und schon für Modemarken wie Tom Tailor und Hunkemöller tätig war, bereitet in der Hansestadt die Deutschland-Premiere der türkischen Fashion- und Living-Kette Yargici vor. Die erste Filiale des Unternehmens außerhalb seines Heimatmarkts ist bereits seit einigen Tagen für Kunden geöffnet, am kommenden Mittwoch wird im Levantehaus an der Mönckebergstraße offiziell Eröffnung gefeiert.

Yargicis Deutschland-Manager Schaap muss in Gedanken zugleich in Berlin und Oberhausen sein. In der Hauptstadt macht die Kette mit Hauptsitz in Istanbul und bislang gut 60 Läden in der Türkei und im türkischen Teil Zyperns bis Mitte August gleich zwei Filialen auf, im Einkaufszentrum Centro Oberhausen wird Yargici von Ende Juni an präsent sein.

Ende 2018 kann es zehn Filialen geben

Es ist der Beginn eines ehrgeizigen Expansionsprogramms. „Ende 2018 könnte es bereits etwa zehn Yargici-Filialen in ganz Deutschland geben“, sagt Schaap. Für einen zweiten Laden in Hamburg neben dem Flagshipstore in bester Innenstadtlage gibt es zwar noch keine konkreten Pläne, Schaap macht sich aber schon Gedanken darüber: „Ein kleines, tolles Geschäft in Eppendorf kann ich mir durchaus vorstellen.“

Yargici ist bereits die zweite türkische Modekette innerhalb kurzer Zeit, die nach Deutschland kommt und ihre erste Filiale in der Hamburger City eröffnet. Koton mit Hauptsitz ebenfalls in Istanbul hat Ende 2016 einen 2000 Quadratmeter großen Laden an der Spitalerstraße bezogen. Mit dem Geschäft am Eingang zur Ladenpassage Perle Hamburg (der früheren Landesbank-Galerie) ist das 1988 gegründete Unternehmen mittlerweile in 27 Ländern vertreten. „Es gehört zur Koton-Strategie, in Citylagen großer Städte zunächst einen Flagshipstore und später weitere Geschäfte in umliegenden Stadtteilen zu eröffnen“, sagt Deutschland-Manager Kerem Emre. Auch bei Koton gebe es Expansionspläne für die nähere Zukunft. Details nannte er nicht.

Wettbewerb bei Bekleidung stark

Die Filialisten aus Istanbul sind bei Weitem nicht die einzigen neuen Textil-anbieter in der City: Rund um Mönckeberg- und Spitalerstraße haben in den vergangenen Monaten mehrere große internationale Modeketten Filialen eröffnet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf günstiger Kleidung für eher junge Frauen. Mit Koton konkurrieren Reserved (Polen) und Cubus (Norwegen) um Kundinnen. Dazu kommen etablierte Unternehmen wie Mango und Zara (Spanien) sowie H&M (Schweden) mit diversen Marken, die ebenfalls auf neuen Flächen vertreten sind. Allein der schwedische Modekonzern ist in der City an neun Standorten vertreten: Es gibt vier H&M-Läden, die Marken Weekday, Cos und Monki sind jeweils einmal vertreten, & other Stories hat zwei Stores.

In der Hamburger Textilhandelsbranche gilt zudem als offenes Geheimnis, dass die neue H&M-Marke Arket ebenfalls in die Innenstadt strebt. H&M erklärte dazu auf Abendblatt-Anfrage, Hamburg sei für alle Marken des Konzerns ein attraktiver Standort, geplant sei aber zunächst eine Arket-Filiale in München. Über weitere Standorte in Deutschland könne das Unternehmen derzeit nichts sagen.

In der Szene wäre eine weitere Hamburg-Premiere keine Überraschung. „Internationale Unternehmen, die den deutschen Markt erobern wollen, suchen gezielt Flächen in den Zen­tren der Metropolen“, sagt Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbands Nord. Angesichts des wachsenden Onlinehandels sei der Wettbewerb vor allem im Segment Bekleidung stark. „Die Konsumenten sind sehr preisbewusst“, so Nolte. Das gelte vor allem für jüngere Käuferschichten.

Steigende Touristenzahl spricht für Hamburg

Das belegt eine Studie über die Zukunft des Modemarkts in Deutschland, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in Kooperation mit dem IFH Köln und dem BTE Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels erstellt hat. Fast Fashion nennt sich das Konzept, bei dem immer mehr Kleidung immer schneller auf den Markt gebracht wird.

Aus Sicht von Brigitte Nolte spielt auch die steigende Zahl der Touristen eine wichtige Rolle dafür, dass sich expandierende Unternehmen für Hamburg entscheiden. „Wir werden international deutlich mehr wahrgenommen.“ Koton-Manager Emre betont ebenfalls die Wirkung eines Flagshipstores in Citylage weit über die Hansestadt hinaus: „Hamburg und die Spitalerstraße ziehen sehr viele Touristen an.“

Das Kleidungsangebot von Koton und Yargici ist generell weitgehend vergleichbar mit dem anderer international agierender Ketten. Außer den türkischen Wurzeln haben die beiden Firmen auch nicht allzu viel gemeinsam. Yargici ist mit 240 Quadratmetern Verkaufsfläche im Levantehaus deutlich kleiner. Ein Teil davon ist Wohnaccessoires und Kleinmöbeln vorbehalten, die das Unternehmen seit einigen Jahren ebenfalls im Sortiment hat.

Mittleres Preissegment

Deutschland-Manager Schaap ordnet die Damenmode-Kollektionen von Yargici im oberen Bereich des mittleren Preissegments ein. Koton ist dagegen im Fast-Fashion-Segment mit schnell wechselnden Modellen zu eher günstigen Preisen unterwegs. Im Laden läuft – wie weltweit in allen Filialen – Musik von Koton-Radio, auch orientalisch angehauchter Pop gehört zum Programm.

Bei Yargici deutet dagegen allenfalls der Name über der Eingangstür die Herkunft des Unternehmens an. „Ich bin überzeugt, dass wir sehr gut in den Mietermix im Levantehaus passen“, sagt Schaap. Die Ansprüche ans eigene Erscheinungsbild­ sind jedenfalls sehr ausgeprägt: Weil der neu verlegte Fußboden im Geschäft doch nicht angemessen erschien, wurde Yargicis offizielle Deutschlandpremiere kurzerhand von Mitte Mai auf Ende dieses Monats verschoben. Inzwischen liegt ein anderer Fußboden im Laden.