Hamburg. Lärmgegner kritisieren das Genehmigungsverfahren und fürchten einen Anstieg der Starts und Landungen. Doch die Behörde widerspricht.

Der geplante Ausbau des Hamburger Flughafens fällt offenbar umfassender aus als bisher bekannt. So sollen bei der Erweiterung insgesamt 27 zusätzliche Gates entstehen. Bisher gibt es 40 Gates. In Unterlagen des Flughafens, die dem Abendblatt vorliegen, werden neben sechs zusätzlichen Flugzeugpositionen am „Pier Süd“ auch ein „zentraler Vorbau“, eine „Gepäckerweiterung Nord“ und ein „Terminal Nord“ als die „vier Hauptelemente des Ausbaus“ genannt. Außerdem soll die Gepäckförderanlage erneuert und „ihre Leistungs­fähigkeit bedarfsgerecht erhöht“ werden, heißt es in dem Papier.

Netto komme ein Dutzend neuer Gates hinzu

Auf Nachfrage bestätigte Flughafensprecherin Janet Niemeyer diese Pläne. Sie sollten bis 2025 umgesetzt werden. Insgesamt würden rund 500 Millionen Euro in den Umbau investiert. Ziel sei mehr Komfort für die Passagiere. „Über sechs neue Fluggastbrücken können die Passagiere direkt vom Terminal ins Flugzeug gelangen – statt der zurzeit sehr häufigen Busfahrten zum Vorfeld 2“, so Niemeyer.

Auf der Pier-Rückseite entstünden 13 Gates, „die bei Bedarf auch eine Busabfertigung ermöglichen“, so Niemeyer. Zudem werde für die Umbauphase ein „modernes Gebäude zwischen den bestehenden Flugzeugpositionen auf dem Vorfeld 2“ gebaut (in der Grafik hellgrün).

Diese provisorischen „Shuttle-Gates“ würden „voraussichtlich wie ältere Gates im D-Bereich wieder zurückgebaut“, sodass in der Summe rund ein Dutzend neue Gates übrig blieben. Bei dem in den Unterlagen auftauchenden „Terminal Nord“ handle es sich um eine „optionale Ergänzungsfläche für zusätzliche Check-ins in Terminal 1 sowie die angrenzende Gepäckanlage“, so die Sprecherin. Geplant ist nach den Unterlagen auch eine neue Fläche für Geschäfte (in der Karte dunkelblau).

Kritik an „intransparentem Terminalausbau“

Nicht überall löst diese Planung Freude aus. Umweltschützer und Fluglärmgegner werfen der Stadt vor, die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert und beteiligt zu haben. „Der intransparente Terminalausbau am Airport Hamburg geht gar nicht“, sagte der Hamburger Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Manfred Braasch. „Hier werden offensichtlich Abfertigungskapazitäten mal schnell um 30 bis 40 Prozent erhöht, ohne dass die Bevölkerung über die Konsequenzen informiert, geschweige denn an der Planung beteiligt worden ist.“

Der BUND gehe davon aus, „dass es noch mal deutlich lauter am Flughafen werden wird“. Mehr Flugzeuge bedeuteten mehr Lärm, das zeigten auch die vergangenen Jahre. „Wir sind jetzt schon bei mehr als 160.000 Flugbewegungen im Jahr“, sagte Braasch. „Die Schaffung von Abfertigungskapazitäten wird weitere Billigflieger anlocken. Der Flughafen hat diese Politik schon in den letzten Jahren erkennen lassen. Das Motto: Wachstum um jeden Preis.“

16 Millionen Passagiere am Flughafen

Zudem sei das Genehmigungsverfahren „zu hinterfragen“, so Braasch. „Es ist allein der Bezirk Hamburg-Nord verantwortlich für die Genehmigung. Dessen Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) ist zugleich Vorsitzender der Fluglärmschutzkommission und im Aufsichtsrat des Airports Hamburg. Das ist erkennbar keine gute Konstruktion“, sagt der BUND-Geschäftsführer.

Nur der Komfort solle erhöht werden

Die Wirtschaftsbehörde (BWVI) wies diese Kritik zurück. „Das Vorhaben wurde von der BWVI im Rahmen eines Plangenehmigungsverfahrens geprüft und im Jahr 2013 genehmigt“, sagte Behördensprecherin Susanne Meinecke. „Durch die entstehenden neuen Pier­positionen gibt es keine Kapazitätsausweitung und keine zusätzlichen Flug­bewegungen. Es geht im Kern um eine Erhöhung des Abfertigungskomforts.“ Der Flughafen solle sich „entwickeln und die Servicequalität im Wettbewerb gewährleisten“, sagt Meinecke. „Es geht nicht um mehr Flüge oder mehr Lärm.“

Tatsächlich ist die Art der Genehmigungen allerdings knifflig. Denn wesentliche Teilgenehmigungen des Großprojekts wurden nach Dokumenten, die dem Abendblatt vorliegen, sehr wohl vom Bezirk Nord genehmigt – etwa 2016 der Bau der nötigen Doppelfluggastbrücken und der Umbau des Piers Süd. Dabei kam der besondere Paragraf 62 der Hamburger Bauordnung zum Einsatz, das „Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung“.

Das ermöglicht faktisch eine Baugenehmigung aus einer Hand, da alle für ein Bauvorhaben erforderlichen Prüfungen und Entscheidungen in einem Verfahren gebündelt werden. Umweltschützer und Fluglärmgegner beklagen, dass sie nicht gehört würden. Das Verfahren sei zwar rechtlich legal, aber letztlich nicht legitim.

Gleichzeitig befürchten sie, dass der Flughafen langfristig eine „Entkreuzung“ der beiden Start- und Landebahnen plane, die sich bisher kreuzen. Würde eine davon verlängert, gebe es keine Kreuzung mehr, und beide Bahnen könnten gleichzeitig genutzt werden. Das würde die Lärmbelastung noch einmal deutlich erhöhen. Flughafensprecherin Niemeyer sagte auf Nachfrage aber, dass es eine solche Planung im Zuge der Terminalumbauten nicht gebe.