osdorf. Einsatzkräfte erprobten neu entwickeltes Konzept im Umgang mit möglichen Anschlägen. Beamter spricht über Szenarien.
Schüsse krachen, ein Sprengsatz explodiert, Verletzte liegen schreiend am Boden. Es sind gestellte Szenen einer Anti-Terror-Übung der Hamburger Polizei, aber sie lassen erahnen, was auf die Beamten zukommen könnte. Nach den verheerenden Anschlägen von Paris und Brüssel hat Hamburg ein neues Anti-Terror-Konzept aufgestellt. Am Mittwoch hat sie die Umsetzung auf einem Trainingsgelände in Osdorf erst mal geübt.
Im vergangenen Jahr hat die Innenbehörde eine neue Ausrüstung für 4,5 Millionen Euro angeschafft. Nachdem die Streifenpolizisten im November die neue Ausrüstung in Form von Helmen aus Titan-Aramid und beschusssicheren Körperschutz bekam, die auch Kugeln aus Sturmgewehren standhält, war im Januar damit begonnen worden, die Beamten für den Einsatz bei Terror- und Amoklagen auszubilden.
Mehrtägiger Lehrgang
Entwickelt wurde das Konzept bei der Bereitschaftspolizei, wo es bereits seit etwa einem Jahr vermittelt wird. Ausgebildet werden die Beamten der Wachen an der Akademie der Polizei in einem mehrtägigen Lehrgang.
Am Mittwoch nun wurden Peterwagenbesatzungen von 15 Wachen in Osdorf zusammengezogen, um auf dem Gelände der Reichspräsident-Ebert-Kaserne erstmals gemeinsam eine Amoklage durchzuspielen. Die Szene, die sich Beobachtern bot, war martialisch: Vor einem der Gebäude lagen vor Schmerzen wimmernde Verletzte. Immer wieder fielen Schüsse. Der Täter, mit einer Maschinenpistole bewaffnet, stürmte aus dem Gebäude.
„Beamten sollen wissen, was auf sie zukommt“
Menschen flüchteten schreiend. Peterwagen rasten mit Blaulicht heran. Dann mussten sich die Beamten sammeln und ausrüsten. Schließlich gingen sie, über Funk geleitet, in verschiedenen Gruppen mit Maschinenpistolen im Anschlag vor. Am Ende lag der Täter erschossen auf dem Rasen. Die Verletzten wurden versorgt.
Für die beteiligten 30 Beamten war das Vorgehen bei diesem Szenario neu. Dass die Verletzten dank großer Mengen Kunstblut ziemlich realistisch aussahen, gehörte dazu. „Die Beamten sollen wissen, was auf sie zukommt“, sagt Joachim Ferk, Leiter der Bereitschaftspolizei. Auch das Zusammenspiel mit Spezialtruppen wie der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) und dem MEK, zur Übung.
Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer beobachteten die Übung zusammen mit Polizeiführern aus Hamburg und anderen Bundesländern.
Innensenator ist mit Übung zufrieden
Wie Verletzte und Tote in den eigenen Reihen möglichst vermieden werden können, demonstrierte die BFE an einer Straßensperre. Drei gepanzerte Geländewagen, drei Mannschaftstransporter und zwei Schützenpanzer waren aufgereiht. An der Seite lag ein Nagelband. Das verdächtige Auto fuhr in die Sperre und stoppte vor einem Schützenpanzer. Schnell blockierten zwei Beamte von der Seite die Räder mit Bremskeilen.
Über Lautsprecher gaben die Polizisten dem Fahrer Anweisungen. „Hände an die Scheibe!“, „Schalten Sie mit der linken Hand ganz langsam den Motor aus!“ Die Beamten standen mit Gewehr im Anschlag hinter rollbaren Schilden. Der Verdächtige ließ sich festnehmen. Am Ende war Grote zufrieden. „Die Polizei hat gezeigt, dass sie auch für solche Lagen gut aufgestellt und ausgestattet ist.“ Die Übung sei unabhängig vom G20-Gipfel geplant worden.
Schwachstellen erkennen
Jetzt beginnt die Nachbereitung. Vor allem geht es darum, Schwachstellen zu erkennen. Selbst auf eine andere Notfallversorgung von Verletzten muss man sich einstellen. „Stabile Seitenlage reicht da nicht. Heute muss man sich bei solchen Lagen mit Verletzten rechnen, die großflächige Verwundungen haben und zu verbluten drohen“, sagte ein Beamter.
Nicht zu sehen waren bei der Übung die beschusssicheren Schilde für Peterwagenbesatzungen. Sie wurden vor wenigen Jahren angeschafft, nachdem es in Deutschland Amokläufe gab. Da ging man von Tätern mit Pistolen aus. Kugeln aus Sturmgewehren oder Maschinenpistolen halten sie nicht stand.