Hamburg. Gewerkschaft sieht massive Probleme bei der Kommunikationstechnik. Mängel sind bei OSZE-Treffen aufgetreten.
Vor dem G20-Gipfel mehrt sich Unmut über schwache Technik bei der Hamburger Polizei. Bereits beim Großeinsatz zum OSZE-Treffen kam es laut Beamten teils zu erheblichen Problemen bei der Kommunikation über einen Messenger und den Digitalfunk. „Die katastrophale Ausstattung ist ein Sicherheitsrisiko“, sagt Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Die Polizeiführung spricht von einem Entwicklungsprozess und sieht keine größeren Probleme.
Hintergrund der Beschwerden: Eine neue Software funktioniere schlecht, so Beamte. Im Gegensatz zu anderen Ländern hatte Hamburg das spezielle System „Messenger24“ von Microsoft/Nokia eingekauft – und dafür 900 Lumia-Handys im Wert von rund 100.000 Euro angeschafft. Die Beamten sollen damit schnell Nachrichten, Bilder, Videos, Tondateien und Standortdaten austauschen können.
Privathandys und WhatsApp
„In der Praxis mussten die Beamten während des OSZE-Treffens aber auf ihre Privathandys und ihr ,WhatsApp‘ zurückgreifen“, sagt ein Beamter. Das Versenden von Nachrichten war demnach oft nicht möglich. Und: Über den Messenger können die Beamten nicht die Namen ihrer Kollegen sehen, sondern nur die Dienstnummer. Man bräuchte eine Legende, um den Richtigen zu erreichen – für einen Großeinsatz völlig unpraktikabel, so Polizisten. Wesentliche individuell auftretende Mängel konnten aber von den Technikern der Polizei schnell gelöst werden.
Zwei leitende Beamte sagten dem Abendblatt, auch beim Funk hätte es Probleme gegeben. „Es gab nicht genug Funkgruppen, einzelne Führer der Hundertschaften konnten ihre Leute nicht über Funk erreichen. Die saßen auf dem Einsatzwagen und haben versucht, das mit ihren Privathandys zu machen – was auch kaum geklappt hat. Das war teilweise Blindflug“.
Funkverbindung bricht ab
Bei anderen Beamten verlief das Funken beim OSZE-Treffen dagegen problemlos. Polizisten bemängeln aber schon seit Längerem, dass in S-Bahnhöfen im ersten Untergeschoss regelmäßig die Funkverbindung abbreche. Dies ist Sache des Bundes und der Deutschen Bahn. Beim G20-Gipfel wird etwa der S-Bahnhof Jungfernstieg zum erwarteten Einsatzbereich gehören.
Der Gewerkschafter Jan Reinecke sagt, die Probleme würden nach seinem Eindruck bislang kaum angegangen: „Das OSZE-Treffen hat als Testlauf für die neue Technik denkbar schlechte Ergebnisse gebracht. Dieser peinliche Zustand muss beendet werden“. Beim G20-Gipfel würden mutmaßlich etwa die Sicherheitskräfte von US-Präsident Donald Trump mit Störsendern dafür sorgen, dass man nicht mehr auf die Privathandys der Beamten ausweichen könne. Wenn Polizisten sensible Einsatzdetails per „WhatsApp“ verschicken, könnten diese in falsche Hände geraten. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte dazu aufgerufen, den Gebrauch von „WhatsApp“ zu meiden.
Polizeisprecher Timo Zill verwies darauf, dass der „Messenger24“ beim OSZE-Treffen erstmals im Echtbetrieb eingesetzt worden ist. „Hier hat er schon seinen Nutzen unter Beweis gestellt. Wie bei der Einführung solcher Software üblich, wird auch diese Software weiter fortentwickelt“, sagte Zill. Dafür ist eine Projektgruppe im Polizeipräsidium zuständig. Nach Abendblatt-Informationen sieht die Polizeiführung derzeit nur einen wesentlichen Fehlerbereich: Polizisten werden von ihrem Gerät über neue Nachrichten teilweise noch nicht informiert. Der Vorteil des „Messenger24“-Systems wird vor allem darin gesehen, dass es auf die sonstige IT-Struktur der Stadt aufsetzt. Die Software soll ein zusätzliches Kommunikationsmittel sein.
Allerdings hat sich Microsoft dazu entschieden, keine weiteren Handys mehr zu produzieren. Mit den Geräten anderer Hersteller ist der „Messenger24“ nicht kompatibel – darin sehen Kritiker einen Mangel im Hinblick auf den G20-Gipfel, bei dem sich die Hamburger mit mehr als 6000 auswärtigen Polizisten abstimmen müssen.
Intensive strategische Planungen
Beim Digitalfunk sei die Zahl der Rufgruppen „technisch begrenzt“, so Polizeisprecher Zill, deshalb würden üblicherweise auch Mobiltelefone genutzt. „Beim OSZE konnte durch diesen Mix die erfolgreiche Einsatzdurchführung sichergestellt werden“, so Zill.
Während Gewerkschafter wie Jan Reinecke kritisieren, die Kommunikation sei im Vergleich zu den technischen Möglichkeiten noch immer „Kreidemalerei in der Steinzeithöhle“, ist im Präsidium auch von gestiegenen Ansprüchen die Rede. Größere Einsätze ließen sich trotz Funklöchern und ohne zusätzliche technische Mittel bewältigen. Im Einsatzstab wird intensiv an der strategischen Planungen für den G20-Gipfel im Juli gearbeitet.