Hamburg . Amt lehnt den Abriss des Commerzbank-Hochhauses in der Innenstadt ab. Scheitert eines der größten Bauvorhaben der City?

Scheitert eines der größten Bauvorhaben in der Innenstadt am Streit um den Denkmalschutz? Die Rede ist vom Commerzbank-Areal am Neß unweit vom Rathaus. Der Hamburger Projektentwickler Procom plant auf dem Filetgrundstück ein neues Quartier mit einer Mischung aus Wohnungen, Büros, Einzelhandel und Gastronomie. Außerdem könnte dort ein Luxushotel entstehen.

Erhalt nicht wirtschaftlich

Aber es gibt ein gravierendes Pro­blem: Das Bauvorhaben kann laut Procom-Geschäftsführer Dennis Barth nur umgesetzt werden, wenn das unter Denkmalschutz stehende, in den 60er-Jahren erbaute Hochhaus auf dem Grundstück abgerissen wird. „Zwei von uns in Auftrag gegebene Gutachten kommen zu der Erkenntnis, dass der Erhalt wirtschaftlich nicht zumutbar ist“, sagte Barth. Das wäre ein Argument, um den Denkmalschutz auszuhebeln. Das Amt hingegen lehnt den Abriss ab. Die Commerzbank, die dort Ende November 2016 ausgezogen ist, hatte das Areal im Februar an Procom verkauft.

 Dirk Kienscherf , SPD, steht auf der Seite der Investoren
Dirk Kienscherf , SPD, steht auf der Seite der Investoren © HA / A.Laible | Andreas Laible

Auch SPD und Grüne fordern den Abriss des Hochhauses, doch das Denkmalschutzamt gibt nicht nach. „Das Hochhaus der Commerzbank verbindet architektonische und städtebauliche Ideale der Nachkriegszeit in charakteristischer Weise und ist ein wichtiges Beispiel für das Leitbild der aufgelockerten und gegliederten Stadt“, sagte Leiter Andreas Kellner dem Abendblatt. Das Gebäude sei auch architektonisch ein frühes Vorbild für diese seinerzeit neue Bauweise in Hamburg, so Kellner weiter.

Der Stadt droht Klage

Zahlreiche Gespräche mit den Investoren und auch die beiden vorgelegten Gutachten konnten die Denkmalschützer nicht überzeugen. Procom-Chef Barth will nun Druck machen: „Wir wollen so schnell wie möglich mit der Umsetzung dieses Projekts beginnen, denn jeder Tag kostet Geld.“ Und so droht der Stadt jetzt eine Klage: „Die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung ist nachgewiesen, zudem raten die Gutachter einvernehmlich von einem Umbau nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen ganz klar ab“, sagte Barth.

Sollte das Denkmalschutzamt weiterhin den Abriss ablehnen, dann müsste das juristisch geklärt werden. Eine Klage hätte beste Erfolgsaussichten, glaubt Barth, würde aber Leerstand bedeuten und die Stadtentwicklung an diesem zentralen Ort zum Erliegen bringen , so Barth weiter. „Wir sind natürlich an einer einvernehmlichen Lösung mit der Stadt interessiert.“

SPD, Grüne unterstützen Investor

Fakt ist: Unter Denkmalschutz steht nur das innere Beton – und Stahlskelett des Gebäudes: „Die Fassade und alles andere dürfen wir eh abreißen. Und wir haben dem Denkmalschutz sogar angeboten, an diesem Standort wieder ein Hochhaus dieser Anmutung zu bauen“, sagte Barth.

Unterstützung bekommt der Investor aus der Politik. „Die bisherigen Untersuchungen zeigen eindeutig, dass die Immobilie auch aus statischen Gründen nicht mehr haltbar ist. Es sollte das Angebot aufgenommen werden, hier ein Gebäude in Anlehnung an das alte Hochhaus zu errichten“, sagte SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf dem Abendblatt. Die ablehnende Haltung des Denkmalschutzamtes sei nicht mehr nachvollziehbar und blockiere die dringend notwendige attraktive Quartiersentwicklung an diesem Standort, so Kienscherf weiter.

Hotel wäre denkbar

Kurios: Der mit dem Hochhaus durch eine Brücke verbundene Altbau darf ohnehin abgerissen werden. Die Begründung von Denkmalschützer Kellner: „Das ältere Gebäude ist in der Vergangenheit so oft und so weitgehend außen und auch innen umgebaut worden, dass die Vorgaben aus Gesetz und Rechtsprechung für eine Unterschutzstellung auch nach nochmaliger gutachterlicher Prüfung nicht gegeben sind.“

Für SPD-Politiker Kienscherf steht fest: „Es sollten zumindest Teile der Fassade des Hauses erhalten werden. Denn sie ist prägend für Hamburgs ältestes Hafenbecken, das direkt an das Areal grenzt.“

Auch der Fraktionschef der Grünen in der Bezirksversammlung Mitte, Michael Osterburg, befürwortet einen Abriss: „Wir haben hier einen Standort mit viel Potenzial für Wohnungsbau, Einzelhandel und Büroflächen, auch ein Hotel wäre denkbar. Aber das ist nur möglich, wenn das Hochhaus abgerissen wird.“

Der Turm sei hässlich

Die Grünen haben allerdings auch eine Forderung: „Der Altbau steht zwar nicht unter Denkmalschutz, aber bei einem Neubau sollten zumindest Elemente aus dem Altbau mit einfließen.“ Procom-Geschäftsführer Barth schließt das nicht aus: „Wir sind zu Kompromissen bereit und offen für konstruktive Vorschläge.“

Auch Mitte-Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) hat sich eindeutig positioniert: „Ich kann mich zum Denkmalschutz inhaltlich nicht äußern. Wenn der Turm allerdings stehen bleiben muss, verhindert er eine weitergehende sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung.“ Sein persönlicher Eindruck: „Der Turm ist schlicht hässlich.“ Sollte das Denkmalschutzamt nicht von seinem Standpunkt abweichen, könnte sich auch der Senat einschalten und den Abriss genehmigen – so wie er es auch bei den City-Hochhäusern getan hatte.