Die Filmlegende wurde mit der Goldenen Kamera geehrt. Ans Aufhören denkt die 79-Jährige nicht – denn sie hat eine Mission.

Mehr Glamour geht kaum. Im vergangenen Jahr fotografierte die bekannte US-Fotografin Annie Leibovitz 13 der noch bekannteren Leading Ladys der Kinobranche für die Hollywood-Ausgabe des Magazins „Vanity Fair“ – nicht einzeln, sondern zusammen. Ganz links auf dem ungewöhnlichen Schauspielerinnen-Mannschaftsfoto sitzt Jane Fonda neben Cate Blanchett, Viola Davis, Helen Mirren, Jennifer Lawrence …

Dass es für Fonda auf eine Karriere in der Traumfabrik hinauslaufen würde, war nicht selbstverständlich. Sie hatte einmal ganz andere Pläne. Wie sich ihr Leben wohl entwickelt hätte, wenn sie ihren Studienfächern Malerei und Klavier treu geblieben wäre? Sie hat auch Texte für die Zeitschrift „Paris Review“ geschrieben. Aber dann hat sie es sich doch noch anders überlegt. Schließlich entstammt sie ja auch einer Schauspieler-Dynastie. Ihr Vater Henry Fonda war selbst eine Darsteller-Ikone. Bruder Peter wurde mit „Easy Rider“ zum Idol. Auch ihre Nichte Bridget Fonda stand erfolgreich vor der Kamera.

Lee Strasberg entdeckt Jane Fonda

Als Jane Fonda im Alter von 21 Jahren Lee Strasberg, den Leiter der Schauspielschule Actors Studio, getroffen hatte, waren die Würfel fast schon gefallen. Sie wurde seine Schülerin. Schon ein Jahr später trat sie am Broadway auf und bekam für ihre Rolle in „There was a Little Girl“ gleich den Preis als vielversprechendste neue Schauspielerin, den „Laurel Award“. Da war eine Jury mit Weitsicht am Werk, denn Jane Fonda sollte eine der profiliertesten Bühnen- und Filmschauspielerinnen ihrer Generation werden.

Über ihre darstellerischen Qualitäten gab es von Anfang an kaum Zweifel, dennoch ist ihre Karriere sehr abwechslungsreich verlaufen. Es ist bemerkenswert, wie sehr ihr Leben auch den jeweiligen Zeitgeist widerspiegelt.

Ihre Eltern hätten sie nicht geliebt, und sie habe lange Zeit die Schuld dafür bei sich selbst gesucht, hat sie einmal erzählt. Janes Mutter Frances Seymour Brokaw hatte psychische Probleme und ging in den Freitod, als ihre Tochter zwölf Jahre alt war. Jane, die eigentlich Jane Seymour heißt wie die dritte Ehefrau von Heinrich VIII. – ihre Mutter glaubte, sie stammte vom englischen Königshaus ab –, wuchs bei ihrer Großmutter auf.

Erste Erfolge mit „Barbarella“

Erste berufliche Erfolge feierte Fonda in den 60er-Jahren mit dem französischen Regisseur Roger Vadim, der auch ihr erster Ehemann wurde. Er inszenierte sie ebenso spektakulär wie sexistisch im Science-Fiction-Film „Barbarella“. Ihren ersten Oscar gewann sie 1972 für die Darstellung einer Prostituierten in „Klute“. Die 70er-Jahre waren eine Dekade, die die USA politisch polarisierte. Fonda spielte und produzierte das Drama über die Vietnam-Heimkehrer „Coming Home“ und gewann dafür ihren zweiten Oscar.

Aber auch jenseits der Leinwand engagierte sie sich in dieser Zeit politisch, war ein führender Kopf der Antikriegs-Bewegung, heiratete den Politiker Tom Hayden. FBI-Chef J. Edgar Hoover ließ sie ständig observieren, denn für ihn war sie eine Staatsfeindin. Als sie über einen nordvietnamesischen Hörfunksender an US-Piloten appellierte, sie mögen ihre Angriffe auf das kommunistische Land einstellen, und sie dann auch noch auf einem US-Flakgeschütz posierte, hatte sie ihren Spitznamen weg: „Hanoi Jane“.

Fonda als Aerobic-Queen

Zu Beginn der 80er hat sie zum einzigen Mal mit ihrem Vater Henry zusammengearbeitet. „Am goldenen See“ war zugleich sein letzter Film. Er bekam dafür noch einen Oscar – sie nahm ihn an seiner statt entgegen. In den 80er-Jahren machte Fonda als Geschäftsfrau Furore. Sie setzte sich an die Spitze der Aerobic-Bewegung und verkaufte erfolgreich Videos und Bücher, wurde zum Fitness-Guru. Natürlich blieb sie politisch aktiv, wetterte gegen Kernwaffen, die Diskriminierung von Prostituierten und war ein führendes Mitglied der Frauenbewegung.

1990 nahm sie sich eine Auszeit von der Schauspielerei, die 15 Jahre andauern sollte. Sie heiratete ihren dritten Ehemann, den Medienmogul Ted Turner, zog sich ins Privatleben zurück und schrieb ihre Autobiografie. 30 Jahre, gestand sie darin, habe sie an Bulimie gelitten. Überhaupt ist Fonda mutig. Sie steht zu den chirurgischen Eingriffen, denen sie sich aus kosmetischen Gründen unterzogen hat. Sie hat eingeräumt, bis zu ihrem 62. Lebensjahr so gut wie kein Selbstvertrauen entwickelt zu haben. Das hat sich wohl noch geändert.

Wer so lange im Geschäft ist, trifft auch mal eine falsche Entscheidung. Fonda hat US-Talkerin Ellen DeGeneres erzählt, sie bereue es, nicht bei „Doktor Schiwago“ mitgespielt zu haben. Als sie zusagen wollte, war eine Kollegin schneller gewesen. Julie Christie wurde mit dieser Rolle berühmt. Der Popularität von Jane Fonda hat das keinen Abbruch getan. In ihrem aktuellen Film „Our Souls at Night“ stand sie gerade erst mit Robert Redford vor der Kamera – 56 Jahre nach ihrem Debüt in „Tall Story“ und mehr als 50 Filme später.

Jane Fonda hat eine Mission. Immer noch. Man könnte auch sagen: Jetzt erst recht. „Ich möchte älteren Frauen ein Gesicht geben“, hat sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt. Die Details lassen aufhorchen: „Und zwar nicht das Gesicht, das wir in unserer Gesellschaft als stereotypes Rollenmuster kennen, sondern das einer dynamischen, sexuell attraktiven Frau.“ Mit 79 Jahren ist das doch mal eine Ansage.