Hamburg. Die Metropolregion Hamburg wächst und wird um Schwerin, Parchim und zehn Kammern erweitert. CDU übt Kritik an “SPD-Klassentreffen“.

Dass sie es nicht versucht habe, konnte man Julia-Niharika Sen nicht vorwerfen. Bei der feierlichen Zeremonie zur Erweiterung der Metropolregion Hamburg tippte die TV-Moderatorin mehrfach auch kritische Punkte an („Sprechen Sie jetzt mit einer Stimme?“), doch den vier Regierungschefs auf der Empore war offensichtlich nicht nach kritischer Bestandsaufnahme zumute. „Alles gut“, versicherte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Auch bei der Elbvertiefung sei man „einer Meinung“.

Immerhin: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warb für den Gedanken der Metropolregion mit dem Argument, dass die Konkurrenz für den Hamburger Hafen ja gar nicht Wilhelmshaven sei, sondern Rotterdam und Antwerpen – das konnte man als Hinweis darauf verstehen, dass Weil die Hamburger lieber zur Unterstützung „seines“ Hafens bewegen will als seinerseits die Vertiefung der Elbe durch Bereitstellung von Ausgleichsflächen zu befördern. Wie gesagt: konnte man, musste man nicht.

Länderübergreifende Verkehrsprojekte

Denn nachdem Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) Hamburg jüngst im Abendblatt-Interview noch „Ignoranz und Eitelkeit“ bei manchen Themen vorgeworfen hatte, war Weil erkennbar bemüht, die guten Beziehungen beider Länder zu betonen: „Es tut sich enorm viel“, sagte er mit Blick auf große, länderübergreifende Verkehrsprojekte wie die A 26. „Das fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Ergebnis guter Zusammenarbeit.“

Auch Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) wollte sein einstiges Zitat, wonach Hamburg sein Umland mehr brauche als umgekehrt, so nicht wiederholen. Ja, sein Land biete Hamburg viel, zum Beispiel Arbeitskräfte und Gewerbeflächen. Aber umgekehrt sei der Hafen ja auch der größte Arbeitgeber Schleswig-Holsteins, räumte Albig ein. Also auch hier: Alles gut, Zeit zum Feiern.

Metropolregion Hamburg wächst weiter

Das war ja auch der Sinn der Veranstaltung mit 300 Gästen im Großen Festsaal des Rathauses: Die Metropolregion Hamburg wächst weiter. Wie berichtet, werden aus Mecklenburg-Vorpommern die Landeshauptstadt Schwerin und der Altkreis Parchim aufgenommen. Außerdem kommen zehn Kammern, der Unternehmerverband Nord und der Deutsche Gewerkschaftsbund hinzu.

Damit komme die Metropolregion nun auf 5,3 Millionen Einwohner – etwa so viel wie Norwegen – und auf ein Bruttoinlandsprodukt von 196 Milliarden Euro, das entspreche etwa der Wirtschaftsleistung Finnlands oder Portugals. „Das macht schon was her“, so Scholz mit Blick auf die Anziehungskraft für Unternehmen und Arbeitskräfte.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) betonte, dass für den Landesteil Mecklenburg Hamburg schon früher die Metropole gewesen sei. Die enge Beziehung sei nach dem Fall der Mauer wieder aufgenommen worden und habe zum Aufschwung der Region beigetragen. Für die Zukunft wünsche er sich einen Verkehrsverbund für die ganze Metropolregion, von der die Pendler nach Hamburg ebenso profitieren könnten wie Hamburger Urlauber an der Ostseeküste. Die Kammern wollen vor allem die Wettbewerbsfähigkeit Norddeutschlands national und international verbessern.

Die Opposition in Hamburg zeigte sich von den Fortschritten enttäuscht. CDU-Fraktionschef André Trepoll sprach von einem „SPD-Klassentreffen mit vier Ministerpräsidenten“, das vor allem „große Symbolik für das Poesiealbum“ hervorgebracht habe. Bei Produktivität und Kaufkraft liege Hamburg derzeit nur auf dem vorletzten Platz der Metropolregionen in Deutschland, kritisierte Trepoll. „Neue Projekte in der Verwaltungszusammenarbeit, gemeinsame Initiativen für Gründer oder Konzepte für Gewerbeansiedlung oder eine gemeinsame Koordination wichtiger Infrastrukturprojekte würden diese Hülle mehr mit Leben füllen.“

Auch Katja Suding sparte nicht mit Kritik

Auch FDP-Fraktionschefin Katja Suding sparte nicht mit Kritik: „Die Erweiterung der Metropolregion ist gut. Es darf aber nicht länger bei den immer wiederkehrenden Absichtserklärungen und Feierstunden bleiben.“ Der Norden profitiere zu wenig von dem Bündnis: „Notwendige Ausgleichsflächen für die Elbvertiefung, nachhaltige Maßnahmen zur Schlickverbringung oder stockende Infrastrukturprojekte – überall Baustellen und keine Lösungen.“

Detlef Ehlebracht (AfD) forderte eine Weiterentwicklung der Metropolregion zu einem echten Regionalverband: „Dies bedeutet auch, dass Gemeinden und Länder Kompetenzen abgeben müssen. Auf dieser Grundlage wäre dann eine gemeinsame, verbindliche Mobilitäts- und Siedlungspolitik zu beschließen.“