Hamburg. CDU-Fraktionschef Trepoll stellt dem Bürgermeister vor der Regierungserklärung ein schlechtes Zeugnis aus.
Am kommenden Mittwoch will SPD-Bürgermeister Olaf Scholz in der Bürgerschaft eine Regierungserklärung zum Thema Elbvertiefung abgeben – mit Blick auf das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Drei Tage vor dem mit Spannung erwarteten Auftritt stellt Oppositionsführer und CDU-Fraktionschef André Trepoll dem Senatschef ein denkbar schlechtes Zeugnis für seine bisherige Regierungsarbeit seit der Amtsübernahme 2011 aus.
Selbstzufriedenheit und Realitätsverlust
„Hinter der bröckelnden Fassade seines Macher-Images zeigt sich nunmehr ein Bürgermeister, der in seiner bisherigen Amtszeit nahezu alle relevanten Entscheidungen verloren hat: den Volksentscheid über den Rückkauf der Netze, das Olympia-Referendum und nun die Entscheidung über die Elbvertiefung“, sagte Trepoll dem Abendblatt. „Doch von Selbstreflexion und Selbstkritik keine Spur. Stattdessen Selbstzufriedenheit und zunehmend politischer Realitätsverlust.“ Anders sei Scholz’ Einschätzung nicht zu erklären, „dass das Gerichtsurteil zur Elbvertiefung ,ein Meilenstein für die Wirtschaftsnation Deutschland‘“ sei, befindet der Oppositionsführer in einer Art Generalabrechnung mit dem seit 2011 regierenden Ersten Bürgermeister.
„Das Urteil zur Elbvertiefung ist ein schwerer Schlag für die maritime Wirtschaft in Hamburg“, so Trepoll. Scholz habe 2011 „selbstbewusst angekündigt, dass die Bagger für die Elbvertiefung 2012 rollen könnten“, so Trepoll. „Er versprach den Bossen der Containerreedereien noch 2016, dass nun alles gut sei, und kokettierte damit, es sei das beste Planfeststellungsverfahren, und er hätte alle Schriftsätze gelesen und für gut befunden. Jetzt haben wir 2017, und nach dem Urteil ist mehr als fraglich, ob die Fahrrinnenanpassung bis zum Ende seiner Amtszeit realisiert werden kann.“ Der schlechte Eindruck werde dadurch abgerundet, dass Scholz nicht zur Urteilsverkündung nach Leipzig gefahren sei.
Ideenlose Wirtschaftspolitik
„Die ganze Hafenpolitik ist ein Desaster, wenn man sich die langjährige Verschlickung der Hafenbecken, die Lkw-Staus und die unzureichende Anbindung der Hafenunternehmen an die digitale Infrastruktur vor Augen führt“, befindet der CDU-Fraktionsvorsitzende. „Die Zeitverzögerung ist Sinnbild für die ideenlose Wirtschaftspolitik von Rot-Grün unter Olaf Scholz, die häufig über große Ankündigungen nicht hinauskommt.“
Zudem habe Scholz mit Olympia „das letzte große Zukunftsprojekt vor die Wand gefahren“, so Trepoll. „Wenn man sich das verbliebene Konkurrenzumfeld heute anschaut, wäre eine erfolgreiche Bewerbung Hamburgs durchaus im Bereich des Möglichen gewesen. Dafür hätte er als Regierungschef aber rechtzeitig eine verlässliche und glaubwürdige Finanzierung für Olympia präsentieren müssen.“ Die Elbphilharmonie habe Olaf Scholz als Großprojekt noch „von seinem Vorgänger übernommen , ohne diesen bei der Eröffnung zu erwähnen, wie es sich gehört“, urteilt Trepoll.
Skandale und Pannen
Auch die Personalpolitik des Bürgermeisters kommt bei seinem Gegenspieler naturgemäß nicht sonderlich gut an. Trepoll weist etwa darauf hin, dass Scholz bei der Berufung des neuen Kultursenators Carsten Brosda, vorher Kulturstaatsrat, gleich doppelt gegen eigene Festlegungen verstoßen habe. Zum einen habe es zunächst eine Frau sein sollen, zum anderen habe Scholz 2011 noch verkündet, dass Staatsräte bei ihm nicht zu Senatoren befördert würden. Zugleich könne der grüne Justizsenator Till Steffen „fast im Wochentakt Skandale und Pannen liefern“, ohne dass Scholz eingreife.
Scholz selbst sei „Verlierer der Kanzlerkandidaten-Sturzgeburt der SPD“, glaubt der CDU-Mann. „Monatelang hat er sich im Glanz seiner vermeintlichen bundespolitischen Bedeutung gesonnt, mit der Möglichkeit einer Kanzlerkandidatur offen kokettiert und sich auffallend oft zur Bundes- und Weltpolitik geäußert. Die Hamburger Themen sind dabei zusehends aus seinem Blickfeld geraten.“ Bei der Kandidatenkür aber habe Scholz „allenfalls eine Nebenrolle gespielt“, meint Trepoll zu wissen. Nun sei „klar, dass er wohl bis 2020 Hamburgs Bürgermeister bleibt und eine erneute bundespolitische Perspektive nicht besteht“. Diese Annahme, das sagt Trepoll nicht, würde allerdings ein gutes Abschneiden von Kanzlerkandidat Martin Schulz voraussetzen.
Wo will der Bürgermeister hin?
Zugleich habe Scholz in Hamburg den Blick für die Realitäten verloren. Das habe sich auch „in der Parlamentsdiskussion über antichristliche und antisemitische Stimmungsmache des Islamverbands Ditib“ am 1. Februar gezeigt, „in der er völlig am Thema vorbei einen Geschichtsvortrag hielt, ohne auf politisch und gesellschaftlich relevante Fragen auch nur ansatzweise einzugehen“, sagt der CDU-Fraktionschef.
Mit Blick auf die Regierungserklärung am kommenden Mittwoch fragt Trepoll polemisch: „Ob wir nach langer Durststrecke endlich erfahren, wo der Bürgermeister mit Hamburg hinmöchte?“ Und attestiert: „Neue große Ideen für unsere Stadt sind nicht erkennbar, und es erfüllt einen mit Sorge, wie die wirtschaftliche Prosperität Hamburgs gesichert werden kann, wenn sich das Weltwirtschaftsklima eintrüben sollte.“ Scholz’ Motto bleibe „Verwalten statt Gestalten“. Politiker aber seien besonders gefordert, „wenn es sich um eine krisenhafte Situation handelt“, so der CDU-Fraktionschef. „Aber Scholz kann keine Krise. Hamburg ging es in den letzten Jahren mit seinen Finanzeinnahmen so gut wie noch nie. Aber bei den Problemen, die man ohne Geld lösen muss, scheitert Scholz regelmäßig.“
Scholz Vermächtnis: Radwege
Wer sich heute frage, was von Scholz bleiben werde, der kommt nach der Lesart des Oppositionsführers auf eher kleines Karo. „Voscherau steht für die HafenCity, von Beust für Wachsende Stadt und Elbphilharmonie“, sagt Trepoll. Olaf Scholz dagegen, „der in den besten wirtschaftlichen Jahren das Glück hatte, regieren zu dürfen“, habe es dabei „nur fertiggebracht, dass die Hamburger nun ihre Radwege auf den Hauptverkehrsstraßen finden“.