Hamburg. Wohnungskonzern lehnt dickere Platten und mehr Haustechnik ab. Bilanz solle für ganze Quartiere gelten.

Gut sieben Prozent. Um diesen Wert stiegen zu Jahresbeginn beim Bau einer Wohnung die Kosten für Haustechnik – allein weil die neue Energieeinsparverordnung höhere Anforderungen an den Umweltschutz stellt. Für Hamburg, wo jedes Jahr bis zu 10.000 Wohnungen gebaut werden sollen, ist das happig. Zumal in der Hansestadt die Preise für Grundstücke oder Handwerker ohnehin hoch sind.

Beitrag zum Klimaschutz ist unverzichtbar

Saga-Vorstandssprecher Thomas Krebs muss einen Zielkonflikt lösen. Der städtische Wohnungskonzern soll jedes Jahr bis zu 2000 günstige Wohnungen mit hohem energetischen Standard errichten. Zugleich dürfen seine Mieter nicht über hohe Nebenkosten infolge strom- und wartungsintensiver Lüfter oder Heizungsanlagen zur Kasse gebeten werden.

„Wir wollen auch frei finanzierte Wohnungen für unter 10 Euro pro Quadratmeter bauen, um so preisgünstige Mieten in einem Segment anbieten zu können, das es heute auf dem Hamburger Mietenmarkt nicht gibt.“ Zugleich lässt Krebs keinen Zweifel daran: „Unser Beitrag zum Klimaschutz ist selbstverständlich und unverzichtbar.“

Warmmietenneutralität lautet für ihn das Zauberwort. Die höhere energetische Qualität eines Wohngebäudes, egal ob neu oder saniert, darf am Ende „nicht zulasten der Mieter gehen“.

Mieter haben weiterhin hohe Energiekosten

Genau das aber sei ein Problem. Klimaschützer versprechen, die Mieter hätten durch sinkende Heiz- und Energiekosten einen Vorteil von mehr Umweltschutz. „Aber die in theoretischen Modellen errechneten Einsparmöglichkeiten stellen sich oft nicht ein, und insbesondere hohe Stromkosten für aufwendige Haustechnik belastet die Nebenkosten“, sagt Krebs.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete unlängst von einem Test in Wiesbaden. Eine Wohnungsbaugesellschaft hatte vier gleiche Häuser bauen lassen. Zwei der Gebäude waren moderne Passivhäuser – gedämmt und mit allem ausgestattet, was Umwelttechnik derzeit so hergibt. Die anderen beiden Gebäude entsprachen lediglich den Anforderungen der Energieeinsparverordnung des Jahres 2009. Das Ergebnis: Die beiden Passivhäuser benötigten zwar gut ein Drittel weniger Heizenergie als die beiden „alten Häuser“. Allerdings verbrauchten sie viermal mehr Strom.

Saga-Chef Thomas Krebs weiß von den unterschiedlichen Interessenlagen zu berichten. „Für die Dämmstoff­industrie ist das ein großes Geschäft. Mit dem Dämmen von Gebäuden wird viel Geld verdient.“ Es überrascht ihn daher nicht, dass die Dämmstofflobby ihr Heil in einer weiteren technischen Optimierung des einzelnen Gebäudes sehen. „Das Haus steht im Mittelpunkt, aber ich sehe das kritisch, weil dadurch das Bauen immer teurer wird.“

Haustechnik ist verdammt teuer

Doch es gehe nicht nur um die Baukosten, auch der sogenannte Grenznutzen sinke. Das bedeutet: Anfangs gingen immer dickere Dämmplatten und sinkender Energieverbrauch „im Gleichschritt“ einher. Ab einem bestimmten Punkt aber erfordere jeder Prozentpunkt Energieeinsparung ein größeres Maß an Dämmung. „Jedes zusätzlich eingesparte Gramm CO2 wird immer teurer“, sagt Krebs.

Ähnlich kritisch sieht er die Entwicklung beim Einsatz von Haustechnik. Man habe zwar noch keine langjährigen Erfahrungen damit. „Aber eines ist klar: Es wird verdammt teuer.“ Abgesehen davon, dass Haustechnik während ihres Einsatzes enorm viel Strom verbrauche, müsse sie ständig gewartet, repariert und in regelmäßigen Abständen erneuert werden.

Saga-Chef Thomas Krebs schlägt einen alternativen Weg vor. Während aus seiner Sicht die derzeitige Klimaschutzpolitik „zu stark auf das einzelne Gebäude fixiert“ sei, bringt er den sogenannten Quartiersansatz ins Gespräch, der auch im „Bündnis für das Wohnen“ seinen Niederschlag gefunden hat. „Im Vordergrund steht nicht die Energiebilanz eines Gebäudes, sondern ganzer Wohnungsbestände. Es geht um den Flottenverbrauch.“

Kostengünstig bauen und Klima schützen

Mit anderen Worten: Das Ziel, Kohlendioxid zu sparen und nachhaltig zu bauen, bleibt das gleiche. „Aber man gibt dem Investor oder den Hauseigentümern mehr Freiheit beim Erreichen der Zielmarken.“ Letzten Endes, davon ist Krebs überzeugt, könnten Investoren dann kostengünstiger bauen und sanieren, ohne die Klimaschutzziele zu verfehlen. Der Saga-Chef kann sich einen „Hamburger Weg“ vorstellen. „Am besten, wir probieren es in einem Pilotprojekt aus.“

Wie das Ganze funktionieren soll, erklärt Krebs an einem Beispiel. Statt ein bestehendes Gebäude nur zu dämmen, wie bei einer grundlegenden Sanierung gesetzlich vorgeschrieben, sei es sinnvoll, die Heizanlage zu erneuern. „15 bis 20 Prozent an Wärmeenergie kann man allein durch den professionellen Betrieb der Heizanlagen sparen.“ Entscheidend sei, dass der Hauseigentümer und der Investor selbst entscheiden können: „Dämmung und moderne Gebäudetechnik oder innovative Versorgungskonzepte.“

Stadterweiterung in Rothenburgsort nutzen

Was regenerative Energie angeht, so lohne ihr Einsatz oft erst bei einer größeren Zahl von Gebäuden. Der sogenannte Mieterstrom, bei dem durch Solarzellen erzeugter Strom ins Netz eingespeist wird und die Mieter dadurch ihre Stromkosten senken können, setzte voraus, dass sich mehrere Hauseigentümer zusammenfinden.

Der Saga-Vorstand schlägt vor, die Stadterweiterung und Sanierung in Hamburgs Osten zu nutzen, um „Energieeinsparung und -versorgung neu zu denken“. In Rothenburgsort beispielsweise sei es möglich, die industrielle Abwärme der Kupferhütte Aurubis über Fernleitungen heranzuführen.