Hamburg. OSZE-Treffen prägt das öffentliche Leben in der Stadt. Scholz begrüßt Außenminister im Gästehaus des Senats. Steinmeier trifft Lawrow.

Der größte Polizeieinsatz der jüngeren Geschichte in Hamburg hat begonnen: Die Präsenz an Polizeifahrzeugen in der Hamburger Innenstadt ist unübersehbar, Hubschrauber kreisen in der Luft, Polizeiboote fahren auf der Alster. Insgesamt sind bis zu 13.200 Polizisten auf den Straßen unterwegs. Das Treffen der OSZE-Außenminister prägt das öffentliche Leben in der Hansestadt. Der Tag im Überblick.

Ausblick: 2000 Teilnehmer zu Protesten in der City erwartet

Alle angemeldeten Demonstrationen gegen das Treffen der OSZE-Minister finden am Donnerstag statt. Zunächst wollen Aktivisten am Jungfernstieg von 9 bis 13 Uhr eine Mahnwache abhalten, die voraussichtlich jedoch keinen Einfluss auf den laufenden Verkehr in der City haben wird. Von 12 Uhr bis 15 Uhr wird es eine Kundgebung auf dem Karolinenplatz nahe der Tagung der OSZE-Minister geben, auch dort gelten Zwischenfälle als sehr unwahrscheinlich.

Die weiteren Demonstrationen bergen dagegen mehr Konfliktpotenzial: Von 15.30 Uhr an bis etwa 18.30 Uhr wollen Kurden vom Hachmannplatz nahe dem Hauptbahnhof zur Feldstraße auf St. Pauli ziehen, dazu werden 1500 Teilnehmer erwartet. Radikale Linke haben zudem eine Demo vom U-Bahnhof Feldstraße zum Dammtordamm in der Zeit von 18 Uhr bis 22 Uhr angemeldet. Eine Kundgebung wird es dann noch einmal von 20 Uhr bis 23 Uhr an der Feldstraße geben. Bei angekündigten Aktionen der linken Szene wird mit jeweils etwa 200 Teilnehmern gerechnet.

Aus Sicherheitskreisen heißt es, durch die Demonstrationen und die Absperrungen drohen am Donnerstagabend die größten Beeinträchtigungen für Autofahrer im gesamten Innenstadt­bereich. Zudem werden am späten Nachmittag die Teilnehmer der Konferenz von den Messehallen zurück zu den Luxushotels in der City eskortiert, wodurch es zu weiteren kurzzeitigen Sperrungen kommen könnte. Am Freitag soll sich dann auch die Verkehrslage deutlich entspannen.

Die Polizei wird die Demonstrationszüge mit einem Großaufgebot absichern. Für den Fall von Ausschreitungen stehen Dutzende Wasserwerfer in Bereitschaft. Bislang wird im Präsidium jedoch von einem friedlichen Verlauf aller Protestaktionen ausgegangen.

Scholz begrüßt Außenminister im Gästehaus des Senats

Im Schutz der Dunkelheit fuhr eine Staatskarosse nach der anderen vor: Das Gästehaus des Senats, klassizistischer Prachtbau an der Außenalster, bot am Mittwochabend den noblen Rahmen für den inoffiziellen Empfang der Außenminister. Polizeibeamte hatten die Schöne Aussicht in Höhe Auguststraße gesperrt. Kein Durchkommen für Passanten, Hundebesitzer und Jogger, die sonst hier ihre Bahnen ziehen.

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz © dpa | Christian Charisius

Der Hausherr, Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), begrüßte 35 Außenminister der Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, kurz OSZE. Nicht alle rund 50 Delegationen waren bereits in Hamburg eingetroffen, noch am späten Abend reisten weitere Minister zu dem zweitägigen Arbeitstreffen an, das offiziell am Donnerstag beginnt.

Gereicht wurde den Politikern im Gästehaus ein „Flying dinner“ mit überwiegend regionaler Kost: als Vorspeise Glückstädter Matjes und geräucherte Entenbrust und als Hauptgang Holsteiner Kalbsrücken, gebratene Riesengarnele mit Süßkartoffelpürée sowie getrüffeltes Risotto mit Pilzen und Rucola.

Steinmeier trifft Lawrow und NGO-Vertreter

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat Russland zur konstruktiven Mitwirkung in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aufgefordert. Bei einer Begegnung mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow vor dem OSZE-Ministertreffen in Hamburg sagte Steinmeier am Mittwochabend, Moskau solle daran mitarbeiten, die wieder angewachsenen Spannungen in Europa nicht noch zu verschärfen. Das Auswärtige Amt bezeichnete das Gespräch als „ernst“.

Im Fokus des Gesprächs standen nach Angaben des Auswärtigen Amtes die Lage in Syrien und vorallem in Aleppo sowie die großen Fragen von Sicherheit, Stabilität und Frieden in Europa. Angesichts der Lage in Syrien drängte Steinmeier demnach auf eine sofortige humanitäre Waffenruhe und unterstrich die Dringlichkeit eines sofortigen Wiedereinstiegs in den politischen Prozess.

Am frühen Abend hatte sich Steinmeier im Hotel Radisson Blu am Dammtor auch mit Vertretern von mehr als 90 Nichtregierungsorganisationen getroffen. Die Plattform „Civic Solidarity“ hatte dort zwei Tage lang getagt und eine „Hamburger Erklärung“ erarbeitet, in der sie mehr Einsatz für die Grund- und Menschenrechte und gegen die Unterdrückung der Zivilgesellschaft in einigen OSZE-Ländern fordert.

Blick ins OSZE-Medienzentrum

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    John Kerry und Sergej Lawrow treffen sich

    Auch die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, haben sich am Mittwoch in Hamburg zu einem Gespräch getroffen. Für Kerry und Lawrow dürfte dies eine der letzten Zweierbegegnungen gewesen sein. Der US-Politiker scheidet nach dem Erfolg von Donald Trump bei der Präsidentenwahl im Januar aus dem Amt.

    John Kerry zum Lunch im Fischereihafen Restaurant

    „Das war sicher der größte Aufmarsch an Sicherheitskräften, den das Fischereihafen-Restaurant jemals erlebt hat“, staunte Geschäftsführer Dirk Kowalke. Ja, sein Team wusste, dass besondere Gäste im Anflug waren, die Reservierung für einen Zehn-Personen-Tisch um 14 Uhr lag vor. Doch erst eine Minute vor der Ankunft herrschte Klarheit, dass es sich bei dem Gast um einen der prominentesten Teilnehmer des OSZE-Gipfels handelte. Nach einem kurzen Ausflug an die Binnenalster zum Hotel Vier Jahreszeiten führte US-Außenminister John Kerry der Weg direkt zum kultigen Fischlokal an der Elbe.

    Während eine Hundertschaft Polizisten die komplett gesperrte Große Elbstraße kontrollierte, Security-Leute mit Maschinengewehren am Lokal patroullierten und gleich mehrere Hubschrauber den Luftraum sicherten, nahm der 72-Jährige im mit 190 Personen voll besetzten großen Restaurant in aller Ruhe Platz und ließ sich ein klassisches Drei-Gänge-Menü schmecken.

    Als Vorspeise wählte Kerry ein Rote-Bete-Carpaccio mit Sylter Ziegenfrischkäse und Trüffel-Vinaigrette. Dem Hauptgang – gebratenem Steinbutt mit Pommerey-Senfsauce – folgte als Nachtisch Hamburger Roter Grütze mit Rahmreis und Vanillesauce. „Erstaunlich, wie entspannt und freundlich John Kerry trotz des Trubels blieb“, sagte Kowalke. Kurz vor 16 Uhr entschwand der Außenminister der USA wieder – und der Wahnsinn hatte (vorerst) ein Ende.

    Russlands Außenminister Lawrow in Hamburg eingetroffen

    Laut Polizei Hamburg ist nun auch der russische Außenminister Sergej Lawrow in der Stadt angekommen. Er wird nach Abendblatt-Informationen genau wie sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier, im Hotel Atlantic residieren.

    Steinmeier beschwört Notwendigkeit der Diplomatie

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich nach seiner Ankunft am späten Nachmittag im Hotel Atlantic zu dem bevorstehenden OSZE-Treffen in der Hansestadt. Steinmeier dankte den Hamburgern erneut für ihre Gastfreundschaft und lobte Hamburg als "Tor zur Welt". Mit Blick auf die Ukraine-Krise sagte er: "Die Frage von Krieg und Frieden ist mit der Annexion der Krim auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt." Europa befinde sich seitdem in einer Art "Dauerkrisenmodus".

    "Deshalb ist es so wichtig, dass Staaten zusammenkommen, um zu reden und wo nötig auch zu streiten." Mit Blick auf das Treffen in Hamburg sagte Steinmeier weiter, es werde nicht für alles eine Lösung geben. "Aber Dialog und Austausch sind der richtige Weg. Dafür ist die OSZE unentbehrlich."

    Parallel dazu sind auch zahlreiche Einzelgespräche geplant. Noch am Abend wollten sich in Hamburg US-Außenminister John Kerry und Russlands Außenminister Sergej Lawrow treffen.

    John Kerry shoppt auf dem Weihnachtsmarkt

    Vor dem offiziellen Beginn des OSZE-Ministerrats in Hamburg ist US-Außenminister John Kerry am Mittwoch auf dem Weihnachtsmarkt am Jungfernstieg shoppen gegangen. Kerry verließ am Nachmittag sein Hotel an der Binnenalster mit Begleitern und Sicherheitsbeamten. Er schlenderte entspannt an den Buden vorbei und sprach mit einer Passantin.

    An einem Stand mit mediterraner Olivenholzkunst blieb der Außenminister stehen, ließ sich vom Verkäufer beraten und kaufte schließlich vier kleinere und zwei größere Holzgefäße. Nach Angaben des Händlers werden die Waren in Tunesien von einem Familienbetrieb in Handarbeit hergestellt. Kerry bezahlte mit einer Kreditkarte und sprach dabei auch etwas Deutsch. Anschließend fuhr der Minister mit seinen Begleitern in einer Wagenkolonne davon.

    OSZE-Kolonne auf der Hoheluftchaussee

    Einem Räuber wurde die große Polizeipräsenz in Hamburg am Mittwoch bereits zum Verhängnis: Der Mann hatte laut Polizei versucht, aus einem Supermarkt am Nobistor Waren im Wert von 60 Euro zu stehlen. Als ihn eine Verkäuferin aufzuhalten versuchte, bedrohte er diese mit einer offensichtlich gebrauchten Spritze und flüchtete. Die Angestellte und eine Kollegin folgten dem Mann und machten eine Streife der Bundespolizei, die dort anlässlich des OSZE-Gipfels im Einsatz war, auf den Mann aufmerksam. Die Beamten nahmen den Mann fest und übergaben ihn an die Kollegen der Hamburger Polizei.

    Außenminister Steinmeier ebenfalls in Hamburg angekommen

    Am frühen Mittwochnachmittag landete Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Hamburg, der im Hotel Atlantic wohnen wird. Im Vorfeld hatte er mit einem handgeschriebenen Brief, der am Dienstag auf einer halben Anzeigenseite im Hamburger Abendblatt erschienen war, bei der Hamburger Bevölkerung um Verständnis für die Unannehmlichkeiten während des OSZE-Treffens geworben.

    Polizei kontrolliert Anwohner und Besucher in Sicherheitszone

    Am frühen Mittwochnachmittag informierte Polizeipressesprecher Timo Zill per Twitter über Kontrollpunkte in der Sicherheitszone. Insgesamt gebe es zehn Durchlassstellen, an denen Anwohner oder Besucher, die in die Sicherheitszone wollen, ihren Ausweis vorzeigen müssen, sagte Zill. Pauschale Durchsuchungen werde es nicht geben. "Wenn jemand seinen Ausweis nicht dabei hat, werden wir unbürokratische Lösungen finden", kündigte Zill an. Die Kontrollpunkte sind 24 Stunden am Tag besetzt.

    Kerry – gut gelaunt und mit flottem Schritt

    Um 12.46 Uhr stieg US-Außenminister John Kerry am Hamburg Airport aus der Maschine, die zehn Minuten zuvor gelandet war. Mit flottem Schritt kam der 72-jährige Kerry, gerade auf Abschiedstour, die Flugzeugtreppe herrunter und begrüßte gut gelaunt das Empfangskomitee. Mehr als ein Dutzend schwarze Limousinen und Begleitautos der Polizei parkten bereits rund um die US-Regierungsmaschine.

    Schon am Vormittag hatte sich ein Tross von Journalisten am Hamburger Flughafen versammelt, um ein Bild vom US-Außenminister zu ergattern. Kerry wird mit seiner Delegation im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten absteigen. Kerry ist einer von 50 Ministern aus Staaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die auf Einladung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Hamburg zusammenkommen.

    Den Gästen wird Krabbensuppe und Franzbrötchen serviert

    Nach Informationen des Abendblatts werden John Kerry und seine Kollegen in Hamburg mit regionale Spezialitäten verköstigt. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes stehen Hamburger Krabbensuppe und Holsteiner Kartoffelsuppe, Aalrauchmatjes und Ostseelachsfilet mit Hummersauce sowie Rote Grütze und Franzbrötchen auf der Speisekarte. Eine Hamburger Bäckerei und Konditorei, ein traditionelles Familienunternehmen aus dem Hamburger Norden, liefert außerdem Weihnachtsgebäck und Christstollen sowie Baumkuchen in Form von Hummel-Figuren.

    Beamte sichern Messehallen und Hotels

    Schon am frühen Mittwochmorgen richteten Beamte an den Messehallen, der Hauptaustragungsort für das zweitägige Treffen, zwei Sicherheitszonen ein. An den Straßen rund um die Messehallen wurden Autos abgeschleppt und Absperrungen aufgebaut. Nach Angaben der zentralen Verwahrstelle für abgeschleppte Fahrzeuge wurden viele Autos jedoch nur umgesetzt und kamen nicht in den "Autoknast" an der Ausschläger Allee.

    Am morgigen Donnerstag wird die Feuerwehr eine eigene Feuerwache hinter der zweiten Absperrung des OSZE-Bereiches rund um die Messehallen installieren. Auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr Pöseldorf werde ein Behandlungsplatz geschaffen, zwei Löschzüge, Notärzte und zahlreiche Rettungskräfte stünden dort in Bereitstellung. Primär seien die Kräfte für Notfälle im Sicherheitsbereich gedacht, sagte Feuerwehrsprecher Werner Nölken am Mittwoch. Die Feuerwehr- und Rettungskräfte könnten aber auch Einsätze durch Demonstrationsgeschehen abdecken.

    Stockender Verkehr wegen Straßensperrungen

    Bereits seit dem heutigen Mittwoch bewachen Polizisten Straßen und Zugänge zum Schanzenpark, sowie den S-Bahnhof Sternschanze. Durch die Sicherheitsmaßnahmen staute sich der Verkehr im Bereich der Messe mehr als üblich. Laut Polizeiangaben wurden einige Straßen im Stadtteil Rotherbaum komplett gesperrt. Auch rund um die Alster gab es stark stockenden Verkehr.

    +++ OSZE-Gipfel in Hamburg – Was Sie jetzt wissen müssen +++

    Auch die Fünf-Sterne-Hotels, die die Außenminister und ihre Delegationen beherbergen, wurden bereits am frühen Morgen mit Gittern abgesichert. Autos, die in den Bereich fahren wollen, werden von Polizeibeamten kontrolliert. Mit einem Spiegel untersuchen sie auch den Unterboden der Fahrzeuge.

    +++ Lesen Sie hier alles rund um den OSZE-Gipfel +++

    Nach Abendblatt-Informationen wird US-Außenminister John Kerry mit seiner Delegation im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten absteigen. Im Hotel Atlantic sollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und die deutsche Delegation Quartier beziehen. Im Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee steigen dem Vernehmen nach mehrere Außenminister ab. Die Isländer wohnen im Reichshof an der Kirchenallee. In den Hotels herrscht die höchste Sicherheitsstufe.