Hamburg. Kammerpräses Melsheimer: Künftiger US-Präsident könnte „sehr negative“ Auswirkungen haben. Auch der Hafen könnte leiden.

Die Hamburger Wirtschaft ist mit den Vereinigten Staaten eng verflochten: Die USA sind der fünftwichtigste Handelspartner der Hansestadt weltweit. Vor diesem Hintergrund hat die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten in der Hamburger Wirtschaft Befürchtungen hervorgerufen, Deutschlands Handelsmetropole könne in den nächsten Jahren unter seiner Politik leiden.

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„Sollte Trump seine Wahlkampfankündigungen wahr machen und auf eine isolationistischere und protektionistischere Wirtschaftspolitik umschwenken, würde unser Außenhandel das in den kommenden Jahren sehr negativ zu spüren bekommen“, sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer. Aber auch die Hamburger Industrie, wie beispielsweise der Maschinenbau oder die Elektrotechnikbranche, würde nach Auffassung von Melsheimer unter höheren Zöllen und neuen Beschränkungen auf dem amerikanischen Markt leiden.

Im Video: Das sagen die Hamburger zu Trump:

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Umfrage: Das halten die Hamburger von Donald Trump

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    „Uns bleibt die Hoffnung, dass der neue amerikanische Präsident seine angekündigte wirtschaftliche Abschottungspolitik nicht eins zu eins umsetzen wird“, fügte der Handelskammer-Präses an. Denn auch die US-Wirtschaft sei ja darauf angewiesen, ihre Produkte auf den Weltmärkten abzusetzen.

    Zunächst einmal sei aber die Wahl von Trump keine gute Nachricht für die Hamburger Wirtschaft, findet Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI): „Damit hat die populistische Bewegung, die sich nicht nur in den USA in der Gesellschaft regt, politische Macht erlangt.“ Dies werde dazu führen, dass Grenzen wieder an Bedeutung gewinnen. Für Vöpel markiert der Sieg von Trump eine „Trendwende in der Globalisierungsdebatte“. Die Folge könne sein, dass der Welthandel auf ein niedrigeres Niveau zurückfällt. „Innerhalb von zwei oder drei Jahren würde Deutschland die Auswirkungen spüren und der Umschlag im Hamburger Hafen leiden“, so Vöpel.

    Zudem werde die Unsicherheit über den wirtschaftspolitischen Kurs der US-Regierung wenigstens kurzfristig einen negativen Effekt auf die größte Volkswirtschaft der Welt haben – und bereits das schade Hamburg als der wichtigsten Handelsdrehscheibe Deutschlands. Bisher wisse man aber wenig über konkrete Pläne Trumps, sagte der HWWI-Direktor: „Der neue Präsident wird Realpolitik machen müssen – und der Unterschied zu seiner Wahlkampfrhetorik kann groß sein.“

    Eine Übersicht über Erwartungen und Reaktionen in Hamburger Branchen und an der Börse:

    Hafen

    Schwenkt die amerikanische Wirtschaft auf einen protektionistischen Kurs um und der Außenhandel geht zurück, trifft das den Hamburger Hafen besonders. Die USA sind der viertgrößte Handelspartner des Hafens, wobei der Import amerikanischer Waren annähernd doppelt so groß ist wie der Export in die Vereinigten Staaten. Im vergangenen Jahr wurden im seeseitigen Außenhandel mit den Vereinigten Staaten knapp 6,1 Millionen Tonnen Seegüter umgeschlagen. Vor allem Erdöl, Erdgas, Kohle und landwirtschaftliche Erzeugnisse werden über den Hamburger Hafen aus den USA eingeführt. Im Versand in die USA stehen chemische Erzeugnisse und Nahrungsmittel an der Spitze.

    Die Hafenwirtschaft schaut deshalb genau auf den wirtschaftspolitischen Kurs der USA. „Ob sich die Wahl von Donald Trump auf den deutschen Außenhandel und damit auf den Umschlag des Hamburger Hafens auswirken wird, lässt sich heute aber noch nicht beurteilen“, sagte Norman Zurke, Geschäftsführer des Unternehmensverbands Hafen Hamburg.

    Auch Hapag-Lloyd könnte betroffen sein. Die Hamburger Traditionsreederei fährt wöchentlich siebenmal von Norddeutschland nach Nordamerika, dreimal ab dem Hamburger Hafen, viermal ab Bremerhaven.

    Hapag-Lloyd ist zudem eine von nur drei Containerreedereien weltweit, die zertifiziert sind, Ladung im Auftrag der US-Regierung zu transportieren. Das betrifft unter anderem Versorgungsgüter für die US-Streitkräfte im Ausland. Im Falle einer politischen Umorientierung der USA könnte das Ladungsaufkommen zurückgehen.

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    Luftfahrt

    „Die Luftfahrt leidet schon heute unter politischen Entwicklungen, die die Lust am Reisen verringern“, sagte der Hamburger Branchenexperte Heinrich Großbongardt. „Das wird durch Trumps Wahlsieg nicht besser, denn er bedeutet für die Weltpolitik tendenziell weniger Stabilität.“ Protektionismus schade der Luftfahrt ohnehin.

    Dies werden nach Einschätzung des Experten vor allem die Fluggesellschaften zu spüren bekommen. Auswirkungen auf die Bestellzahlen von Airbus seien auf absehbare Zeit nicht zu befürchten. „Die Beschaffungszyklen von Airlines sind länger als die vierjährige Amtszeit eines US-Präsidenten“, so Großbongardt, „und US-Fluggesellschaften treffen ihre Flottenentscheidungen unabhängig von der Politik.“ Ein Airbus-Sprecher sagte, auch vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahl zeige sich, dass das Unternehmen sich mit dem Bau eines Montagewerks in den USA und der Strategie, auch mit der Fertigung näher an den Kunden zu sein, richtig positioniert habe.

    Industrie

    Donald Trump habe in seiner ersten Rede nach der Wahl zu erkennen gegeben, „dass er sich der Verantwortung durchaus bewusst ist, die im neuen Amt auf ihn zukommt“, sagte Nordmetall-Präsident Thomas Lambusch. „Dies gibt den norddeutschen Arbeitgebern der Metall- und Elektroindustrie Anlass zu der Hoffnung, dass auch der 45. Präsident der Vereinigten Staaten zur Weiterentwicklung der deutsch-amerikanischen Freundschaft steht.“ Nicht Protektionismus und Zollschranken, sondern fairer Freihandel werde Arbeitsplätze und Auskommen auf beiden Seiten des Atlantiks sichern, so Lambusch. Für die Unternehmen der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie seien die USA noch vor China der wichtigste außereuropäische Absatzmarkt.

    Börse

    Hamburger Aktien reagierten auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl heftiger als der Deutsche Aktienindex (DAX): Der Haspax rutschte anfangs um 3,7 Prozent ab, bis zum späten Nachmittag verringerte sich der Verlust auf 2,5 Prozent. Dabei gaben Titel des Windkraftanlagenherstellers Nordex um fast neun Prozent nach. Auch andere Aktien aus der Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland verloren stark an Wert.

    Denn Trump wolle erklärtermaßen die traditionellen Energiequellen wiederbeleben und sich damit einem weltweiten Trend widersetzen, hieß es dazu am Markt. Im Wahlkampf hatte der republikanische Präsidentschaftskandidat den arbeitslos gewordenen Kohlearbeitern in West Virginia und Kentucky versprochen, ihnen im Fall seines Wahlsiegs wieder Beschäftigung zu geben.