Hamburg . Universität gibt ihren Anteil am HWWI für einen Euro ab. Handelskammer billigt Jahresabschluss. Kritik von Kammer-Rebellen.

Das Plenum der Handelskammer Hamburg hat mit klarer Mehrheit für eine Übernahme des Hamburgischen Weltwirtschafts-Instituts (HWWI) gestimmt. Damit kauft die Kammer, die bereits 50 Prozent der Anteile an dem Institut besitzt, der Universität Hamburg ihre 50 Prozent für einen symbolischen Euro ab. Von den 66 Plenariern waren nur 36 anwesend. 24 stimmten für die Übernahme, sechs dagegen und sechs enthielten sich.

Das HWWI werde weiter „als Leuchtturm der angewandten wirtschaftswissenschaftlichen Forschung in Hamburg unterstützt“.Bis spätestens Ende 2017 sei geplant, „mindestens einen neuen Mitgesellschafter für das Institut zu gewinnen“, so die Kammer nach der Entscheidung. Die Uni hatte ihre Anteile wegen der finanziellen Probleme des HWWI loswerden wollen.

„Wir respektieren den Wunsch der Universität nach einem Ausscheiden aus dem Gesellschafterkreis und freuen uns über die Bereitschaft der Helmut-Schmidt-Universität (HSU), künftig als wissenschaftlicher Partner zu fungieren“, sagte Kammerpräses Fritz Horst Melsheimer. „Das Alleinstellungsmerkmal des HWWI ist es, globale Entwicklungen auf Implikationen für den Standort Hamburg und die Hamburger Wirtschaft hin zu analysieren. Seine Arbeit ist außerordentlich wertvoll für den Wirtschaftsstandort Hamburg und seine Unternehmen.“ Die HSU werde sich auch finanziell beim HWWI engagieren – etwa in derselben Größenordnung wie bisher die Universität Hamburg.

Handelskammer billigt Gehalt von Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz

Auch dem Jahresabschluss 2015 der Kammer mit einem Minus von 5,3 Millionen und einem auf 530.000 Euro erhöhten Jahreseinkommen von Hauptgeschäftsführers Hans-Jörg Schmidt-Trenz stimmten die Plenarier mit einer sehr klaren Mehrheit zu. Sowohl die Erhöhung des Geschäftsführergehaltes als auch die Übernahme des HWWI waren zuvor auf Kritik der Gruppe die „Kammer sind WIR“ gestoßen (Abendblatt berichtete).

„Das Monopoly Spiel der Handelskammerführung geht weiter: Meine Universität (HSBA), mein Karneval (Morgensprache), mein Palast (Innovationscampus), mein Archiv (Commerzbibliothek) und jetzt MEIN Forschungsinstitut – das HWWI“, kommentierte WIR-Plenariern Diana Rickwardt von der Kommunikationsagentur feinbrand. „Die Entscheidung ist auch schlecht für das HWWI selbst. Es gehört jetzt zur Kammerfamilie und dort gelten die Kammergesetze. Der Aufgabenbereich ist ab sofort auf den Kammerbezirk Hamburg beschränkt – und der endet in Norderstedt. Das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut ist nur noch das Hamburger Lokalwirtschaftsinstitut“, so Rickwardt.

Rolle Hamburgs in der Kolonialzeit wird untersucht

In der Sitzung wurde auch beschlossen, dass die Handelskammer „einen eigenen Beitrag zum aktuellen Forschungsprojekt der Universität Hamburg zur Aufarbeitung der Rolle der Stadt während der deutschen Kolonialzeit leisten“ wolle. „Um der Forschung den bestmöglichen Zugang zu den Quellen der Handelskammer zu ermöglichen und um Transparenz über das vorhandene Material über die Kolonialzeit zu schaffen, hat das Plenum beschlossen, ein sogenanntes ‘Findbuch’ zu erstellen, das alle vorhandenen Akten im eigenen Archiv sowie bei der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv erfasst“, teilt die Kammer nach der Sitzung mit. „Weil die Unterlagen sehr umfangreich sind und zum Teil noch systematisch erfasst werden müssen, wird die Kammer damit einen externen Dienstleister beauftragen.“

Die Kammer will nun auch "Vortragsveranstaltungen zu Einzelaspekten der kolonialen Vergangenheit Hamburgs in den eigenen Räumen durchführen", teilte sie mit. Die Themen könnten "an die Forschungsthemen der im Juli 2014 mit der Aufarbeitung beauftragten Forschungsstelle 'Hamburgs (post-)koloniales Erbe/Hamburg und die frühe Globalisierung' anknüpfen".

Als "wichtigster deutscher Außenhandelsplatz" habe "Hamburg bei der Entwicklung des deutschen Kolonialismus naturgemäß eine Vorreiterrolle gespielt“, sagte Präses Fritz Horst Melsheimer. Deshalb sei die Handelskammer "sehr an einer umfassenden Untersuchung der kolonialen Vergangenheit sowohl der eigenen Institution als auch der Hamburger Wirtschaft insgesamt interessiert".

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