Hamburg. Prof. Angelika Redder: Einheimischer und Zuwanderer sollten “im Tandem lernen“. Es gibt Vorbilder, bei denen das klappt.

Der Zustrom von Flüchtlingen sollte nach Ansicht einer Hamburger Linguistin zum Sprachenlernen ermuntern. „Die Welt ist normalerweise mehrsprachig“, sagte Prof. Angelika Redder von der Universität Hamburg der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Wir sind in Deutschland lange Zeit Monolingualität gewöhnt gewesen. Und ich halte es für eine Verarmung, die Monolingualität einfach nur zu verschieben, hin zum globalen Englischen.“ Diejenigen, die neben ihrer Muttersprache kaum Fremdsprachen gelernt hätten, sollten sich ein paar weitere aneignen. „Man könnte jetzt die Konstellation nutzen, um das im Tandem zu tun.“

Ein Einheimischer könne einem Zuwanderer Deutsch beibringen, während er von diesem zugleich Arabisch, Persisch oder Kurdisch lerne. „Man muss sich ja nicht die kleinsten Stammessprachen schnappen“, meinte Redder. Bislang habe das Lernen in der Schule als mühsam gegolten, weil es um Sprachen ging, die die Schüler nicht direkt anwenden konnten. „Nur wenn man dann in den Ferien nach Frankreich oder Spanien fuhr, konnte man das wieder benutzen.“

Inder und Afrikaner sind vier- bis fünfsprachig

Die Sprachen der Zuwanderer hätten dagegen einen direkten kommunikativen Wert. Die bisher üblichen Sprachen müssten deswegen nicht aufgegeben werden. Das zeigten viele Inder oder Afrikaner, die ganz selbstverständlich vier- bis fünfsprachig seien. Sprachkenntnisse seien eine Bereicherung. Wenn man nur ein bisschen verstehe, könne das schon helfen. „Das nimmt auch Angst“, zeigte sich Redder überzeugt.

Und anders als es Forderungen aus der CSU nahelegten, seien zumindest die Hamburger Moscheen schon mehrsprachig. Redder will am Mittwoch auf dem bundesweiten Akademientag an der Universität Hamburg einen Vortrag über das Thema „Vielstimmig und mehrsprachig“ halten. Dabei will sie dafür werben, die selbstverständliche Vielstimmigkeit einer Stadt bewusster wahrzunehmen.

Der Akademientag beschäftigt sich zudem mit dem Wandel der deutschen Sprache, ihren Dialekten, dem Juristendeutsch und dem Schutz kleinerer Sprachen. Veranstalter ist die Akademienunion, zu der acht deutsche Wissenschaftsakademien gehören.