Hamburg. Senat und Hochbahn räumen längere Fahrzeiten auf bestimmten Strecken ein. Busbeschleunigung paradox: Diese Linien wurden langsamer.

Ist diese verkehrspolitische Maßnahme nur ein Nullsummenspiel? Die bisherigen Maßnahmen der Busbeschleunigung in Hamburg haben offenbar dazu geführt, dass andere Busse langsamer wurden. Die neue Entschleunigung der vernachlässigten Linien lässt sich an durchschnittlichen Fahrzeiten verschiedener Buslinien belegen. Sie wurden größtenteils langsamer, während andere, bevorzugte Buslinien schneller wurden. Das geht aus der Senatsantwort zu einer Großen Anfrage der FDP-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

Der verkehrspolitische Sprecher Wieland Schinnenburg sagte mit Verweis auf die Fahrzeiten der Buslinien 22, 39, 120, 124, 130, 166, 171, 173, 183, 185, 213, 283, 284 sowie der Nachtbusse 606 und 609, dass diese sich verlängert hätten und somit der Effekt einer Busbeschleunigung verpufft sei. „Viele Buslinien fahren nach Durchführung des Busbeschleunigungsprogramms langsamer als vorher“, so Schinnenburg.

Bus-Fahrzeiten bis zu sechs Minuten länger

Einige Erklärungen für die Verlangsamung leuchten ihm nicht ein. Eine „Beschleunigungswirkung“ für 2015 müsse man entgegen der Senatsmeinung schon jetzt ablesen können. „Im Übrigen kann eine fehlende Beschleunigung nicht eine Verlangsamung rechtfertigen.“

Zum Teil sind die Fahrzeiten der Busse bei den „kreuzenden Linien“ wie 22, 120 oder 171 nur um ein bis drei Minuten verlängert. Das sind die Linien, die die beschleunigten Busse kreuzen. Der 173er sowie die Linien 183, 185 und 213 brauchen jedoch bis zu sechs Minuten länger. Der 183er beispielsweise ist jedoch durch die A7-Baustellen in Stellingen und Eidelstedt beeinträchtigt.

Busbeschleunigungs-Programm mit paradoxen Auswirkungen

Auffällig sind die Buslinien, die zum Teil parallel zu den beschleunigten Bussen fahren. So wird etwa der 172er zwischen Lentersweg und Mundsburger Brücke auf dem busbeschleunigten Abschnitt tatsächlich schneller. Zwischen Barmbek und Hebebrandstraße ist die durchschnittliche Fahrzeit um beinahe zwei Minuten gesunken. Die gesamte Fahrzeit des Busses ist jedoch bei einem Umlauf (Hin- und Rückfahrt) um sechs Minuten gestiegen – Busbeschleunigung paradox.

Schneller wurde die Fahrzeit auch für den stark frequentierten 23er zwischen Niendorf Markt und Billstedt, allerdings nur zwischen Niendorf Markt und Niendorfer Straße und nur um 30 Sekunden. Das ist eine Distanz von zwei Stationen, dort fährt auch der busbeschleunigte 5er. Heißt: Auf den Routen der beschleunigten Busse wird es auch für die meisten anderen ÖPNV-Fahrzeuge schneller. Nur insgesamt gibt es keinen Busbeschleunigungseffekt.

Können neue Ampelschaltungen helfen?

Für Schinnenburg ist das kein Wunder. Er argumentiert: „Solche Ergebnisse sind nicht überraschend, sie dürften überwiegend der Vorrangschaltung zugunsten der Buslinien des Busbeschleunigungsprogramms geschuldet sein. Dadurch müssen nämlich alle anderen Fahrzeuge (PKW aber auch andere Busse) länger warten.“ Die FDP schlussfolgert: Das ganze Busbeschleunigungs-Programm müsse gestoppt werden. Das Geld solle in Ampeln investiert werden, die den Verkehr je nach Bedarf fließen lassen. „Wenn alle Fahrzeuge schneller fahren, fahren auch die Busse schneller“, so Schinnenburg.

Die FDP erinnert an ihre Vorschläge, mehr Fahrkartenautomaten und elektronische Tickets zur Verfügung zu stellen, damit die Busse auf diese Weise beschleunigt werden. Den Ticketverkauf im Bus ganz abzuschaffen, davon halten die Liberalen nichts. Denn auch Ältere, die nur eine Einzelfahrkarte wollten, müssten zu ihrem Recht kommen.